Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)
neue Liebe empört. Aus seiner Sicht sind alle Russen Kommunisten und fremdgehende Frauen Huren. Er enterbt seinen Sohn, Dalí zieht mit Gala nach Paris und heiratet sie 1934 .
Dort werden die beiden zum »Dreamteam« des surrealen Weltmarktes. Die Muse Gala macht aus Dalí eine lukrative internationale Einnahmequelle, organisiert weltweit seine Ausstellungen, leitet Verkaufsgespräche, bereitet ihn auf Interviews vor. Eines seiner berühmtesten Werke, »Die Beständigkeit der Erinnerung«, zeigt seine Todesängste, zerfließende Taschenuhren. Am liebsten porträtiert er nun – nackt oder halbnackt – seine als »Göttin« verehrte Gala. Sie betrügt ihn mit Max Ernst, mit ihrem Ex und unzähligen Jünglingen. Dalí toleriert alles, erklärt das im New Yorker MoMA bei einem Vortrag über »Der gespenstische Surrealismus des Ewigweiblichen«. In London spricht er aus einem Tiefseetaucheranzug heraus über »Das paranoide Unterbewusstsein«.
Sigmund Freud
, den er in London trifft, erklärt er an seinem Bild »Metamorphose des Narziss« das Unbewusste. Dalí bleibt während des Zweiten Weltkriegs mit Gala in den USA , entwirft für
Alfred Hitchcock
Traumsequenzen im Film »Spellbound« und verarbeitet die Hiroshima-Bombe in Bildern wie »Melancholische Uranidylle«. Um schneller zu noch mehr Geld zu kommen, signiert Dalí manchmal 1000 weiße Blätter blanko an einem Tag.
DALI UND DER SELBSTVERSUCH EINER IDEE
1948 zieht Salvador Dalí mit seiner Gala wieder an die Costa Brava nach
Portlligat
. Ein Fischerdorf-Idyll nahe dem Künstlerort Cadaqués mit weiß gekalkten Häusern nördlich von Barcelona. Wenn im Sommer die Urlauber kommen, flüchten Dalí und Gala alljährlich für einen Monat ins Fünf-Sterne-Hotel
Maurice
nach Paris. Dort lässt er sich schon mal zwecks Motivsuche eine Schafherde in die Suite treiben. Oder er schießt aus einer alten Jagdbüchse Farbpatronen auf die Leinwand und erkennt dann Engelsflügel auf dem Bild.
Kunstkritiker sind sich bis heute nicht einig: Will das Genie nur auffallen und sich vermarkten? Das wäre ein typischer Charakterzug eines typischen Katalanen. Oder lebt da einer den Unwirklichen, den Surrealisten, in sich selbst aus? Dalí im Selbstversuch seiner Idee? Er ist wie er ist, bis zum Tod seiner vergötterten Gala 1983 malt er noch. In den Jahren danach vegetiert er nur noch unwirklich dahin, bis zu seinem Herzversagen 1989 . Doch ein Genie stirbt nicht. Die geldorientierten Katalanen an der Costa Brava bauen ihm gleich drei Museen: Das Schlösschen in
Pubol
, das er seiner Gala schenkte, ist heute ein kleines Museum mit spinnenbeinigen Elefanten am Pool, den Couture-Kleidern Galas und bizarren Möbeln. In
Portlligat
zeigt sein Haus die bizarre Welt des Künstlers, mit Atelier, Pool und Eier auf dem Dach. Freunde des Surrealismus kommen im Teatre-Museu-Dalí in Figueres am besten auf ihre Kosten: Unter der blau schimmernden Glaskuppel fasziniert viel verrückte Kunst wie ein Mae-West-Gemälde, ein biegsames Metallkruzifix, das berühmte »Regentaxi« und kitschige Wandgemälde.
Unter einer Bodenplatte ist der einbalsamierte Salvador Dalí bestattet, in eine Tunika gehüllt. Testamentarisch hat er festgelegt, dass sein Leichnam mindestens 300 Jahre überdauern müsse.
GEORGE ORWELL
1903 – 1950
Er kam nach Barcelona, um zu kämpfen. Gegen die Ungerechtigkeit, den Faschismus, vor allem gegen Franco. Und am Ende wollten die Kommunisten den englischen Schriftsteller und Sozialisten umbringen.
S tadtplanung bedeutet manchmal, dass man irgendwo was besser macht, als Konsequenz daraus aber irgendwo was schlechter wird. So geschehen in Barcelona im Barri Gòtic. Einen der prächtigsten Plätze gleich neben der Rambla dels Caputxins, die Plaça Reial, sanierten die Stadtväter Anfang der 80 er-Jahre sehr gründlich von schummrigen Jazzkneipen, Taschendieben, aggressiven Dealern, Junkies und den dazugehörigen Dirnen und Zuhältern. Der »Reial« mit seinen beiden Gaudí-Laternen ist heute ein Vorzeigeplatz für touristische Kameras. Die halbseidene beziehungsweise kriminelle Karawane aber zog weiter und siedelt bis heute an einer Plaça, die rund um die Uhr von Big Brother überwacht wird.
Sonnenstrahlen treffen selten diesen dreieckigen Platz in der dunkelsten Ecke des Gotischen Viertels hinter einer Nebenstraße der Carrer Escudellers in Richtung Hafen. Eher schon die Strahlen der vielen Überwachungskameras. Die Laternen an den zerbröselnden Hauswänden leuchten
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