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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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Schreck. Sind Sie sicher, daß es Ihnen gutgeht? Dreht sich Ihnen nicht der Kopf? Hören Sie keine Stimmen?«
»Jetzt, wo Sie es sagen, kommt’s mir vor, als hätte ich ab und zu ein dissonantes, arhythmisches Gebrummel gehört, als wollte ein Affe Klavier spielen.«
Barceló runzelte die Stirn. In der Ferne klimperte Clara noch immer.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Daniel. Ich habe schon schlimmere Prügel weggesteckt. Dieser Fumero kann ja nicht mal eine Briefmarke aufkleben.«
»Dann hat Ihnen also dieser Inspektor Fumero ein neues Gesicht verpaßt«, sagte Barceló. »Sie beide bewegen sich ja in gehobenen Kreisen.«
»Soweit war ich mit meiner Geschichte noch gar nicht gekommen«, sagte ich.
Fermín warf mir einen alarmierten Blick zu.
»Kein Grund zur Beunruhigung, Fermín. Daniel ist dabei, mir diesen Schwank zu schildern, in dem Sie beide stecken. Ich muß gestehen, die Sache ist hochinteressant. Und Sie, Fermín, wie steht es mit Ihren Beichten? Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich zwei Jahre Priesterseminar auf dem Buckel habe.«
»Ich hätte Ihnen mindestens drei gegeben, Don Gustavo.«
»Alles verliert sich, als erstes die Scham. Da kommen Sie zum ersten Mal in mein Haus und landen gleich bei der Haushälterin im Bett.«
»Schauen Sie sie doch an, das arme Geschöpfchen, mein Engel. Sie sollen wissen, daß meine Absichten ehrenwert sind, Don Gustavo.«
»Ihre Absichten sind Ihre Angelegenheit und die der Bernarda, die ja kein kleines Mädchen mehr ist. Und nun sagen Sie mal – in was für Nesseln haben Sie sich da gesetzt?«
»Was haben Sie ihm erzählt, Daniel?«
»Wir sind bis zum zweiten Akt gekommen: Auftritt der Femme fatale«, erklärte Barceló.
»Nuria Monfort?« fragte Fermín.
Barceló schnalzte genüßlich mit der Zunge.
»Gibt es denn mehr als eine? Das ist ja wie die Entführung aus dem Serail.«
»Sprechen Sie in Anwesenheit meiner Verlobten bitte leiser.«
»Seien Sie unbesorgt, Ihre Verlobte hat eine halbe Flasche Lepanto-Brandy in den Adern, die bekämen wir nicht mal mit Kanonendonner wach. Los, sagen Sie Daniel schon, er soll mir den Rest erzählen. Drei Köpfe denken besser als zwei, vor allem wenn der dritte mir gehört.«
Es sah aus, als zuckte Fermín zwischen Verbänden und Schlingen die Schultern.
»Ich habe nichts dagegen. Entscheiden Sie, Daniel.«
Da ich mich damit abgefunden hatte, Don Gustavo an Bord Zu haben, setzte ich meine Erzählung fort bis zu dem Punkt, an dem uns Fumero und seine Leute in der Calle Montcada erwischt hatten, ein paar Stunden zuvor. Als ich fertig war, stand Barceló auf und ging grübelnd im Zimmer auf und ab. Fermín und ich beobachteten ihn besorgt. Die Bernarda sägte Bretter.
»Das süße Kindchen«, raunte Fermín verzückt.
»Mehreres fällt mir auf«, sagte der Buchhändler schließlich.
»Ganz offensichtlich steckt Inspektor Fumero bis über beide Ohren in der Sache drin, wenn ich auch nicht weiß, wie und warum. Auf der einen Seite gibt es da diese Frau …«
»Nuria Monfort.«
»Dann gibt es den Aspekt von Julián Carax’ Rückkehr nach Barcelona und seiner Ermordung mitten auf der Straße nach einem Monat, in dem niemand etwas von ihm weiß. Die junge Dame lügt sogar übers Wetter das Blaue vom Himmel herunter.«
»Das sage ich ja schon von Anfang an«, sagte Fermín. »Aber eben, da ist viel jugendliche Geilheit im Spiel und wenig Überblick.«
»Hört, hört – der heilige Johannes vom Kreuz.«
»Das reicht, keinen Streit bitte. Halten wir uns an die Tatsachen. Bei dem, was mir Daniel erzählt hat, gibt es etwas, was mir sehr merkwürdig erscheint, mehr noch als alles andere, und nicht weil diese ganze Geschichte so nach Hintertreppenroman riecht, sondern wegen eines wesentlichen, obwohl scheinbar banalen Details«, sagte Barceló.
»Lassen Sie uns staunen, Don Gustavo.«
»Daß Carax’ Vater sich weigerte, Carax’ Leiche zu identifizieren, mit der Begründung, er habe keinen Sohn. Sehr merkwürdig, widernatürlich. Kein Vater auf der Welt tut so etwas. Auch wenn sie sich nicht gut vertrugen. Sobald der Tod im Spiel ist, erwacht bei allen die Gefühlsduselei. Angesichts eines Sarges sehen wir nur noch das Gute oder das, was wir sehen wollen.«
»Was für ein Bonmot, Don Gustavo«, sagte Fermín. »Darf ich es in meine Sammlung aufnehmen?«
»Es gibt immer Ausnahmen«, warf ich ein. »Nach dem, was wir wissen, war Señor Fortuny ein wenig eigen.«
»Alles, was wir über ihn wissen, stammt aus dritter Hand«, sagte Barceló.

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