Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan
Hände zuckten zum Hals empor, aus dem Blut gepumpt wurde. Er wollte etwas sagen, gurgelte und brach zusammen. Leyso wandte ihm den Rücken zu und zog sich wieder an. Ang’har nahm den Fuß aus dem Ruder, legte das Messer an Deck und packte den Leichnam. Unerwartet kraftvoll hob er Forsal hoch und stieß ihn über die Bordwand.
Leyso übernahm das Steuer. Ang’har ergriff wieder das Messer und kam ruhig zum Mast. Er kauerte sich neben Barakuda nieder. Sein Gesicht war mürrisch und verschlos sen wie immer.
»Was mache ich mit euch?« fragte er.
»Schneid uns los«, schlug Barakuda vor.
Ang’har spielte mit dem Messer. »Forsal ist tot«, sagte er unschlüssig.
»Ein bedauerlicher Unfall«, gab Barakuda zu.
»Wie konnte das nur passieren?« Ang’hars Gesicht war unbewegt, jung und faltenlos.
»Er ist die Leiter hinabgestürzt und hat sich das Genick gebrochen. Man hat ihm eine Schifferbestattung gewidmet«, meinte Barakuda.
Ang’har dachte nach. »Das Erbe eines wohlhabenden Mannes gehört der Witwe«, sagte er dann. »Oder wird es geteilt?«
»Auch wir sind wohlhabend«, erwiderte Dante. »Unsere Wünsche erstrecken sich nur auf die Freiheit und unsere Be sitztümer.«
»Ich bin«, meinte Ang’har, »ein Banyashil, dem die Step pe zu öde wurde, deshalb bin ich nach Süden gegangen. Aber mein Fürst Gortahork hat einen langen Arm und schätzt Be sitzerweiterung mittels eines Messers nicht.«
»So ist es«, gab Barakuda widerstrebend zu.
»Er schätzt aber«, fuhr Ang’har fort, »angeblich einen Cadhrassi, mit dem er bisweilen Bären jagt. Dieser Mann hat eine Narbe im Gesicht, wie du, und spricht Banyashilgu, wie du.«
Barakuda nickte. »Außerdem fährt er manchmal auf seltsamen Schiffen den Avrak hinauf«, teilte er Ang’har mit.
»Bärenjäger sind verschwiegene Männer«, sagte Ang’har nachdenklich, »die nicht alles erzählen.«
»Nicht alles.«
»Und vielleicht ist er wichtig genug, daß man ihn in Cadhras vermißt und nach ihm sucht. Vielleicht auch wich tig genug, daß Cadhras zürnt, wenn man ihn nicht findet.«
»Er ist wichtig genug dazu«, sagte Barakuda aufatmend.
Im Verlauf der weiteren Fahrt gelang es Barakuda und Gerames nicht, ein Gespräch mit der jungen Frau in Gang zu bringen. Leyso schwieg beharrlich; ihre Beiträge beschränkten sich auf Gesten und ein gelegentliches Ja oder Nein.
Auch aus Ang’har war nicht viel herauszubekommen. Nach der ungewöhnlich langen Unterhaltung, an deren Schluß er Dante und Gerames von den Fesseln befreite, wurde er wieder mürrisch und wortkarg. Barakuda erfuhr, wo Forsal und Ang’har die restlichen Rogil-Steine verbor gen hatten; Einzelheiten über den eigentlichen Anlaß der Fahrt, jenes Dorf mit Leuten, die Dinge über die Mütter von Pasdan und die Banditen wußten, konnte der junge Mann nicht mitteilen. »Was ich weiß, wißt ihr auch; mehr hat Forsal mir nie gesagt.«
Leyso zuckte nur die Achseln und gab zu verstehen, daß die Angelegenheiten ihres alten Mannes sie nie besonders interessiert hatten.
Biyang war eine häßliche Ansammlung von Holz- und Steinhäusern. Nördlich der Stadt durchbrach der große Avrak die Berge, zwischen Hochsteppe und flachem Küstenland; die Route der Karawanen führte über einen nicht allzu ho hen Paß unweit der Serie von Katarakten. Zwei kleinere Flüsse kamen von Westen, vereinigten sich wenige Kilometer vor der Stadt und flossen in den Avrak. Die Sin-tul-Berge, wie das Trenngebirge hier hieß, schwangen sich in einem weiten Bogen nach Nordwesten; bei Biyang lagen ihre Ausläufer nur etwa 200 Kilometer nördlich des Binnenmeers. Je weiter man nach Westen kam, desto ausgedehnter wurden die flachen Küstenländer, die bald in riesige Sumpf- und Dschungellandschaften übergingen. Nordwestlich von Biyang gab es mehrere Eisenerzgruben und düstere Bergwälder. Die beiden Nebenflüsse des Avrak brachten Flöße zur Stadt. Holz, Schmelzen, Schmieden und die Karawanen hatten Biyang reich gemacht; die Essen, Sägemühlen, Schreinerei en, Schlosserwerkstätten prägten das Bild des Orts, und Ruß und Rauchsäulen hingen über allem.
Nachmittags gingen sie im Flußhafen vor Anker. Baraku da und Gerames verabschiedeten sich von ihren merkwürdigen Reisegefährten und fanden Unterkunft in einer Taverne nördlich des Hafens. Der Teil, in dem sich die Zimmer be fanden, stand auf Pfählen im seichten, schmutzigen Ufer wasser des Stroms, der hier, südlich der Katarakte, fast anderthalb Kilometer breit
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