Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras
Hügel. »Deshalb habe ich Sie hier unterge bracht, nicht auf dem eigentlichen Raumhafen«, sagte sie leise. »Und deshalb stehen Sie und all Ihre Leute unter Dauerbewachung, egal, wohin Sie gehen.«
Mugadisk seufzte. »Ich habe es mir fast gedacht. Es ist zu wichtig, nicht wahr? Auch für unseren Auftraggeber. Was, wenn die pharmazeutische Konkurrenz davon erfährt? Ich könnte ohne lange zu überlegen Konzerne nennen, die Milliardenbeträge auszugeben bereit wären dafür, daß wir sie entweder informieren oder aber das Zeug unterdrücken.«
Lydia Hsiang spitzte die Lippen. »Keine Sorge deswe gen«, sagte sie, beinahe ironisch. »Gerames ist ein kluger Mann. Er kennt den Planeten, hat ein paar Dinge addiert und Schlüsse gezogen. Deshalb« – sie beugte sich ein wenig vor – »besteht Ihre navigatorische Crew aus Offizieren und Mannschaften der Abwehr. Das konnten Sie nicht wissen, nein. Gerames trägt die Unkosten. Die Leute sorgen dafür, daß zum Beispiel keiner Ihrer Mitarbeiter die Galaxis allgemein oder einen Pharmakonzern informiert.«
Mugadisk nickte langsam. »Man hätte damit rechnen müssen. Ich vielmehr. Natürlich. Wenn Gerames mit etwas Ähnlichem wie diesem Ambra gerechnet hat …«
Hsiang räusperte sich. »Und Sie alle haben sich zu diskretem und notfalls riskantem Arbeiten verpflichtet – für gutes Geld, wie ich weiß. Der Punkt ›Risiko‹ kann bald vordringlich werden. Sowohl von der Arbeit her als auch von der politischen Lage auf dem Planeten.«
»Was ist mit der Lage?«
»Wir haben tausend Hypothesen, aber keinen Beweis. Deswegen will ich mich nicht näher dazu äußern. Ich bitte Sie aber um eine besondere Untersuchung.«
Mugadisk verschränkte die Arme. »Aha. Nun kommen wir zur Sache. Worum geht es?«
»Die bisherigen Untersuchungen sind an intaktem Ambra vorgenommen worden. Dem Vernehmen nach zerfällt die Substanz, wenn sie nicht unter Druck gehalten wird.«
»Ja. Nach gewissen stabilisierenden Behandlungen spielt der Druck keine Rolle mehr, aber im Urzustand zersetzt sich Ambra sehr schnell.«
»Ich bitte Sie um Folgendes. Lassen Sie Ambra zerfallen und untersuchen Sie es dann. Präzise: Kann man mit zerfallenem alangra etwas anfangen?«
Mugadisk pfiff leise. »Sie nehmen an, jemand auf Shilgat hat Ambra, aber keine Möglichkeit, es unter Druck zu hal ten? Und lebt zu weit vom Fundort entfernt, so daß es nicht so fort verarbeitet werden kann?«
»So ähnlich, ja.«
Mugadisk grübelte. Schließlich sagte er: »Das läßt sich sicher so machen, daß niemand direkt damit in Berührung kommt. Falls wirklich etwas Gefährliches dabei herauskommt. Aber« – er kniff die Brauen zusammen – »was tun Sie, wenn ich mich weigere? Wenn mir die Sache zu kitzlig ist – und sie muß ja kitzlig sein, wenn die Gouverneurin per sönlich sich herbemüht.«
Lydia Hsiang warf ihm einen eisigen Blick zu. Einen Moment hatte Mugadisk das Gefühl, die Raumtemperatur stürze ins Bodenlose. Er war seit langem an den Umgang mit Vertretern von Regierungen oder einzelnen Behörden gewohnt, aber diese Empfindung war neu – persönliche Kompetenz, die schiere Macht eines galaxisweiten Apparats und das Bewußtsein, diese Macht anwenden zu können, wenn es sein mußte. Plötzlich traten Erscheinung, Charme, Umgangsformen zurück, wurden zu zweitrangigen Accessoires.
»In diesem Fall«, sagte die Gouverneurin ruhig, »würde ich Sie und Ihr Team durch ein Laboratorium der Abwehr oder des Sekretariats für Forschung ersetzen und Ihnen ein Jahr bezahlten Forschungsurlaub auf einem entlegenen Aste roiden oder einem TecSat beschaffen – in einem Jahr wird wohl nichts von alledem mehr der Geheimhaltung bedürfen.«
Mugadisk hustete trocken. »Können Sie mir sagen, unge fähr jedenfalls, in welche Richtung Ihre Befürchtungen gehen?«
Lydia Hsiang stand auf und näherte sich dem Schott. »Ja«, sagte sie, die Hand bereits am Öffnungsmechanismus. »Etwas, das durch Luft, Nahrung oder Kontakt übertragen wird und innerhalb kurzer Zeit – zwei, drei Monaten – Erb anlagen verändert.«
Mugadisk erhob sich ebenfalls. »Können Sie das präzisie ren? Haben Sie Gründe für diese Vermutung?«
»Vor etwa vier Standardmonaten«, sagte sie, »hatten wir in Cadhras Besuch von einer Delegation aus einem bestimmten, dubiosen Gebiet. Seit ein paar Wochen sind in Cadhras und Umgebung keine Kinder mehr geboren worden.«
Auf dem Heimweg zum Palais kam ihr plötzlich ein entsetzlicher Gedanke. Einen
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