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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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hervor. Selbst im Zwielicht war zu erkennen, dass es sich um die Silhouetten zweier mit langen Mänteln bekleideter Frauen handelte, die dicht beieinanderstanden. Das war es! Das geheime Zeichen der Schattenschwestern!
    »Tabeth«, stellte sich die fremde Hexe vor, mit der es die Natur gut gemeint hatte. Sie war schlank und geschmeidig, mit grünen, intelligent dreinblickenden Augen in einem offenen Gesicht, das leicht errötete und wenig zu verbergen mochte.
    Venea umschloss ihr langsam verblassendes Flammensymbol mit der Faust, um es aus der Luft zu wischen. Danach wiederholte sie Tabeths Geste am eigenen Arm. Auch Venea nannte ihren Namen, während ihr Schattenmal dunkel hervortrat, um gleich darauf wieder den normalen Hautton anzunehmen.
    »Die Schattenmutter hat dein Kommen angekündigt«, flüsterte Tabeth erfreut. »Bree und ich waren schon in Sorge, dass dir etwas zugestoßen sein könnte. Darum habe ich mich auf die Suche nach dir begeben.«
    Rasch umfassten sich die beiden an den Unterarmen, zum Zeichen ihrer Verbundenheit.
    Venea erklärte in wenigen Sätzen, dass sie einen Umweg eingeschlagen hatte, um einen Verfolger abzuschütteln. Als sie dabei auf die Riesenspinne und den schweigsamen Bogenschützen zu sprechen kam, wurde Tabeths bleiche Haut so weiß wie eine frisch getünchte Wand.
    »Das kann nur Hadiks Werk sein!«, vermutete sie sofort. »Er weiß bereits, dass Schattenschwestern in der Stadt sind.«
    »Bist du dir da sicher?«, fragte Venea, obwohl sie die gleiche Vermutung hegte.
    »Ganz sicher!«, bekräftigte Tabeth. »Er ist vorhin mit zwei Leibwächtern im Fetten Fang aufgetaucht. Das kann unmöglich ein Zufall sein.«
    Venea vertrat die gleiche Meinung. Gleichzeitig beschlich sie ein ungutes Gefühl. »Und die Dritte aus unserem Bunde ist jetzt alleine mit diesem Kerl?«, fragte sie beunruhigt.
    »Hadik wagt nicht, uns in aller Öffentlichkeit anzugreifen«, wiegelte Tabeth ab. »Du bist dagegen allein durch die Dunkelheit spaziert, deshalb war die Gefahr für dich viel größer. Der Angriff des Spinnenreiters beweist, wie Recht wir mit dieser Vermutung hatten.«
    Dem konnte Venea nur schlecht widersprechen, trotzdem drängte alles in ihr danach, der allein gebliebenen Bree zur Seite zu eilen. Aber schon nach wenigen Schritten in die erleuchtete Hauptgasse hinein wurde ihr schwindelig. Der Kampf gegen den Spinnenreiter hatte sie ausgelaugt. Venea spürte, wie auch das letzte bisschen Kraft aus ihren Gliedern wich. Unversehens geriet sie ins Wanken. Hätte sie Tabeth nicht mit beiden Händen gepackt und festgehalten, wäre Venea in sich zusammengesackt.
    »Was ist mit dir?«, fragte die Schattenschwester besorgt. »Hat dich der Feind vergiftet? Oder mit einem bösen Bann belegt?«
    Sobald keine schwarzen Punkte mehr vor ihren Augen tanzten, schüttelte Venea mühsam den Kopf. »Es ist nur die verdorbene Jade, die ich so stark nutzen musste«, antwortete sie. Und erzählte dann, dass sie gezwungen gewesen war, gleichzeitig einen Flammen- und einen Tarnzauber auszuführen.
    »Kein Wunder, dass du so ermattet bist«, erklärte die Rothaarige mitfühlend. »Komm, hak dich bei mir ein, es ist nicht mehr weit bis zur Schenke. Sobald du sitzen und dich stärken kannst, wird es dir rasch wieder besser gehen.«
    Venea hätte gerne auf fremde Hilfe verzichtet, doch sie durften keine Zeit verlieren. Aus diesem Grund stützte sie sich eine Weile auf, bis es ihr wieder besser ging. Sie wollte sich gerade gänzlich von der Schattenschwester lösen, als sie an ein Fachwerkhaus gelangten, das sich stark von den üblichen Sandsteinbauten unterschied.
    Auch ohne das verwitterte Holzschild, auf dem die drei Worte Zum Fetten Fang ein prall gefülltes Fischernetz umkränzten, war nicht zu übersehen, dass es sich um eine gut besuchte Gaststätte handelte. Trotz der geschlossenen Fensterläden drangen Rauch und laute Stimmen ins Freie.
    Im Inneren des stark geneigten Gebäudes konnte jeder Besucher deutlich erkennen, warum es für die Lehmbauweise in Leru keine Zukunft gab. Feuchte und salzhaltige Meeresluft machten solcherlei Mauerwerk schwer zu schaffen. Innerhalb des Schankraums war kein einziger rechter Winkel mehr zu finden. Sämtliche Stütz- und Deckenbalken wirkten gegeneinander verdreht, sodass die Risse, die überall durch die Wände liefen, nicht weiter verwunderten.
    Trotz unablässiger Ausbesserungsarbeiten rieselte ständig Putz auf die Gäste herab. Den meisten Zechern machte das nicht das

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