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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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warum. Ich erzählte ihr, daß ich es nie geschafft hatte, Clara Barceló zu küssen noch sonst eine Frau, und wie meine Hände gezittert hatten, als ich vor wenigen Stunden Nuria Monforts Lippen leichthin auf der Haut gespürt hatte. Ich erzählte ihr, daß ich bis dahin nicht begriffen hatte, daß das eine Geschichte von einsamen Menschen, von Abwesenheiten und Verlust war, und daß ich mich deshalb in sie hineingeflüchtet hatte, bis sie mit meinem eigenen Leben verschmolz, als entwischte ich aus den Seiten eines Romans.
»Sag nichts«, flüsterte Bea. »Bring mich einfach an diesen Ort.«
Es war schon dunkle Nacht, als wir in der Calle Arco del Teatro vor dem Portal des Friedhofs der Vergessenen Bücher stehenblieben. Ich packte den Klopfer mit dem Teufelchen und schlug ihn dreimal an. Es wehte ein kalter, stark nach Kohle riechender Wind. Wir warteten im Schutz des gewölbten Eingangs. Beas Gesicht war eine Handbreit von meinem entfernt. Kurz darauf hörte man im Innern leichte Schritte näher kommen und dann die müde Stimme des Aufsehers fragen:
»Wer ist da?«
»Ich bin’s, Isaac – Daniel Sempere.«
Mir schien, ich hörte ihn leise fluchen. Dann folgte das tausendfache Knirschen und Knarren des Schlosses. Schließlich ging die Tür einige Zentimeter auf, und im Schein einer Öllampe erschien Isaac Monforts Adlergesicht. Als er mich erblickte, seufzte er und verdrehte die Augen.
»Ich weiß auch nicht, warum ich frage«, sagte er. »Wer könnte es wohl zu dieser Stunde sonst sein?«
Er war in etwas gehüllt, was mir wie eine merkwürdige Mischung aus Hausrock, Burnus und russischem Armeemantel vorkam. Die wattierten Pantoffeln paßten perfekt zu einer karierten Wollmütze mit Troddel.
»Hoffentlich habe ich Sie nicht aus dem Bett geholt«, sagte ich.
»I wo, ich habe eben erst mit dem ›Müde bin ich, geh zur Ruh‹ begonnen.«
Er warf Bea einen Blick zu, als hätte er gerade eine brennende Dynamitpatrone zu ihren Füßen entdeckt.
»Ich hoffe zu Ihrem Besten, das ist nicht das, was es scheint«, drohte er.
»Isaac, das ist meine Freundin Beatriz, ich möchte ihr mit Ihrer Erlaubnis diesen Ort zeigen. Seien Sie unbesorgt, sie ist absolut vertrauenswürdig.«
»Sempere, ich habe Säuglinge mit mehr gesundem Menschenverstand gekannt als Sie.«
»Es ist ja nur für einen Augenblick.«
Mit einem Schnauben gab er klein bei und nahm Bea ausgiebig in Augenschein.
»Wissen Sie schon, daß Sie sich in Gesellschaft eines Geistesschwachen befinden?« fragte er.
Sie lächelte höflich.
»Ich mache mich langsam mit dem Gedanken vertraut.«
»Göttliche Unschuld. Kennen Sie die Regeln?«
Sie nickte. Isaac schüttelte schweigend den Kopf, spähte wie immer nach Schattengestalten auf der Straße und ließ uns herein.
»Ich habe Ihre Tochter Nuria besucht«, warf ich hin. »Es geht ihr gut. Sie hat viel zu tun, aber es geht ihr gut. Sie schickt Ihnen Grüße.«
»Ja, und Giftpfeile. Wie langweilig Sie sind, wenn Sie flunkern, Sempere. Aber das Bemühen sei verdankt. Los, kommen Sie.«
Als wir drinnen waren, reichte er mir die Öllampe und riegelte wieder zu, ohne uns weiter zu beachten.
»Wenn Sie fertig sind, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.«
Das Bücherlabyrinth war in geisterhaften Inseln zu erahnen, die sich unter dem Schleier der Dunkelheit zeigten. Die Lampe warf eine Blase dunstiger Helligkeit zu unseren Füßen. Sprachlos blieb Bea im Eingang zum Labyrinth stehen. Ich mußte lachen, weil ich auf ihrem Gesicht denselben Ausdruck erkannte, den mein Vater vor Jahren auf meinem gesehen haben mußte. Wir traten in die Tunnel und Galerien des Labyrinths, die unter unseren Schritten knarrten. Die Markierungen, die ich bei meinem letzten Besuch angebracht hatte, waren noch da.
»Komm, ich möchte dir etwas zeigen«, sagte ich.
Mehr als einmal verlor ich meine eigene Spur, und wir mußten ein Stück zurückgehen, bis wir das letzte Zeichen wiederfanden. Bea beobachtete mich beunruhigt und zugleich fasziniert. Meine Erinnerung sagte mir, daß sich unser Weg in einer Spirale verloren hatte, doch schließlich konnte ich im Gewirr von Korridoren und Tunneln den richtigen Weg wiederfinden, und wir bogen in einen schmalen Gang ein, der aussah wie ein in die Schwärze hineinreichender Steg. Neben dem letzten Regal kniete ich nieder und suchte mein Buch, versteckt hinter der Reihe von Bänden, die unter einer im Licht der Lampe wie Rauhreif glänzenden Staubschicht begraben waren. Ich ergriff es und gab es Bea.
»Darf ich dir

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