Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht
funkelnden Augen war sichtbar.
In Elmans Blick stand eine deutliche Warnung, als er sagte: „Vergessen Sie nicht, daß Murdock Ihnen auflauert, Master Damon. Irgendwo liegt er im Hinterhalt bereit. Da bin ich ganz sicher.“
„Zweifellos. Und deshalb trennen wir uns jetzt. Sie bleiben hier und beobachten, ob sich etwas rührt.“
„Ich lasse Sie nicht gern allein in die Höhle des Löwen“, widersprach Elman mit finsterer Miene.
„Wir haben keine andere Wahl, mein Guter. Hier warten Sie auf mich. Sollte ich bis Tagesanbruch nicht wieder bei Ihnen sein, ist etwas schiefgegangen. Dann steht es bei Ihnen, Royal herauszuholen.“
Unwillig nickte der Alte. „Ich weiß, daß Sie recht haben, Master Damon. Aber die Sache gefällt mir trotzdem nicht, ganz und gar nicht. Ohne mich haben Sie keinen, der Ihnen den Rücken deckt. Natürlich hat Miss Royal eine doppelte Chance, wenn wir nicht gemeinsam vorgehen.“
Von nun an verbrachten sie die letzten Stunden des Nachmittages damit, Murdocks Spießgesellen zu beobachten, die kamen und gingen und sich ziemlich sicher zu fühlen schienen. Sosehr sich Damon Routhland und Ezekiel Elman auch anstrengten, die Anlage dieses Räubernestes wies keinerlei Schwachstellen auf. Murdock hatte hier das Lager auf einer Insel anlegen lassen, die von Treibsand und Alligatoren abgesichert wurde. Nur mit einem Boot oder Floß konnte man hinüber gelangen.
Bald waren sich die Männer einig, daß irgendwo in der Nähe ein Kahn oder Floß angetäut liegen mußte, das es zu finden galt, damit der Colonel bei einbrechender Dunkelheit übersetzen konnte. Ein Blick auf die sinkende Sonne, und Elman verzog das Gesicht. Es würde eine mondhelle Nacht werden. Zu ihrem Unternehmen hatten sie sich freilich das Gegenteil gewünscht.
Routhland lud die Flinte durch und prüfte die Klinge, bevor er das lange Messer in den Stiefelschaft schob. Während der Alte sich aufmachte, ein Fahrzeug aufzustöbern, hielt Routhland Wache. Er hatte längst eine notdürftig gezimmerte Blockhütte erspäht, etwas abseits gelegen, wo Royal wahrscheinlich gefangengehalten wurde.
Der außen vorgeschobene Riegel bestätigte seinen Verdacht. Zugegeben, es konnte sich auch um eine Falle handeln, die Murdock seinem Todfeind gestellt hatte, doch das mußte er eben riskieren.
Mit unerträglicher Langsamkeit verrann die Zeit. Damon Routhland unterdrückte die wachsende Ungeduld, die ihn treiben wollte, hinüberzuschwimmen und Royal aus dieser Hölle herauszuholen. Es ging um die Sicherheit, um das Leben dieses Mädchens, und so mußte er eben abwarten und sich gedulden. Ezekiel konnte schließlich nicht mehr lange von seiner Suche wegbleiben.
Der Alte hatte auch wirklich ein Floß ausfindig gemacht und war auf dem Rückweg, als unvermutet der Kerl auftauchte, den sie zuvor gesehen hatten.
„Wer da?“ brüllte er und richtete den Lauf der Muskete auf Ezekiel Elman.
„Ich, Elman“, gab der zurück und schaute sich vergeblich nach seiner Waffe um, die er vorher an den Stamm eines Baumes gelehnt hatte, der außer Reichweite wuchs.
„Na schön, Elman, dann hat deine letzte Stunde geschlagen. Wenn sich einer unserem Lager nähert, wird er es keinem mehr verraten, verstanden?“
„Und ob“, versetzte Ezekiel Elman und warf sich hinter einen dichten Busch. Der Angreifer kam näher, und der Alte sah sich nach etwas um, mit dem er sich verteidigen konnte. Entschlossen nahm er einen großen Stein auf, der da lag. Als der Wachposten sich bückte, schleuderte Elman den Brocken auf ihn und war verblüfft, den Kerl mitten auf der Stirn getroffen zu haben. Wie ein voller Sack stürzte der Bandit zu Boden und bewegte sich nicht mehr.
Hastig kroch Ezekiel auf allen Vieren zu dem Liegenden und holte sich die Waffe, die der schlaffen Hand entglitten war. Er zielte auf seinen Gegner und beugte sich nach einer Weile vorsichtig über ihn. Am Hals war kein Pulsschlag mehr zu spüren.
„Hol’s der Henker“, murmelte Ezekiel Elman und traute seinen Augen nicht. „Der Kerl ist wirklich tot.“
Die Dämmerung senkte sich über die Sümpfe. Wie Royal diese Landschaft zu hassen begann! Alles war feucht. Über allem hing unveränderlich der Geruch der Fäulnis, des Schimmels. Die Luft war unerträglich schwül und drückend. Royal sehnte sich nach einem reinigenden kühlen Windhauch, nach einem Tag, an dem sie nicht hätte um ihr Leben bangen müssen.
Bisher war Murdock jeden Abend in die Blockhütte gekommen und hatte sich mit
Weitere Kostenlose Bücher