Bannstreiter
mahlenden Kiefern. Es hätte Rorn nicht im Geringsten gewundert, wenn sie den Magier lediglich für das billige Essen bewachten, das er ihnen spendierte.
Aber Hadiks Geiz war nicht der Grund dafür, dass sie in dieser Absteige gelandet waren. Nein, daran trugen die drei jungen Frauen Schuld, die zum wiederholten Male die Köpfe zusammensteckten und dabei glucksend zu Rorn und dem Magier herübersahen.
Für den Liebreiz, den sie ausstrahlten, war Hadik jedoch nicht empfänglich. »Möchte wissen, was diese Weibsbilder dauernd zu tuscheln haben«, knurrte er gereizt.
Rorn konnte sich schon denken, worum es ging, behielt aber lieber für sich, dass ihm Venea schon mehrmals begegnet war.
»Magnus Jonar«, erinnerte er an den Toten, von dem er berichtet hatte. »Ihr scheint nicht sonderlich überrascht über die Art und Weise zu sein, in der ich Euren Zunftbruder vorgefunden habe.«
Angesichts des allgemeinen Lärms waren seine Worte schon einen Tisch weiter nicht mehr zu verstehen. Hadik sah sich trotzdem vorsichtig nach allen Seiten um, bevor er antwortete. Der korpulente Mann in der viel zu engen Kleidung, die noch aus schlankeren Zeiten stammen musste, kam nicht oft unter Menschen, das war ihm deutlich anzumerken.
»Mir war klar, dass Jonar etwas zugestoßen sein musste, als er nicht mehr auf unsere Anrufungen reagierte«, erklärte der Magier nach einigem Zögern.
» Unsere Anrufungen?« Rorn horchte auf. »Es gibt also auch noch andere, die um ihn in Sorge waren?«
Hadik zuckte zusammen, als hätte ihn Rorn mit der Hand unter dem Rock einer Schankmaid ertappt. »Wir gehörten beide einem Bund von Gleichgesinnten an«, erklärte der Magier, unbewusst nach einem um seinen Hals baumelnden Anhänger tastend. »Vieles gelingt leichter, wenn man sich gegenseitig unterstützt. Auch in unseren Kreisen.«
»Ein Zauberbund?« Rorn lächelte kalt. »Wohl eher eine Art Netz, nehme ich an. Oder wie ist sonst die seltsame Form Eurer Amulette zu erklären?«
Bei dieser Frage zog er das silberne Spinnennetz hervor, das er Gerwin abgekauft hatte und das Hadiks Anhänger bis auf den letzten Silberfaden glich. Unter den gegebenen Umständen war nicht schwer zu erraten, dass es sich um ein Zunftzeichen handelte.
»Das war Jonars Idee!« Hadiks Stimme bekam einen wehmütigen Klang. »Obwohl er nur ein Magnus war, wusste er doch andere für sich zu begeistern. Das Netz symbolisiert unsere feste Verbundenheit untereinander, so weit voneinander entfernt wir uns auch aufhalten mögen.«
»Merkwürdig«, spottete Rorn. »Früher oder später suchen alle Baroser Schutz in einem Orden! Wolltet Ihr gerne den Jademeistern nacheifern?«
»Darum ging es nicht«, wehrte Hadik verärgert ab. »Sondern nur darum, sich nicht durch unnötige Rivalitäten zu schwächen. Vor allem, da andere längst vereint handeln.«
»Dann gibt es also einen Grund, sich zu wehren.«
Hadiks Blick wanderte zu Venea und ihren Begleiterinnen: »Und ob. Diebische Elstern, die alles dafür tun, um ihre Macht zu mehren. Dabei ahnen sie wahrscheinlich nicht einmal, mit welch dunklen Kräften sie spielen.«
Hadik wirkte nicht alt genug, um bei den Barosern als erfahrener Magier zu gelten. Durch seinen kläglichen Spitzbart hoffte er wohl, ein wenig an Weisheit zu gewinnen. Ein Bemühen, das sein feister, wenig asketischer Körper wieder zunichtemachte.
Mürrisch goss er sich noch etwas von dem schweren Rotwein ein, der in einem irdenen Krug vor ihm stand. »Das Ende der Jademeister hat die Welt hinter der Welt erschüttert!«, verkündete er düster. »Wer auf den Grund der Dinge zu schauen vermag, entdeckt dort Risse und Spalten, hinter denen Schrecken verborgen sind, die niemals zu uns gelangen dürfen.«
»Wovon redet Ihr?«, fragte Rorn beunruhigt. »Von Siegeln, die brechen könnten?« Die Weissagung vom Nebelbruch war ihm nie aus dem Sinn gegangen. »Wie das Siegel von Myandor?«
»Die umwehte Stadt in der Großen Öde?« Hadik sah misstrauisch in seinen Becher, bevor er in großen Zügen trank. »Von einem solchen Siegel habe ich noch nie zuvor gehört«, fuhr er nach dem Absetzen fort. »Aber das wäre eine Beschwörung wert. Was ich jedoch weiß, ist Folgendes: Die Frevel der Jademeister haben die Welt des Schöpfers und Zehrers an ihre Grenzen gebracht. Die Zerstörung von Schwingenschild und Geschmeide hat das Ungleichgewicht zwar aufgehoben, doch der schnelle Rückfluss der Kräfte blieb nicht ohne Folgen. Durchgänge entstanden, Brücken zwischen
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