Barbarossa, Botticelli und die Beatles
Donner entkommen, tritt er in den Bettelorden der Augustiner ein. Es ist das Jahr 1505. Zwei Jahre später wird er zum Priester geweiht.
Zum Doktor promoviert, lehrt Luther ab 1512 Bibelexegese an der Universität von Wittenberg. Als Seelsorger wird er mit jenem verwerflichen Handel konfrontiert, bei dem die Kirche Ablasszettel an die Gläubigen verkauft und verspricht, dass Sünden damit vergolten sind. Luther, der Seelenheil nicht als käuflich betrachtet, ist entsetzt über die Ausbeutung der Menschen durch die Kirche, die für ihn zwischen Mensch und Gott steht.
Am 31. Oktober 1517 veröffentlicht er die berühmten 95 Thesen. Aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt, verbreiten sie sich schnell. Die neue Technik des Buchdrucks macht es möglich. Bei vielen Fürsten treffen Luthers Ansichten auf Zustimmung. Das Geld ihrer Untertanen soll im Land bleiben und nicht nach Rom wandern. Doch Papst Leo X. ist verärgert. Er bestellt den aufmüpfigen Mönch 1518 nach Rom. Der steht mittlerweile unter dem Schutz seines Landesherrn, Friedrichs des Weisen, bleibt in Deutschland und streitet stattdessen auf dem Augsburger Reichstag mit dem päpstlichen Gesandten. Der Papst droht mit Kirchenbann. Luther verbrennt öffentlichkeitswirksam die päpstliche Bulle.
Auf dem Reichstag in Worms muss er sich 1521 vor Vertretern der Kirche und dem zum neuen deutschen Kaiser gewählten Karl V. rechtfertigen, widerruft aber nicht. Als Luther die Heimreise antritt, lässt Friedrich der Weise ihn von einigen seiner Leute zum eigenen Schutz »entführen«. Der Kirchenbann wird über ihn ebenso verhängt wie durch Karl V. die Reichsacht. Luther ist vogelfrei. Als »Junker Jörg« auf der Wartburg übersetzt er das Neue Testament ins Deutsche.
Luthers Lehre findet rasch Anhänger, insbesondere bei den Fürsten des Reiches. Der Mensch, sein Gewissen und das persönliche Verhältnis zu Gott gewinnen nun Bedeutung im Christentum. Luther will die Kirche nicht spalten. Die Rolle des Reformators nimmt er nur widerwillig an, dann aber mit all seiner Wortgewalt.
Heinrich VIII.: Sechs Frauen und eine Nationalkirche
Heinrich VIII. lebt von 1491 bis 1547
In England nutzt ein Mann Luthers Aufbegehren und die anschließenden Wirren der europäischen Christenheit für seine eigenen Zwecke, und er tut es gründlich.
Zunächst ist Heinrich VIII., der 1509 den englischen Thron besteigt, ganz auf der katholischen Linie. Dem letzten Willen seines Vaters gehorchend, heiratet er Katharina von Aragón. Im Volk ist Katharina populär. Doch sie hat mehrere Totgeburten und gebärt Heinrich »nur« die Tochter Mary, die spätere Mary I.
Heinrich hat längst mehrere Mätressen. Eine Scheidung verweigert Papst Clemens VII., da er Sanktionen von Kaiser Karl V. befürchtet. Seit dem Sacco di Roma, der Plünderung Roms im Jahr 1527 durch spanische und deutsche Söldner, ist er in dessen Hand.
Also handelt Heinrich selbst. 1533 lässt er sich von Katharina scheiden und seine zuvor im Geheimen geschlossene Ehe mit seiner langjährigen Geliebten Anne Boleyn vom neuen Erzbischof von Canterbury Thomas Cranmer bestätigen.
Ende 1534 setzt Heinrich die Suprematsakte in Kraft, mit der er die von Rom unabhängige anglikanische Kirche von England gründet, zu deren Oberhaupt er sich ernennt. In den nächsten Jahren raubt er den Besitz der katholischen Kirche, verteilt Pfründe und Lehen zur Machtsicherung seines Throns und seiner neuen Kirche an seine Gefolgschaft.
1536 hat Anne Boleyn eine Fehlgeburt. Auch sie hat Heinrich zuvor mit der späteren Königin Elisabeth I. nur eine Tochter geboren. Anne fällt in Ungnade und wird, von Heinrich des Hochverrats und des Ehebruchs beschuldigt, noch im gleichen Jahr hingerichtet. Mit Jane Seymour hat er bereits eine neue Ehefrau auserkoren, die 1537 den ersehnten Thronfolger Edward zur Welt bringt und im Kindbett stirbt. Die vierte Ehe geht Heinrich mit Anna von Kleve ein. Hans Holbein der Jüngere hat sie für ihn gemalt, aufgrund des Bildes hat der König der Heirat zugestimmt. Doch als er sie kennenlernt, empfindet er sofort eine tiefe Abneigung, weigert sich, das Bett mit ihr zu teilen, und lässt sich 1540 scheiden. Die Hofdame Catherine Howard, 30 Jahre jünger als Heinrich, wird seine fünfte Frau. Sie endet 1542 ebenfalls wegen Ehebruchs auf dem Schafott. Catherine Parr, seine sechste Frau, wird ihn überleben.
Der prunksüchtige und gewalttätige Herrscher stirbt nach den letzten Worten: »Jetzt ist alles verloren.
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