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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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starrte sie auf den gefiederten Schaft, der genau die Stelle markierte, an der sie eben noch gestanden hatte. Hätte sie nur einen kurzen Moment länger unter dem Rundbogen ausgeharrt, die eiserne Spitze wäre ihr mitten durchs Herz gefahren.
    Instinktiv trat die Hexe zur Seite.
    Keinen Atemzug zu früh.
    Schon schnitt das nächste Geschoss durch die Dunkelheit, zwei Handbreit tiefer als das erste. Ein weiterer Schlag erklang, ähnlich dem einer Faust, die verdrossen gegen den Eingang hämmerte. Wie lange mochte es wohl noch dauern, bis der heimtückische Schütze begriff, dass sie nicht mehr im Schatten des Türbogens stand, sondern unbemerkt entkommen war?
    Blanke Wut flammte in Venea auf. Heiß und lodernd genug, um das kalte Gefühl der Lähmung abzuschütteln. Ihr Gegner ahnte noch nicht, dass sie sich allen Blicken zu entziehen vermochte. Diesen Vorteil galt es zu nutzen, solange er währte. Von Angriffslust getrieben eilte die Hexe in den vor ihr liegenden Stichweg.
    Die leisen Tritte ihrer Sohlen waren das Einzige, das sie vielleicht verraten mochte. Zum Glück übertönte ein neuerliches Zurückschnellen der Bogensehne ihre Schritte, gefolgt von einem weiteren Treffer in der Tür.
    Diesmal konnte die Hexe den aus dem Dunkel hervorzischenden Pfeil genau erkennen. Seine abwärts geneigte Flugbahn gab ihr zu denken. Der Angriff erfolgte nicht einfach nur aus der dunklen Gebäudelücke heraus, sondern auch von schräg oben herab! Aber dort in der Höhe gab es weder einen Vorsprung noch sonst eine Möglichkeit für den unbekannten Heckenschützen, sich auf die Lauer zu legen. Nur eine vollkommen glatte, senkrecht aufsteigende Mauer.
    Wer oder was auch immer von dort aus schoss, war offenbar in der Lage, sich in den schmalen Steinfugen festzuklammern. Eigentlich vollkommen unmöglich, aber welche Erklärung gab es sonst für diese präzisen Schüsse?
    Der lichtlose Schlund zwischen den hohen Fassaden umschloss Venea wie eine zweite Haut. Trotzdem wagte sie nicht, sichtbar zu werden. Selbst auf die Gefahr hin, dass sich ihre Arme mit Eiskristallen überzogen, wollte sie erst wissen, was für ein Gegner sie da bedrohte. Während Venea die Schattenjade des rechten Armbands rieb, konzentrierte sie sich auf die grenzenlose Empörung, die in ihrem Innersten wütete. Ein in die Luft gezeichnetes Symbol half zusätzlich, ihre Kräfte zu kanalisieren.
    Ein blauweißes Leuchten umspielte Veneas Rechte. Nur einen Herzschlag später loderte vor ihren Fingerspitzen ein Feuer auf, das unter lautem Brausen in die Höhe fauchte.
    Für ihren Gegner wirkte es vermutlich, als entstünde die orangerote Säule aus dem Nichts heraus, trotzdem war sie es, die vor Überraschung zusammenzuckte. Die schmale Sackgasse, die nach zwanzig Königsschritten vor einer fensterlosen Rückfront endete, wurde in gelbstichiges Licht getaucht. Abrupt wich die Finsternis bis in die letzten Winkel zurück. Dadurch schälte sich eine Riesenspinne, die über ihr an der Mauer klebte, deutlich aus der Finsternis hervor.
    Venea wusste nicht, was ihr größeren Ekel bereitete: die mit schwarzen Borsten übersäten Knickbeine, die weiterhin an gebrochene Baumstämme erinnerten, oder das große, mit zwei Kieferzangen bewehrte Maul, aus dem weißschäumender Geifer tropfte. Auf dem Rücken des Untieres saß ein Bogenschütze, der gerade einen neuen Pfeil auflegte. Dass er nahezu waagerecht in der Luft lag, machte dem spindeldürren Mann nichts aus. Ungerührt zog er die Sehne durch, bis die Befiederung an sein Kinn stieß.
    Die Riesenspinne erleichterte ihm das Zielen, indem sie sich mir der unteren Beinreihe so weit wie möglich von der Fassade abdrückte, während die obere fest an der Mauer anlag. Trotz des Reiters klebte das Tier so fest an dem Haus, als wäre es dort angenagelt. Sein nach hinten anschwellender Rumpf, dem acht lange Beine entwuchsen, verlief direkt hinter dem Kopf so schmal, dass der Bogenschütze seine Füße bequem darunter überkreuzen konnte. Ein Sattel mit hoher Rückenlehne verbesserte zusätzlich seinen Halt. Auf dem ausgezehrten Gesicht zeigte sich nicht die geringste Regung, während er den Ursprung des Flammenstoßes anvisierte.
    Venea reagierte, ohne darüber nachzudenken.
    Die zurückkehrende Dunkelheit schlug wie eine schwarze Welle über ihr zusammen, während sie zur Seite sprang. Neben ihr zersplitterte der Pfeil auf dem Pflaster. Ein umherfliegendes Bruchstück traf sie an der Wade.
    Hadik, du Ungeheuer! , grollte sie im

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