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Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Titel: Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Isabella.«
    An den Fensterscheiben begann der Regen zu kratzen.
    »Ich war ein kleines Mädchen, und sie führte mich an der Hand. Wir waren in einem sehr großen, sehr alten Haus, mit riesigen Salons und einem Flügel und einer Veranda, die auf einen Garten mit Teich hinausging. Neben dem Teich stand ein kleiner Junge wie Julián, aber ich wusste, dass in Wirklichkeit du es warst, frag mich nicht, warum. Isabella kniete neben mir nieder und fragte mich, ob ich dich sehen könne. Du hast mit einem Papierschiffchen im Wasser gespielt. Ich bejahte. Da sagte sie, ich solle mich um dich kümmern. Ich solle mich für immer um dich kümmern, denn sie müsse weit weggehen.«
    Wir schwiegen lange und lauschten dem Regen auf den Scheiben.
    »Was hat dir Fermín gestern Abend gesagt?«
    »Die Wahrheit. Er hat mir die Wahrheit gesagt.«
    Sie hörte mir schweigend zu, während ich mich bemühte, Fermíns Geschichte zu rekonstruieren. Anfänglich spürte ich erneut Wut in mir aufsteigen, aber je weiter ich mit der Erzählung kam, desto mehr fiel ich in tiefe Traurigkeit und Verzweiflung. Für mich war all das neu, und ich wusste noch nicht, wie ich mit den Geheimnissen und dem, was sie mit sich brachten, würde leben können. Seit all diesen Ereignissen waren beinahe zwanzig Jahre vergangen, und die Zeit hatte mich zum reinen Zuschauer verdammt in einem Stück, in dem die Fäden meines Schicksals gesponnen worden waren.
    Als ich geendet hatte, bemerkte ich, dass mich Bea besorgt und beunruhigt anschaute. Ihre Gedanken waren unschwer zu erraten.
    »Ich habe meinem Vater versprochen, diesen Mann, Valls, nicht zu suchen, solange er lebt, und auch sonst nichts zu unternehmen«, fügte ich hinzu, um sie zu beruhigen.
    »Solange er lebt? Und danach? Hast du nicht an uns gedacht? An Julián?«
    »Natürlich habe ich an euch gedacht. Und du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, log ich. »Nach dem Gespräch mit meinem Vater ist mir klargeworden, dass das alles vor sehr langer Zeit passiert ist und sich nicht ungeschehen machen lässt.«
    Bea schien wenig überzeugt von meiner Aufrichtigkeit.
    »Das ist die Wahrheit«, log ich abermals.
    Einige Momente hielt sie meinem Blick stand, aber das waren die Worte, die sie hören wollte, und schließlich erlag sie der Versuchung, ihnen zu glauben.

2
    Am selben Nachmittag, während der Regen weiter auf die menschenleeren Straßen mit ihren Pfützen niederprasselte, zeichnete sich vor dem Eingang der Buchhandlung die finstere, von der Zeit zerfressene Gestalt Sebastián Salgados ab. Die Lichter der Krippe über dem Gesicht, beobachtete er uns mit seinem unverwechselbaren gierigen Blick durchs Schaufenster. Er steckte im selben, jetzt allerdings klatschnassen Anzug wie bei seinem ersten Besuch. Ich ging zur Tür und machte auf.
    »Reizend die Krippe«, sagte er.
    »Wollen Sie nicht reinkommen?«
    Ich hielt ihm die Tür auf, und er humpelte herein. Nach wenigen Schritten blieb er stehen, auf den Stock gestützt. Hinter dem Ladentisch schaute ihn Fermín misstrauisch an. Salgado lächelte.
    »Wie lange ist das her, Fermín …«, sagte er.
    »Ich hatte angenommen, Sie wären gestorben«, antwortete Fermín.
    »Dasselbe dachte ich von Ihnen, so wie alle. Es ist uns ja auch so erzählt worden. Man habe Sie bei Ihrem Fluchtversuch geschnappt und mit einem Schuss erledigt.«
    »Damit kann ich leider nicht dienen.«
    »Wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll, hatte ich immer die Hoffnung, Sie seien entwischt. Sie wissen ja, Unkraut …«
    »Sie rühren mich zu Tränen, Salgado. Wann sind Sie denn rausgekommen?«
    »Vor etwa einem Monat.«
    »Sie werden mir ja nicht weismachen, Sie seien wegen guter Führung entlassen worden.«
    »Ich glaube, sie hatten einfach das Warten darauf satt, dass ich sterbe. Wissen Sie, dass ich begnadigt worden bin? Das habe ich auf einem von Franco höchstpersönlich unterschriebenen Dokument.«
    »Ich nehme an, Sie haben es rahmen lassen.«
    »Es nimmt einen Ehrenplatz ein – über der WC-Schüssel, für den Fall, dass mir das Papier ausgeht.«
    Salgado trat einige Schritte näher an den Ladentisch heran und deutete auf den Stuhl in einer Ecke.
    »Macht es Ihnen was aus, wenn ich mich setze? Ich bin es noch nicht gewohnt, mehr als zehn Meter geradeaus zu gehen, und werde leicht müde.«
    »Fühlen Sie sich wie zu Hause«, forderte ich ihn auf.
    Salgado ließ sich auf den Stuhl fallen und atmete tief, während er sein Knie massierte. Fermín schaute ihn an wie eine Ratte,

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