Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Barbarendämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
angewiesen, ihre Schläge zischen zu hören. Ihr Ausholen Atem holen. Ihr Zurückweichen rascheln und ihr Vordringen schnauben. Und auf keinen Fall, auf gar keinen Fall durfte seine lachhafte Zierklinge mit ihren massiven Äxten in Berührung kommen, weder beim Zuschlagen noch beim Abwehren. Sonst war es aus.
    Er traf den ersten, den zweiten. Das Ziehen der Klinge aus ihren Leibern schabte über Knochen und fühlte sich im Dunkeln an, als zöge man einen Löffel aus halb festem Grießbrei. Zwei sackten zusammen. Dadurch verringerte sich schon mal die Anzahl der um ihn herumwirbelnden Äxte.
    Gut so.
    Gut.
    »Kelllllllwwwwoooorrrrrrrr.«
    Im Nachtwind. Das Wort. Der Name. Weiterhin im Wind. Als führte er ihn mit sich. Ein Umhang. Ein Umhang aus Falkenfedern.
    Einem entging er nur um Haaresbreite. Die Axt berührte ihn sogar, schabte über seinen Brustmuskel, dann abwärts über die Rippen. Seitlich. Harmlos. Er stach zu und verfehlte seinerseits. Gefährlich. Verfehlen. Er stand geöffnet da. Zwei Äxte zischten heran.
    Er ließ sich fallen. Schmeckte Gras, möglicherweise sogar einen Wurm. Er rollte weiter. Die Äxte beharkten den Boden. Die Gegner trillerten. Um Verstärkung? Aus Wut? Oder um sich gegenseitig Anweisungen zu geben?
    Er rollte. Durchschlug einem Wade und Schienbein, um sich Luft zu verschaffen. Es war wie bei den Laufvögeln. Zu viele auf einmal in ihm unvertrautem Gelände.
    Einer passte ihn ab. Zu schnell für ihn. Der Barbar wand sich in die Höhe, aber es ging nicht mehr anders: Er musste den Schlag mit dem Schwert parieren. Das Schwert zerbrach, die Trümmer prasselten um ihn herum wie reißzahniges Laub. Er fasste den Angreifer im Gesicht und drückte dessen Kopf zurück, bis die Halswirbel brachen. Dann tastete er nach der Axt. Fand sie nicht im Dunkeln. Musste einem Hieb ausweichen. Noch einem. Fand die Axt. Ungewohnt. Klobig. Schlug damit zu. Der Gegner parierte, sein parierender Arm wurde jedoch durch die Wucht zurückgebogen. Noch mal. Mehr Wucht. Mehr Wut. Noch mal. Beim dritten Mal verbog sich der parierende Arm so weit, dass die Axt des Barbaren dem Parierenden in den Schädel dringen konnte. Freireißen und weg.
    Von unten schlug der Einbeinige nach ihm. Den tötete er nun mit einem Tritt auf den Kopf.
    Nur noch einer. Es war vorbei. Alles unter Kontrolle.
    »Kelllllllwwwwoooorrrrrrrr.« Es war wie ein Ein- und Ausatmen. Wenn die Waldmänner des Falken nicht würdig waren, mussten sie sterben, und der Falke half ihnen nicht.
    Mit dem Letzten war es nur noch ein kurzer Tanz. Der war nicht ungeschickt und hatte keine Furcht. Aber er war der Wucht und Größe des Barbaren nicht gewachsen. Beide Äxte beschrieben Bögen unter den Sternen. Dreimal klatschten die Schneiden gegeneinander. Dann hebelte der Barbar die Deckung des Gegners auf, schlug ihn mit links und setzte mit rechts mit der Axt nach. Ächzend brach der Waldmann zusammen, röchelte noch kurz und starb.
    Kein Trillern mehr.
    Heftig atmend richtete der Barbar sich auf.
    Es schien keinen Mond zu geben.
    Im silbrigen Sternentruglicht betraten sechs weitere Gegner den Kampfplatz. Für einen Moment schienen sie Schwingen zu besitzen, riesige Schwingen, aber das stimmte nicht, das waren nur die Bäume hinter ihnen.
    Sechs neue. Oder es waren die sechs, denen er tagsüber begegnet war. Das immerhin war irritierend.
    Er lauschte nach dem Wind. Ob er das Wort, den Namen noch hören konnte. Aber sein eigener Atem war nun zu laut.
    Es ging wieder von vorne los. Hätten die Toten nicht immer noch herumgelegen, wäre ihm der Gedanke gekommen, dieselben sechs noch einmal gegen sich zu haben.
    Sie drangen auf ihn ein, ein leise trillernder Wirbel aus Äxten. Die Toten störten. In der Dunkelheit konnte man allzu leicht über ihnen zu Fall kommen. Der Barbar wich diesmal zur Seite hin aus, um den Toten zu entgehen, versuchte aber keine Flucht. Er war mit dem Terrain nicht vertraut genug, um den Waldmenschen entkommen zu können. Also rollte er sie von der Seite her auf, attackierte erst den rechten, dann den zweiten von rechts. Die beiden kamen sich bei ihren Ausweichbewegungen in die Quere, weil von hinten ihre Verbündeten nachdrängten. Es bewahrheitete sich wieder, was alle erfahrenen Krieger wussten: Eine Überzahl war kein Vorteil, wenn es dem vermeintlich Unterlegenen gelang, die Übermacht durch unvorhergesehene Bewegungsabläufe in Unordnung zu stürzen. Die vielen behinderten sich gegenseitig, weil sie einander nicht treffen wollten.

Weitere Kostenlose Bücher