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Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Titel: Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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rufen?«, fragte ich.
    Erschrocken ließ der Spitzbube den Koffer los und verschwand in Richtung der Bahnsteige. Ich trug ihn zu meiner Bank, und nachdem ich festgestellt hatte, dass ich unbeobachtet war, öffnete ich ihn.
    Er war leer.
    Erst jetzt hörte ich den tumultartigen Lärm beim Ausgang. Ich stand auf und sah durch die Scheiben, wie sich die Zivilgardistenstreife einen Weg durch einen Kreis von Gaffern bahnte. Nun sah ich Fermín auf dem Boden kauern, Salgado in den Armen haltend. Der Alte hatte die Augen in den Regen geöffnet. Eine Frau, die eben die Halle betrat, hielt sich die Hand an den Mund.
    »Was ist denn passiert?«, fragte ich.
    »Ein armer Greis, der bewusstlos hingefallen ist …«, sagte sie.
    Ich ging hinaus und näherte mich langsam der Gruppe der Gaffer. Fermín blickte auf und wechselte einige Worte mit den Zivilgardisten. Einer von ihnen nickte. Da schlüpfte Fermín aus dem Mantel und legte ihn über die Leiche, so dass Salgados Gesicht zugedeckt war. Als ich dazukam, sah ich unter dem Mantel eine Hand mit drei Fingern hervorlugen, und in der Handfläche lag ein Schlüssel, der im Regen glänzte. Ich hielt den Schirm über Fermín und legte ihm die Hand auf die Schulter. Langsam schritten wir davon.
    »Geht es Ihnen gut, Fermín?«
    Mein Freund zuckte die Schultern.
    »Gehen wir nach Hause«, sagte er nur.

4
    Wir verließen das Bahnhofsgelände. Ich zog den Regenmantel aus und legte ihn Fermín über die Schultern. Mein Freund schien nicht zu großen Spaziergängen fähig, und so hielt ich ein Taxi an. Ich half Fermín hinein, schloss die Tür und stieg auf der anderen Seite selbst ein.
    »Der Koffer war leer«, sagte ich. »Irgendjemand hat Salgado hereingelegt.«
    »Wer einen Dieb beklaut …«
    »Wer mag es gewesen sein, was glauben Sie?«
    »Vielleicht der, der ihm gesagt hat, ich habe seinen Schlüssel, und ihm auch erklärt hat, wo ich zu finden bin«, sagte er leise.
    »Valls?«
    Fermín seufzte niedergeschlagen.
    »Ich weiß es nicht, Daniel. Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich denken soll.«
    Ich bemerkte den wartenden Blick des Taxifahrers im Rückspiegel.
    »Zur Plaza Real, von der Calle Fernando aus«, sagte ich.
    »Fahren wir nicht zum Laden zurück?«, fragte Fermín, dem alle Energie aus dem Körper gewichen zu sein schien, selbst für eine Diskussion über eine Taxifahrt.
    »Ich schon. Aber Sie gehen zu Don Gustavo und verbringen den Rest des Tages bei der Bernarda.«
    Schweigend fuhren wir durch ein im Regen verschwimmendes Barcelona. Als wir in der Calle Fernando bei den Bögen ankamen, wo ich Fermín Jahre zuvor kennengelernt hatte, bezahlte ich die Fahrt, und wir stiegen aus. Ich begleitete ihn bis vor Don Gustavos Haustür und umarmte ihn.
    »Passen Sie auf sich auf, Fermín. Und essen Sie etwas, sonst bohren Sie der Bernarda in der Hochzeitsnacht noch einen Knochen in den Leib.«
    »Seien Sie unbesorgt. Wenn ich wirklich will, kann ich schneller zunehmen als ein Sopran. Sowie ich oben bin, stopfe ich mich mit den Staubküchlein voll, die Don Gustavo bei Quílez kauft, und morgen bin ich ein regelrechter Dicksack.«
    »Das werden wir ja sehen. Grüßen Sie mir die Braut.«
    »Ich werd’s ausrichten, obwohl ich mich bei dieser juristisch-administrativen Situation schon in Sünde leben sehe.«
    »Davon kann keine Rede sein. Wissen Sie noch, was Sie mir einmal gesagt haben? Dass das Schicksal keine Hausbesuche macht, sondern dass man zu ihm gehen muss?«
    »Ich gestehe, dass ich das aus einem Buch von Carax hatte. Es klang so schön.«
    »Ich habe es jedenfalls geglaubt und glaube es immer noch. Und darum sage ich Ihnen, dass es Ihr Schicksal ist, die Bernarda nach allen Regeln der Kunst und am vorgesehenen Tag zu heiraten, mit Pfaffen, Reis, Namen und Vornamen.« Mein Freund schaute mich skeptisch an. »So wahr ich Daniel heiße, heiraten Sie mit Glanz und Gloria«, verhieß ich Fermín, der so niedergeschlagen war, dass ihn wahrscheinlich weder ein ganzes Paket Sugus-Bonbons noch ein Streifen im Kino Fémina mit einer Kim Nowak in spitzer, die Schwerkraft herausfordernder Brassière aufgemuntert hätte.
    »Wenn Sie meinen, Daniel …«
    »Sie haben mir die Wahrheit zurückgegeben«, sagte ich. »Ich werde Ihnen den Namen zurückgeben.«

5
    Als ich an diesem Nachmittag in die Buchhandlung zurückkam, begann ich meinen Plan zur Rettung von Fermíns Identität umzusetzen. Als ersten Schritt machte ich mehrere Telefonanrufe aus dem Hinterzimmer und entwarf einen

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