Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht
Kahn, der schwankte und beinahe umzuschlagen drohte. Das Wasser spritzte über die drei. Gleichzeitig trieb der Alte das leichte Boot in den Flußlauf hinaus.
„Nun nichts wie weg von hier“, brummte der Colonel, ließ seine Bürde unsanft auf den Boden des Kahnes fallen und griff nach dem zweiten Ruder, um Ezekiel Elman zu unterstützen. Da peitschten die ersten Schüsse herüber, und Damon Routhland drückte Royals Kopf nieder.
„Das werden Sie mir bitter büßen, Routhland“, fluchte Murdock hinter den Flüchtigen her. „Ich hole sie mir zurück, so wahr ich Vincent Murdock bin!“ Er stand knietief im Schlamm und schüttelte drohend die zur Faust geballte Hand.
Royal spähte über den Rand und zuckte zusammen beim Anblick des Rasenden. Mit kraftvollen Stößen trieben die beiden Männer den leichten Kahn vorwärts, so daß Murdock und seine Leute, die am Ufer entlang aufgetaucht waren, schnell im Dunkel der Bäume verschwanden und zurückblieben.
„Werden sie uns verfolgen?“ fragte Royal mit erstickter Stimme. Die Angst saß ihr noch in allen Gliedern, und sie zitterte am ganzen Körper.
Ezekiel Elman lachte vergnügt. „Das würden sie wahrscheinlich gern tun, Miss Royal, können sie bloß nicht. Erst müssen sie ihre Boote und Flöße flicken. Dieser freundliche Geselle“, er holte einen scharfkantigen Stein aus der Tasche, „hat mir gute Dienste geleistet.“ Er warf den Brocken in die Luft, fing ihn wieder auf und verstaute ihn auf dem Boden des Kahnes. „Nun haben alle Fahrzeuge Murdocks ein paar faustgroße Löcher, nur dieses hier ist auf wunderbare Weise heil geblieben, haha.“
Damon Routhland stimmte erleichtert in das herzliche Lachen des Alten ein. „Weiß Gott, Ezekiel, man soll Sie wirklich nicht unterschätzen wegen der siebzig Jährchen!“
Royal lag erschöpft auf dem Boden des Kahnes, unfähig, auch nur den Kopf zu heben.
„Ich hatte schon nicht mehr daran geglaubt, lebendig aus dieser Hölle herauszukommen, Damon“, sagte sie nach einer Weile.
Er sicherte das Ruder und nahm Royal in die Arme. „Denken Sie nicht mehr daran. Es ist vorbei.“
Den Kopf an seine Schulter gelehnt, hatte sie den Eindruck, daß ihr nichts auf der Welt mehr gefährlich werden könnte. Hier fand sie Geborgenheit, Sicherheit, Wärme. „Sie hatten mir weismachen wollen, Sie wären umgekommen.“
„Davon waren sie auch überzeugt.“
„Ich verstehe nicht. Ich habe mit eigenen Augen den Mann im Boot und viele Kugeln einschlagen gesehen …“
„Der Mann im Boot war nicht ich, sondern einer von Murdocks Spürhunden, zu dieser Zeit allerdings bereits ein Toter. Ich hatte gehofft, wenn etwas die Banditen auf der anderen Seite der Insel beschäftigt, wäre ich nicht so behindert und könnte Sie sicher herausholen.“
Mit einem bewundernden Lächeln schaute sie zu ihm auf. „Ein glänzender Einfall, Damon.“
„Und wer lobt mich?“ mischte sich nun mit einem breiten Grinsen der Alte ins Gespräch.
„Sie waren auch ganz großartig.“ Royal beugte sich vor und küßte Ezekiel Elman auf die Wange. Er strahlte über das ganze Gesicht.
„Und was ist mit mir?“ erkundigte sich Damon Routhland leichthin.
Royal wandte sich wieder ihm zu und berührte mit den Lippen sanft die seinen. „Wie kann ich Ihnen beiden jemals danken?“ fragte sie leise.
Der Colonel lächelte vergnügt. „Fürs erste ist uns das als Belohnung genug, nicht wahr, Ezekiel?“
„Und ob, Master Damon, haushoch genug, würde ich sagen.“ Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder ganz dem Ruder zu und lenkte den Kahn geschickt durch die zahlreichen Windungen des Wasserlaufes.
Damon Routhland bettete Royal bequem in seinen Arm und flüsterte ihr zärtlich zu: „Schlafen Sie, kleines Mädchen, ich wache über Sie.“
Wohlig legte sie den Kopf an seine breite Brust, lauschte dem stetigen Schlag des Herzens und empfand schmerzhaft, wie sehr sie ihn doch liebte.
„Bin ich noch rechtzeitig gekommen, Royal?“ Er mußte sich seine quälendste Angst doch von der Seele wälzen, indem er die bange Frage stellte: „Sind Sie, ich meine, hat Murdock Sie …“
„Nein“, antwortete Royal und schüttelte den Kopf. „Mir ist gar nichts geschehen, Gott sei dank.“
„Gott sei dank“, wiederholte Damon Routhland und stieß einen Seufzer der tiefsten Erleichterung aus. Dann fand er zu einem Scher?. „Sie könnten auch ein Bad gebrauchen, nicht wahr? Sie sind ja über und über mit Schlamm bedeckt.“
„Zugegeben, aber dafür
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