Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir
dort herrschenden Durcheinander mochten die sieben Flüchtigen unauffindbar verschwinden. Aber sie ritten nicht nach Nordosten.
In den Bergen am Nordrand des Ödlands entsprangen drei Ströme. Zwei vereinigten sich bald und bildeten den weiten Arugusee, aus dem fünf kleinere Flüsse nach Norden und Osten abflossen. Zwei von diesen durchbrachen die Grenzberge von Gashiri und wurden zu Nebenflüssen des großen Gashigar; die drei übrigen mündeten weiter nördlich ins Binnenmeer.
Lediglich der dritte der Bergströme floß nach Westen, und ausgerechnet diesem schienen die sieben Flüchtigen gefolgt zu sein.
»Es wird jetzt schwierig mit den Spuren«, sagte Barakuda. Sie kampierten an der Nordseite der Berge, am Oberlauf des nach Westen fließenden Grua. Shilgat näherte sich seinem sonnenfernsten Punkt, die Endzeit hatte begonnen, und in etwa 1500 Meter Höhe war es selbst in Äquatornähe nachts ungemütlich. Ihr Feuer flackerte an einer windgeschützten Stelle zwischen großen Blöcken, die aus einem spornartigen Bergausläufer stammen mußten. Learoyd füllte die Becher zum zweiten Mal mit Tee, und Barakuda beschwerte die Ecken der Karte mit Steinen.
»Achtzig Tage und dreitausendfünfhundert Kilometer seit Golgit«, murmelte Toyami, die sich über Dantes Schulter beugte. »Ihr habt einiges hinter euch. Wir beide ein bißchen weniger, aber allmählich reicht es.«
»Wie hättest du es denn gern?« fragte Learoyd lächelnd.
»Ah, manchmal wünsche ich mir, ich könnte einen gan zen Tag lang irgendwo liegen. Oder wenigstens zu Fuß gehen. Einmal nicht reiten wie eine Wahnsinnige.«
»Die Pferde können das bestimmt nachempfinden«, sagte Dante. »Leider wird es jetzt sowieso langsamer.« Er legte den Finger auf die Karte. »Wir kommen in dichter bewohnte Gebiete.«
Nördlich der Berge begann das vom Grua und den anderen Flüssen bewässerte und zum Teil angeschwemmte fruchtbare Flachland der Arugushil. Es gab kleine Orte, vor allem an den Flüssen und ihren Mündungen, aber auch am Arugusee weiter östlich. Daneben fanden sich Weiler, einsame Gehöfte, wandernde Hirtensippen mit ihren Tieren, am Oberlauf des Grua auch Holzfäller, die ihre Flöße bis in die große Transtadt Garidu schickten, wo der Grua in den Pan gotik mündete; außerdem kleine Handelstrupps und Wan derdörfer {8} .
»Sieht so aus, als ob sie nach Garidu wollten, oder?« T’unga schüttelte den Kopf. »Bloß wozu? Da stinkt es im mer. Aber seit die Korallkorsaren keinen Ärger mehr machen, kann man von da bis Kap Tagga und weiter segeln. Nach Norden sowieso.« {9}
Barakuda kniff die Augen zusammen. »Du meinst …?«
»Ich sehe sonst keinen Grund. Aber vielleicht schwenken sie ja noch mal und reiten wieder nach Süden. Alles nur, um uns an der Nase herumzuführen. Vielleicht sind wir zu Beginn der Frühzeit wieder in Golgit, immer noch auf ihren Spuren.«
Am nächsten Tag trafen sie eine Gruppe von Holzfällern und hörten, die Flüchtigen hätten sich nach der Entfernung bis Garidu erkundigt. Aber auch das mochte eine bewußte Irreführung sein.
Die Verfolgung wurde schwierig. Immer wieder verloren sich die Spuren auf den belebteren Straßen; als das Flachland erreicht war, mußten sie sich ganz auf Aussagen von Arugushil verlassen. Sieben Pferde unter all den Huf-, Fuß- und Karrenspuren der Westroute am Grua-Ufer waren nicht mehr auszumachen.
Am dreißigsten Tag der Endzeit erreichten sie Garidu. Die Stadt lag zu beiden Seiten der Gruamündung am Pangotik; drei Holzbrücken auf Steinsockeln verbanden die Stadtteile. Ein symbolischer Wall, bestehend aus Stangen und hoch angebrachten Querstreben, war um die Stadt gezogen worden; selbst Einheimische, die unmittelbar innerhalb der »Mauer« wohnten, durften nur durch die Stadttore ein- und ausgehen. Einer Geschichte zufolge waren vor Jahrhunderten einmal Belagerer an dieser Befestigung gescheitert.
Barakuda vermutete, daß sie eher vor dem Gestank geflohen waren. Garidu war einer der wenigen großen Orte des Planeten, die er nie besucht hatte; die Berichte des dortigen Residenten hatten ihm völlig gereicht. Alles, was nicht tra nig oder ranzig war, galt als unzulässig; und je ranziger, desto förderlicher für das Gemeinwohl. Die Stein-, Ziegel- und Fachwerkhäuser schienen durchtränkt von dem, was die Bewohner herstellten und aus allen Poren abgaben.
Am Trantor wurden Dante, Toyami, Learoyd und T’unga inspiziert. Die Wachen, die der Gilde der Schnüffler angehörten,
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