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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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umgestürzt waren. Da wusste er, dass sie über einen alten Friedhof liefen, der schon vor langer Zeit aufgegeben worden war. Vielleicht war der Gott, dem hier gehuldigt wurde, irgendwann in Ungnade gefallen, oder die Gläubigen hatten sich dem höchsten aller Götter, dem Schöpfer und Zehrer, persönlich zugewandt. Auf jeden Fall gab es niemanden mehr, der sich um die alte Ruhestätte kümmerte.
    Dieses Grundstück neu zu bebauen kam trotzdem nicht in Frage. Gerade nicht in diesen Zeiten, in denen immer öfter die Seelen Verstorbener durch das rissig gewordene Weltengefüge ins Diesseits zurückkehrten, ob nun hier oder im Nebelbruch, wo Rorn und Venea zum ersten Mal aufeinandergetroffen waren.
    Grimmschnitter verhielt sich die ganze Zeit über ruhig, deshalb konnte der Bannstreiter die Anwesenheit von Magie lange Zeit ausschließen. Das änderte sich erst, als sie an eine rechteckige Grube gelangten, durch die das vor ihnen befindliche Paar im Boden verschwand.
    Inmitten eines ausgedehnten Brennnesselfeldes hatten die Pilger drei Königsellen tief graben müssen, um auf diesen Zugang zu stoßen. Der schwere Sandsteindeckel, der ihn verschlossen hatte, lag in dem links neben der Öffnung aufgeworfenen Erdreich. Eine kleine Feuerschale, die dabei helfen sollte, Fehltritte zu vermeiden, spendete gerade genug Licht, um zu sehen, dass eine massive Eisenstange durch den Sandsteinquader führte.
    Ursprünglich war die Abdeckung also drehbar gewesen.
    »Das kommt mir verdammt bekannt vor«, bemerkte Alvin leise, und auch Rorn fühlte die Vergangenheit in sich aufsteigen.
    Die Hände fest auf den Schwertgriffen traten die fünf Gefährten auf die oberste Stufe und schritten langsam, einer nach dem anderen, die sich anschließende Stiege hinab. Das Kellergeschoss, in das sie auf diese Weise gelangten, war mit blakenden Pechfackeln bestückt, die den aus großen Quadern zusammengefügten Raum nur spärlich erhellten. Riesige Schattennester machten es unmöglich, die wahren Ausmaße auch nur zu erahnen. Der gelblich zuckende Schein leuchtete lediglich den Weg zu einer gemauerten Pforte aus, durch die es noch weitaus tiefer unter die Stadt ging.
    »Ich vermisse die Siegel«, knurrte Bornus, »die von einem Lederhäuter gebrochen werden müssen.«
    Rorn ahnte ebenso wie Alvin, was der Kahlkopf damit sagen wollte. Ihr gemeinsamer Verdacht bestätigte sich, als sie auf den oberen Absatz einer breiten Treppe gelangten. Sie führte in eine große Höhle, auf deren Grund sich ein hoher, gänzlich schwarzer Steinbogen erhob. Der Bannstreiter und die Iskander hatten so etwas schon einmal gesehen, tief unterhalb von Greifenstein: Ein Greifenportal, dass es einem kundigen Magier erlaubte, körperlos von einem Ort des Reiches zu einem anderen zu reisen.
    »Ja, das ist ein Durchgangstor«, bestätigte Venea seinen Verdacht, »doch die Magie, auf der es fußt, ist die der Zyklopen.«
    Was Venea da sagte, verwirrte Rorn. »Du irrst dich«, gab er halblaut zurück. »Ich habe so etwas wie hier schon mal gesehen; überall standen Greifenstatuen herum, die plötzlich zu Fleisch und Blut wurden und uns attackierten. Elende Vogelmenschen, wahre Spottgeburten der alten Götter.«
    »Vogelmenschen? Dann hattet ihr es mit Gryff zu tun, nicht mit geflügelten Leu. So lehrt es uns jedenfalls die Schattenmutter!«
    Gryff? Leu? Mit diesen merkwürdigen Namen konnte der Bannstreiter nichts anfangen. Unten an der Treppe trafen sie auf die bereits hier versammelten Pilger. Ständig kamen neue hinzu, sodass sie plötzlich von allen Seiten umringt wurden. Aus diesem Grund mussten sie aufpassen, worüber sie sprachen.
    »Woher nimmt eure Zunftmutter solches Wissen?«, fragte Rorn trotzdem leicht verstimmt. »Das Weltbild der Jadepriester sah anders aus, und sie haben sich über viele Generationen mit den alten Aufzeichnungen auseinandergesetzt.«
    »Die Schattenmutter besitzt bessere Quellen als die Überlieferungen, die oft erst Generationen nach dem Untergang der Leu und Gryff geschrieben wurden«, behauptete Venea, ohne ihre Worte weiter zu untermauern.
    Ein leises Knarren in Rorns Schwertscheide unterbrach ihren Disput.
    Grimmschnitter spürte das Anschwellen von Magie, und auch die beiden Hexen an Rorns Seite erschauerten plötzlich wie unter einem Fieberschub. Nur einen Herzschlag später knisterten auf dem Steinbogen weiß glühende Funken auf. Ihre Leuchtkraft war unendlich viel größer als die der überall verteilten Fackeln und Feuerschalen. Wie

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