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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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kleine Sonnen leuchteten sie im fahlen Halbdunkel auf, immer größer und heller, sich rasch zu Elmsfeuern vereinend, bis ein zuckendes Blitzgeflecht den gesamten Steinbogen umhüllte.
    Gleichzeitig fing die Luft unter dem Tor zu flirren an – wie Sonnenglast über ausgedörrtem Wüstenboden. Schließlich zeichneten sich in dem grellen Rund schemenhafte Umrisse ab. Die um die Gefährten herum versammelten Pilger fingen vor Verzückung an zu raunen, als sich die Silhouetten langsam zu menschlichen Körpern verdichteten.
    »Silberhaupt«, flüsterten einige ergriffen. »Höchster aller Oberen!«
    Wen sie damit meinten, war klar zu erkennen.
    Eine schlanke Gestalt in bodenlanger roter Robe, deren tellerförmig ausgestellter Kragen sich gänzlich um den Hals schloss. Die zehn Ellen lange Schleppe verwischte die Proportionen der Gestalt noch stärker. Genau genommen ließ sich nicht einmal genau sagen, ob sie männlichen oder weiblichen Geschlechts war, denn das Gesicht wurde von einem markanten Helm bedeckt. Der oben abgerundete silberne Zylinder reichte fast bis zu den Schultern und besaß neben zwei schmalen Augenschlitzen nur einen vom Nasenrücken an abfallenden Spalt.
    Wer genau sich unter diesem Silberhaupt befand, war nicht zu erkennen, doch die Stimme, die darunter hervortönte, hörte sich sehr dunkel und damit eindeutig männlich an.
    »Und wieder werden einige Auserwählte den Weg zur Domäne antreten«, rief der Vermummte, beide Arme in einer theatralischen Pose über den Kopf erhoben. »Ihr, die ihr dahin gehen wollt, wo nur das Volk herrscht und nicht der König – tretet vor. Meine Oberen werden euch auf diesem Weg begleiten.«
    Bei diesen Worten deutete er auf eine Doppelreihe in Leder gekleideter Männer, die in immer größerer Zahl aus dem Portal traten und sich rasch hinter ihrem Anführer in der Halle verteilten. Rorn wäre beim Anblick dieser hageren Kerle, die einander wie ein Ei dem anderen glichen, beinahe schlecht geworden. Auch Venea und Bree hätten am liebsten vor Empörung laut aufgeschrien. Die Oberen, die hier mit so viel Ehrerbietung empfangen wurden, waren jene Untoten, die für gewöhnlich auf Spinnen ritten. Also gab es doch eine Verbindung zwischen ihnen und jenen, die die Glückseligkeit der Domäne verkündeten!
    Obwohl die Spinnenreiter, gegen die sie in Leru gekämpft hatten, alle in Hadiks Turm gestorben waren, machten sich Venea und Bree so klein wie möglich und schlugen ihre Kapuzen in die Höhe. Rorn vertraute dagegen auf das allgemeine Zwielicht, und darauf, dass sie in der Masse der hier versammelten Pilger untergingen. Alvin und Bornus brauchten sich dagegen nicht zu sorgen. Sie waren den Untoten, die einen Magier des Silbernen Netzes nach dem anderen rituell ermordet hatten, bisher noch nicht ins Gehege gekommen.
    Von fast zwei Dutzend Herzlosen flankiert hob Silberhaupt zu einer kurzen Rede an. »Die Schar unserer Anhänger wächst mit jedem Tag weiter an«, verkündete er voller Stolz. »Schon Tausende von Rechtlosen und Entwurzelten kamen zu unseren geheimen Zusammenkünften, um in die Domäne zu reisen. Die Kunde von dem guten Leben, das die Brüder und Schwestern dort führen, ist längst bis in die höchsten Kreise vorgedrungen. Begrüßt deshalb mit mir Großmeister Rabold, der hier in Syrk lebt.«
    Auf einen Wink des Helmträgers hin kam der Magier gemessenen Schrittes die Treppe herunter. Der dichte Pulk aus Leibwächtern, der ihn noch auf dem Markt umgeben hatte, war auf zwei Männer zusammengeschmolzen, die ihm mit fünf Stufen Abstand folgten. Rabold schien sich in diesen Katakomben vollkommen sicher zu fühlen. Was für ein elender Narr! Oder führte er die versammelte Menge nur an der Nase herum und steckte am Ende mit Silberhaupt unter einer Decke? Rorn mochte diese Möglichkeit noch immer nicht ganz ausschließen. Falls Rabold hinter den Morden an seinen Zunftbrüdern steckte, gab es doch gar keine bessere Möglichkeit, das eigene Überleben zu erklären, als sich in die viel beschworene Domäne abzusetzen!
    Noch während der Bannstreiter darüber nachgrübelte, welchen Platz der Magier wirklich in diesem Verwirrspiel einnahm, langte dieser im Kreis der Fackelträger an, die den Platz vor dem Portal ausleuchteten. Rabolds weiches Gesicht wirkte ungewöhnlich angespannt, und sein Ring mit der Schattenjade war nach innen gedreht, sodass der Stein in seiner Faust verborgen war.
    Etwa drei Schritte von Silberhaupt entfernt blieb er stehen, neigte respektvoll

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