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Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Barbarendämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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spuckte, gurgelte Unverständliches und rührte mit seinen Händen in der Nacht herum. Ein Fassen zur eigenen Klinge wollte ihm nicht mehr gelingen, der Kopf wusste schon nicht mehr, wo oben und unten, rechts und links war. Blut schwallte ihm aus Mund und Nase. Sein Gurgeln wurde zum Pfeifen.
    Nur wenige der Gardisten bekamen mit, wie der Barbar den aufgespießten Trezoi zum Feuer trug und ihn hineinhielt wie ein Spanferkel. Trezoi begann zu winseln, seine Haut wurde krustig und sang, dann schrie er. Lang anhaltend, durchdringend. Alles Blut schrie er sich aus der Kehle. Der Barbar hielt ihn weiter, die Gardisten kamen nun alle zu sich, starrten ungläubig und wagten nicht einzugreifen. Auch Hauptmann Garifalks war nicht imstande, irgendetwas zu unternehmen. Zu grauenerregend war der Anblick des sorgfältig durchgebraten werdenden Trezoi. In den Fenstern der Burggebäude bildeten sich Lichter. Silhouetten wurden sichtbar, auch weibliche. Von oben hallten erstickte Geräusche des Abscheus und des Ekels herab.
    Der Barbar spürte, dass sein Säbel langsam zu heiß wurde, um ihn weiter festhalten zu können. Aber es war noch Leben in Trezoi. Dessen Haut riss auf und klaffte rosa unter der verbrannten Schwärze, doch immer noch zuckten die Finger und die hilflosen Schenkel. Das Gesicht war längst kein Gesicht mehr. Das Feuer nahm sich, was es bekommen konnte, und verwandelte alles in öligen Rauch. Trezois Fleischfett troff zischend in die gierig auflodernden Flammen. Schließlich ließ der Barbar ihn und den Säbel fallen, und die Flammen bekamen alles.
    Er schaute sich um und betrachtete Flicken und nacktes Entsetzen. Das schrille Gebrüll Trezois war längst verstummt, schien aber immer noch zwischen den Gebäuden hin und her zu prallen. Bis es dann über die Wälder hinwegfauchte und auch dort Ruhende zu Entsetzen aufrüttelte.
    Der Hauptmann musste irgendetwas tun. Doch er konnte nicht. Der Barbar war nun unbewaffnet, aber er hatte ihn schon fünf der Seinen töten sehen, gerade eben den sechsten. Er würde wahrscheinlich weitere fünf bis zehn Mann verlieren, wenn er es jetzt zum Äußersten kommen ließ. Was wäre dadurch gewonnen?
    »Trezoi … hat sich das selbst zuzuschreiben gehabt«, krächzte er heiser. »Also haltet euch daran. Keinen Streit untereinander, und niemandem wird etwas geschehen.« Beinahe flehend sah er den Barbaren an. Der nickte so knapp, dass es für niemanden außer dem Hauptmann zu sehen war.
    Oben tuschelten entsetzte Stimmen in einer hektischen Sprache, die nur aus Mitlauten zu bestehen schien. Frauenstimmen, die sich gegenseitig zu beruhigen suchten. Der Heilige jedoch ließ sich nirgends blicken.
    Auch Blernn hielt sich jetzt von dem Barbaren fern. Der Barbar war zu weit gegangen, und genau das hatte er bezweckt. Bei dem, was er vorhatte, konnte er die Nähe von Neugierigen nicht brauchen.
    Trezois ascheklumpige Überreste wurden am Morgen aus der Burg getragen und rechter Hand des Passwegs den Abhang hinuntergeschmissen. Der Säbel war ebenfalls geschmolzen und verformt, aber ihn ließ man im Feuer liegen wie ein verzerrtes Symbol für irgendetwas Unbenennbares. Etwas, das der verzweifelte Kampf um diese Burg geboren hatte. Der Barbar nahm sich Trezois Säbel, und niemand erhob Einwände.
    Trotz des Verbrechens, das in der vergangenen Nacht im Hof verübt worden war, ließ der Heilige sich nicht blicken. Und auch die Grünen Horden verhielten sich ruhig. Sie hatten weder die Dunkelheit genutzt, noch Trezois Schreie, noch das morgendliche Zwielicht, noch den Frühnebel. Sie kamen einfach nicht. Einige der Gardisten munkelten, dass die Waldwesen die Burg längst vergessen hätten.
    Und als sie dann doch kamen, ging alles viel zu schnell.
    Der Hauptmann war wieder auf Patrouille hinausgegangen, wieder mit drei Mann Begleitung. Den Barbaren nahm er nicht mehr mit. Trezoi war zwar kein guter Freund des Hauptmanns gewesen, aber immerhin doch ein langjähriger, verlässlicher Kampfgefährte.
    Als die vier den Waldsaum erreicht hatten, stürmte eine Horde von etwa zwanzig Waldmännern auf sie zu. Äxte flogen. Einer der vier Kundschafter wurde am Kopf getroffen und stürzte, ein anderer versuchte ihm aufzuhelfen. Der Hauptmann befahl den Rückzug und flüchtete mit seinem letzten verbliebenen Begleiter zum Burgtor, während der Hilfsbereite von den beinahe nackten Wilden niedergemacht wurde.
    Die Heiligengardisten im Inneren der Burg öffneten ihrem fliehenden Hauptmann das Tor. Darauf hatte

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