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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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heute Ihre beiden Anstandswauwaus nicht dabei?«
    »Marcos und Castelo sind im Präsidium geblieben und erledigen Papierkram. Aber wenn ich ihnen gesagt hätte, dass ich sie aufsuche, hätten sie sich bestimmt angeschlossen.«
    Wir gingen durch die Schlucht aus mittelalterlichen Palästen zum Xampanyet hinunter und setzten uns an einen Tisch hinten im Lokal. Ein Kellner mit einem nach Lauge stinkenden Scheuerlappen sah uns fragend an, und Grandes bestellte zwei Bier und etwas Manchego-Käse. Als das Gewünschte kam, schob er mir den Teller zu, aber ich lehnte ab.
    »Macht es Ihnen was aus? Um diese Zeit bin ich immer halb tot vor Hunger.«
    »Bon appétit.«
    Er verschlang einen Käsewürfel und leckte sich mit geschlossenen Augen die Lippen.
    »Hat man Ihnen nicht gesagt, dass ich gestern bei Ihnen vorbeigekommen bin?«
    »Es ist mir mit Verspätung ausgerichtet worden.«
     
    »Verständlich. Übrigens, was für ein hübsches Ding, die Kleine. Wie heißt sie denn?« »Isabella.«
    »Sie schamloser Mensch – es gibt Leute, die sind wirklich vom Schicksal begünstigt. Ich beneide Sie. Wie alt ist denn die Süße?«
    Ich warf ihm einen bösen Blick zu. Er lächelte zufrieden.
    »Ein Vögelchen hat mir zugezwitschert, dass Sie in letzter Zeit Detektiv spielen. Lassen Sie uns Profis nichts mehr übrig?«
    »Und wie heißt Ihr Vögelchen?«
    »Es ist eher ein hässlicher Vogel. Einer meiner Vorgesetzten ist eng mit Anwalt Valera befreundet.«
    »Stehen Sie auch auf deren Gehaltsliste?«
    »Noch nicht, mein Lieber. Sie kennen mich ja. Alte Schule. Ehre und all der Quark.«
    »Jammerschade.«
    »Und sagen Sie, wie geht’s dem armen Ricardo Salvador? Wissen Sie, dass ich diesen Namen seit rund zwanzig Jahren nicht mehr gehört habe? Alle hielten ihn für tot.«
    »Eine voreilige Diagnose.«
    »Und wie fühlt er sich so?«
    »Allein, verraten und verkauft.«
    Der Inspektor nickte langsam.
    »Das führt einem doch die Zukunft vor Augen, die man in diesem Job hat, nicht wahr?«
    »Ich wette, in Ihrem Fall wird alles ganz anders, und bis zu Ihrer Beförderung an die Spitze des Präsidiums sind es höchstens noch zwei Jahre. Ich sehe Sie noch vor Ihrem fünfundvierzigsten Lebensjahr als Kriminaldirektor des Dienstes, wie Sie während der Fronleichnamsprozession die Hand von Bischöfen und Generalobersten der Armee küssen.«
    Den sarkastischen Ton überhörend, nickte Grandes frostig.
    »Apropos Handküsse, haben Sie das von Ihrem Freund Vidal schon gehört?«
    Grandes begann nie ein Gespräch ohne einen Trumpf im Ärmel. Er schaute mich lächelnd an und genoss meine Beunruhigung.
    »Was denn?«, murmelte ich.
    »Neulich abends soll seine Frau versucht haben, sich umzubringen.« »Cristina?«
    »Stimmt, Sie kennen sie ja …«
    Ohne es zu merken, war ich mit zitternden Händen aufgestanden.
    »Seien Sie unbesorgt, Señora Vidal geht es gut. Ein Schrecken, nichts weiter. Anscheinend hat sie sich mit dem Laudanum vertan … Seien Sie so nett und setzen Sie sich wieder, Martín. Bitte.«
    Ich setzte mich. Mein Magen ballte sich zu einem stechenden Knoten.
    »Wann war das?«
    »Vor zwei oder drei Tagen.«

Ich erinnerte mich an Cristinas Anblick am Fenster der Villa Helius vor einigen Tagen, als sie die Hand wie zum Gruß hob, ehe ich vor ihrem Blick floh und ihr den Rücken kehrte.
    »Martín?« Der Inspektor wedelte mit der Hand vor meinen Augen, als fürchtete er, ich hätte den Verstand verloren.
    »Was?«
    Er schaute mich mit unverstellter Besorgnis an.
    »Haben Sie mir irgendetwas zu erzählen? Ich weiß, Sie werden mir nicht glauben, aber ich würde Ihnen gern helfen.«
    »Glauben Sie immer noch, ich hätte Barrido und seinen Partner umgebracht?« Grandes schüttelte den Kopf.
    »Das habe ich nie geglaubt, aber andere würden es gern glauben.«
    »Warum ermitteln Sie dann gegen mich?«
    »Beruhigen Sie sich. Ich ermittle nicht gegen Sie, Martín. Ich habe nie gegen Sie ermittelt. An dem Tag, an dem ich es tue, werden Sie es merken. Einstweilen beobachte ich Sie. Weil Sie mir sympathisch sind und ich mir Sorgen mache, dass Sie in Schwierigkeiten geraten. Warum haben Sie kein Vertrauen zu mir und sagen mir, was los ist?«
    Unsere Blicke trafen sich, und einen Augenblick war ich versucht, ihm alles zu erzählen. Ich hätte es getan, wenn ich gewusst hätte, wo ich anfangen sollte.
    »Nichts ist los, Inspektor.«
    Grandes nickte und schaute mich mitleidig an, vielleicht war es auch nur Enttäuschung. Er trank sein Bier aus und

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