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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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Das fehlte noch.«
Barceló wartete zeremoniös, bis sich die Bernarda zurückgezogen hatte. Er nahm sich sieben Stück Zucker, rührte um und grinste süffisant zwischen den Wolken holländischen Tabaks hindurch.
»Da siehst du, ich muß das Haus mit harter Hand führen.«
»Ja, Sie sind ein richtiges Scheusal, Don Gustavo.«
»Und du ein lästiger Kerl. Sag, Daniel, jetzt, wo uns niemand hört, warum findest du es keine gute Idee, der Polizei den Vorfall zu melden?«
»Weil man es dort schon weiß.«
»Du meinst …«
Ich nickte.
»In was für Schwierigkeiten steckst du eigentlich, wenn ich fragen darf?«
Ich seufzte.
»Etwas, wobei ich helfen kann?«
Ich schaute auf. Barceló lächelte mir ohne Bosheit zu, die ironische Fassade hatte Pause.
»Hat das Ganze vielleicht aus irgendeinem Grund mit diesem Buch von Carax zu tun, das du mir nicht hast verkaufen wollen, als du es hättest tun sollen?«
Er sah sogleich, daß er mich überrascht hatte.
»Ich könnte euch helfen. Ich habe mehr als genug von dem, was euch fehlt: Zeit und gesunden Menschenverstand.«
»Glauben Sie mir, Don Gustavo, ich habe schon zu viele Leute in die Geschichte mit hineingezogen.«
»Dann kommt es auf einen mehr oder weniger nicht mehr an. Los, ganz unter uns. Mach dich mit dem Gedanken vertraut, daß ich dein Beichtvater bin.«
»Ich beichte seit Jahren nicht mehr.«
»Das sieht man dir an.«
19
    Das Kinn auf die wie zum Beten gefalteten Hände und die Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt, hörte mir Gustavo Barceló zu. Hin und wieder nickte er, als würde er im Verlauf meiner Erzählung Details und kleine Fehler entdecken und sich sein eigenes Urteil über die Ereignisse bilden, die ich ihm auf dem silbernen Tablett servierte. Immer wenn ich innehielt, zog er forschend die Brauen in die Höhe und bedeutete mir mit der rechten Hand, in meiner wirren Geschichte fortzufahren, die ihn außerordentlich zu amüsieren schien. Gelegentlich machte er sich kurze Notizen oder schaute ins Unendliche, als wollte er die Bedeutung dessen abschätzen, was ich da erzählte. Meistens lächelte er sardonisch, was ich sogleich meiner Naivität oder meinen plumpen Vermutungen zuschrieb.
    »Hören Sie, wenn Sie das blöd finden, schweige ich.« »Im Gegenteil. Der Tor spricht, der Feige schweigt, der Weise hört zu.«
    »Wer hat das gesagt? Seneca?«
»Nein. Señor Braulio Recolons, der in der Calle Aviñón eine Schweinemetzgerei hat und nicht nur für die Wurst, sondern auch für den geistreichen Aphorismus eine sprichwörtliche Gabe besitzt. Erzähle bitte weiter. Du hast eben von diesem temperamentvollen Mädchen gesprochen …«
    »Bea. Das geht nur mich etwas an und hat nichts mit allem andern zu tun.«
Barceló lachte leise. Ich wollte gerade die Schilderung meiner Abenteuer fortsetzen, als Dr. Soldevila vor Müdigkeit stöhnend den Kopf zur Tür hereinstreckte.
»Entschuldigen Sie. Ich verziehe mich jetzt. Dem Patienten geht es gut, und er sprüht vor Energie, wenn die Metapher erlaubt ist. Dieser Herr wird uns noch alle überleben. Er behauptet doch tatsächlich, die Beruhigungsmittel seien ihm in den Kopf gestiegen und er sei ganz nervös. Er weigert sich, sich auszuruhen, und will unbedingt mit Señor Daniel über Dinge sprechen, deren Natur er mir nicht enthüllen mag.«
»Wir gehen gleich zu ihm. Und entschuldigen Sie den armen Fermín.«
»Schon gut. Aber er will einfach nicht aufhören, die Krankenschwester in den Hintern zu kneifen und Reime über die straffen Rundungen ihrer Schenkel zum besten zu geben.«
Wir geleiteten den Arzt und die Schwester zur Tür und dankten ihnen herzlich für ihre guten Dienste. Als wir das Zimmer betraten, sahen wir, daß sich die Bernarda entgegen Barcelós Befehlen nun doch neben Fermín ins Bett gelegt hatte, wo der Schrecken, der Brandy und die Erschöpfung sie endlich hatten einschlafen lassen. Eingepackt in Binden, Verbände und Schlingen, hielt Fermín sie sanft in den Armen und streichelte ihr übers Haar. Sein Gesicht war eine einzige Quetschung – allein das Anschauen tat weh. Man sah die kolossale Nase, zwei Tellerohren und Augen wie von einem geschlagenen Mäuschen; das zahnlose Lächeln war von Wunden verzerrt, aber triumphierend, und als er uns eintreten sah, machte er mit der Rechten das Siegeszeichen.
»Wie geht es Ihnen, Fermín?« fragte ich.
»Zwanzig Jahre jünger.« Er sprach leise, um die Bernarda nicht zu wecken.
Ȇbertreiben Sie mal nicht, Sie sehen miserabel aus. Da kriegt man ja einen

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