Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Barbarendämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
freudlos. »Das war ja zu erwarten. Wieder der Falke?«
    »Nein. Diesmal ein Mensch. Nur mit einer Hose bekleidet, mit zwei Äxten, langen Haaren, einem einzelnen Ohrring und einer Feder.«
    Der Kommandant brach in Gelächter aus, und nachdem er eine Weile nicht mehr damit aufgehört hatte, wagte der Adjutant es, in höherem Tonfall mit einzustimmen. Doch plötzlich hörte der Kommandant mit dem Lachen auf.
    »Hat er einen Namen?«, fragte er hastig.
    »Wer?«
    »Der neue Gott! Haben sie ihm einen Namen gegeben?«
    »Ja. Sie nennen ihn Kelwor .«
    »Kelwor? Aber das ergibt doch keinen Sinn! Der alte, zerstörte Gott hieß Kelwor!«
    »Ich glaube, sie nennen alle ihre Götter Kelwor.«
    »Das ist doch verrückt. Vollkommen sinnlos!«
    »Es sind Wilde, Kommandant. Was ergibt schon Sinn bei denen?«
    Der Kommandant schien in düsterem Brüten zu versinken. Der Adjutant wollte sich schon diskret durch den Zelteingang entfernen, als der Kommandant ihn noch einmal ansprach.
    »Und dieser Name … Kelwor … hat der irgendeine Bedeutung? Kann man den in unsere Sprache übersetzen?«
    »Das habe ich vor einigen Wochen mal einen Gelehrten gefragt, der bei uns Station machte. Er sagte, Kelwor setzt sich aus zwei Begriffen zusammen: dienen und enden .«
    » Dienen und enden ? Was heißt das? Diener des Endes ? Ende des Dienens ?«
    »Der Gelehrte übersetzte es mit einem anderen Begriff.«
    »Welchem?«
    » Opfer .«
    »Opfer!«
    »Ja.«
    Der Kommandant nickte. Dann lachte er wieder und winkte seinen Adjutanten hinaus.
    Der konnte es noch weithin ins Lager hören, das verzweifelte Gelächter seines Kommandanten.

FReSSeN
    (NaCH eiNeR iDee VoN JeNNy-Mai NuyeN)
     
    Dunkel wogte das Land.
    Ein Buckliger mit einer Stangenlaterne geleitete eine junge Frau mit flammend roten Haaren, einen bleichen Jüngling mit einer Laute, einen unaufhörlich kichernden Magistraten und einen halb nackten Mann mit einem Kommandantenhelm einen grasigen Hügel hinauf. Oben auf dem Hügel stand trutzig ein Haus, das festlich erleuchtet war. Selbst im umgebenden Garten glommen Lampions, denn der Oligarch gab heute Nacht sein Jahresfest.
    Schon von Weitem war Musik zu hören. Blechblasinstrumente, seltsam trötend, beinahe wie das Schreien kleiner Kinder, aber dann, im Zusammenspiel, doch wieder wohltönend.
    Der Wind bauschte auf und ließ das Gras in Wellen fließen.
    Die Sonne war bereits versunken. Der Mond tauchte alles in Schatten und Metall.
    Der Bucklige hatte ihn für einen Kommandanten gehalten.
    Der Barbar war sich nicht sicher, ob der Bucklige schwachsinnig war oder sehr schlau. Möglicherweise hatte er ja sogar recht: Jeder, der in der Lage war, einem Kommandanten den Helm abzunehmen, war selbst ein Kommandant oder einem Kommandanten zumindest gleichwertig. Er hatte vorher nicht darüber nachgedacht. Der Helm hatte ihm einfach gefallen, mit dem auffälligen Federbusch obendrauf. Nun war zwar leider sein schöner Ohrring nicht mehr zu sehen, aber der Federbusch wog den Ohrring mehr als auf. Und die Feder hatte er losgeknüpft und weggeworfen. Eine Feder wurde von einem Feder busch erst recht übertroffen.
    Der Bucklige war auf der Suche gewesen nach hochgestellten, möglichst farbenprächtigen Menschen, die an einem Fest teilnehmen wollten. Einige hatten sich gedrängelt und beworben, waren jedoch abgewiesen worden. Einer hatte sogar gefleht und versucht, den Buckligen zu bestechen. Der Bucklige hatte diesen Verzweifelten zuletzt keines Blickes mehr gewürdigt, offenbar berauscht von seiner eigenen Macht über Aufnahme und Ablehnung. Die Rothaarige, die wohl eine Kartenlegerin war, hatte sich geziert, war aber silberzüngig überredet worden. Der Lautenspieler schien einfach nur neugierig zu sein. Der Magistrat hingegen schien zu wissen, was ihn erwarten würde, er freute sich sehr und brabbelte die ganze Zeit kichernd vor sich hin. Der Barbar war einfach nur hungrig. Ein Fest verhieß gutes Essen. So ging er denn mit, die beiden Steinäxte der Waldmenschen über Kreuz klackernd im Gurt.
    Der Wind bauschte auf und ließ das Gras in Wellen fließen.
    Das Haus hatte allein auf der Vorderseite mehr als zwanzig Fenster. Sie alle waren erhellt, als wären sie mit Gold ausgeschlagen. Der Barbar sah Gardinen, die nach außen wehten, ein zartes Nichts von unbestimmbarem Nutzen. Er fragte sich, ob die Gardinen durch die Musik nach draußen gepustet wurden.
    Ringsherum war weit und breit kein weiteres Anwesen zu sehen. Der Weg herauf verlor sich in der

Weitere Kostenlose Bücher