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Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Barbarendämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Schnabel ab.
    Er begann damit. Seine Hiebe wurden nun viel heftiger. Kruck-kruck-kruck. Kruck-kruck-kruck. Ein ganz anderer Klang. Unten war Bewegung. Nur der Wind? Durch das hohe Gras liefen Böen wie Schlangen. Die Sonne begann ihren Sinkflug. Die Sonne ein Falke auf der Jagd.
    Für einen Moment schwindelte ihm. Er hielt sich an dem Seil fest, andernfalls wäre er vielleicht tatsächlich in die Tiefe … gesegelt? Mit gebreiteten Schwingen? War das möglich? Von hier aus? Von keinem anderen Ort der Welt aus als von der Schulter des Falkengottes?
    Wie hieß dieser Gott noch mal? Der Name war ihm entfallen. Der Kommandant hatte ihn genannt.
    Der Kommandant.
    Er dachte an den Drachen. Mit dem war er geflogen. Fliegen war berauschend, selbst wenn man dabei um sein Leben strampelte. Wie schön musste fliegen erst sein, wenn man es unbehindert tat? Frei! Nach allen Seiten, allen Richtungen: einfach nur frei.
    Spring! , rief eine Stimme in seinem Kopf. Probiere es aus! Es war seine eigene Stimme, wie sie geklungen hatte, als er noch gesprochen hatte. Als Kind. Spring! , hatte er damals oft gerufen. Zu seinen Spielkameraden. Seinem Freund. Zu sich selbst. Spring! Mach es einfach!
    Kreck-kreck-kreck. Kreck-kreck-kreck. Das Geräusch hatte sich abermals verändert. Der Meißel war nun schon fast ganz versenkt im Schnabel. Nun schlug er seitlich gegen das Meißelende. Versuchte, Hebelwirkung zu erzielen. Etwas frei zu brechen. Frei. In alle Richtungen frei.
    Es ging noch nicht.
    Er musste den Meißel frei rütteln und seitlich frei hämmern, ihn herausziehen und neu beginnen. Ein zweites Loch in der Nähe des ersten. Kreck-kreck-kreck. Kreck-kreck-kreck. Das Geräusch blieb sich jetzt treu. Der Schnabel, von Löchern behelligt, begann rissig und schwächer zu werden.
    Weithin hallten die Schläge über den Wald.
    Vögel zwitscherten, antworteten. Trillerten. Die Waldmänner? Sehr wahrscheinlich.
    Er schwitzte. Diese Arbeit war anstrengend. Er musste sich ja auch noch halten. Stand auf der Schulter eines Riesen. Der sich nur zu schütteln brauchte, und …
    War da nicht ein Zittern? Ein beinahe schluchzendes Vibrieren?
    Nein. Nur der Wind. Die eigenen Schläge. Der Hall der Schläge über den Bäumen. Sinkflug der Sonne. Schneller jetzt. Ins Blutige spielend.
    Die Lichtung rötete sich.
    Der Schnabel blutete nicht.
    Vier Löcher hatte der Barbar bereits in ihn getrieben, am fünften schuftete er gerade. Inzwischen achtete er schon nicht mehr darauf, wenn unten etwas raschelte. Es gab einfach zu viele Tiere hier. Nur ab und zu warf er noch einen Blick auf die Lichtung, ob sich dort nicht inzwischen Dutzende von Wilden zusammenrotteten. Aber niemand ließ sich blicken. Was nicht bedeutete, dass sie sich nicht vor ihm verbargen.
    Das fünfte Schnabelloch brachte den Erfolg. Beim seitlichen Hämmern gegen den Meißel spürte er schon, wie das Gestein barst. Er verstärkte das Hämmern, veränderte noch leicht den Winkel – dann brach der Schnabel endlich ab und polterte in die Tiefe. Ein Klotz von der Größe dreier Männerköpfe, abgehauen, losgerüttelt. Die Bruchstelle machte ein seltsames, vieldeutiges Nichts aus dem Mundbereich des Gottes.
    Der Barbar war zufrieden. Das mit den Augen brachte nichts. Er wollte auch weg, sein Glück nicht überdehnen. Die Sonne sank ohnehin. Er glitt am Seil abwärts.
    Als er an der Hand vorbeikam, verhielt er noch einmal. Die Hände des Falken waren menschlich, lagen an den Seiten des Körpers an, denn der Gott stand steif da wie zur Achtung ermahnt. Die Hände waren nicht so dick wie der Schnabel. Wenn man den Meißel drei- bis viermal ins Gelenk triebe? Dann rüttelte? Dem Gott die Hand nehmen? Die Rechte?
    Den Kommandanten in seinem Häutezelt würde das freuen. Also warum nicht?
    Diesmal war es aber schwieriger, der Barbar konnte sich nicht auf eine Schulter stellen, um zu arbeiten, er musste sich ins Seil hängen. Also kletterte er wieder aufwärts, machte aus dem zweiten Seil eine Schlaufe, ließ diese von oben über die Statue abwärtsgleiten und sicherte sich an diesem zweiten Seil um die Hüften, gleichzeitig von oben vom ersten Seil unter den Achseln gehalten. Durch diese Doppelführung erreichte er einen sicheren Halt und machte sich ans Werk.
    Es ging schneller als mit dem Schnabel.
    Vier Löcher oberhalb der Handfläche, und das Gestein brach. Die Hand rutschte in die Tiefe und klatschte zertrümmernd ins Gras. Alles war jetzt rot. Die Sonne fast versunken. Das hatte wirklich

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