Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition)
Für diesen Moment glaubte Jacharthis, es lediglich mit einer optischen Illusion zu tun zu haben. Feine Rauchkringel stiegen entlang der Schnitte auf, wo die Waffen die Arme abtrennten. Doch schon im nächsten Moment schlossen sich die klaffenden Spalten, als hätten die Dolche die Kreatur nie berührt. Die Klauen fegten ungebremst heran und über die Brust des Elfen. Sie zerfetzten sein Hemd und rissen seine Haut auf.
Jacharthis zwang sich, nicht instinktiv zurückzuweichen und stieß seine Waffen vor und nach oben. Erneut traf er auf keinen Widerstand. Seine Hände fuhren bis zu den Gelenken in die Erscheinung wie durch dichten Nebel. Jacharthis führte die Bewegung weiter und schlug seine Arme durch den Körper und den Kopf des Dämons. Sehnen und Knochen schienen sich zu verwinden. Groteske Verwirbelungen verzerrten die Konturen, als hätte der Elf in eine Gestalt aus Rauch geschlagen. Jacharthis fühlte keine greifbare Materie. Es war, als schlüge er in die Luft. Doch eine Kälte kroch in seine Glieder, sodass seine Arme taub wurden, noch ehe er die Bewegung vollenden und sie durch den Kopf der Kreatur reißen konnte. Es war eine Kälte, die seine Lebenskraft zu rauben schien – die Kälte des Todes.
Jacharthis wollte sich zurückziehen, stolperte und fiel rückwärts zu Boden. Benommen blieb er liegen, wissend, dass der Sturz ihm letztendlich das Leben gerettet hatte, da er ihn aus der verzehrenden Umarmung jener diabolischen Kälte befreit hatte.
Über ihm hatte der Dämon bereits wieder seine feste Gestalt angenommen. Jacharthis wollte aufstehen, um sich ihm erneut zu stellen. Er hielt immer noch die Dolche umklammert, doch er musste feststellen, dass er seine Arme nicht spürte und auch nicht kontrollieren konnte.
»Berührt es nicht!«, schrie er den Anderen zu, damit sie seinen Fehler nicht wiederholten.
In der Zwischenzeit hatte sich Cirano wieder aufgerappelt. Mit einem wütenden Schrei brach er eine Holzlatte aus der Schlachtbank, nahm sie wie einen Prügel und schlug gegen den Dämon. Er hatte beobachtet, welche Spuren seine Axt und auch die Dolche des Elfen bei der Kreatur hinterlassen hatten, und er hatte vor, die Gestalt so weit zu verwirbeln, bis der Zusammenhalt der Magie brach.
Doch der Dämon packte die Holzlatte mit den Klauen und entriss sie Ciranos Händen mit einer Kraft, der selbst der Krieger nicht gewachsen war.
»Wir können es nicht erschlagen!«, rief Aster und sprach damit nur aus, was alle anderen bereits dachten. »Doch wie können wir etwas besiegen, das wir nicht treffen?«
»Gar nicht«, murmelte Sindra für sich. Sie saß dicht an die Wand gedrückt. Hier hatte sie sich in Sicherheit geglaubt, geschützt durch Aster und Linara, die mit gezogenen Schwertern vor ihr standen. Doch der Halbling hatte gesehen, was Jacharthis widerfahren war, wie die Klauen der Kreatur einfach durch seine Verteidigung gedrungen waren, als wären die Waffen gar nicht existent. Genau so würde der Dämon jeden und alles durchdringen, wohinter auch immer Sindra sich zu verkriechen gedachte.
Sie sah die Treppe hoch, an deren oberen Ende Imares verschwunden war, und spielte mit dem Gedanken, ihm zu folgen. Ja, sie konnte es durchaus mit ihrem Gewissen vereinbaren zu fliehen. Ihren Freunden würde sie nicht helfen, wenn sie blieb, nur um zu sterben. Doch Sindra zweifelte nicht daran, dass die Bestie auch die Decke des Kellers durchdringen könnte, nur um sie heimzusuchen. Letztendlich war sie es gewesen, die den Dämon befreit hatte. Und solch eine Tat hatte immer Konsequenzen. Immer, in jeder Geschichte, die von Beschwörungen der Dämonen erzählte und die Sindra je gehört hatte, jagte die Kreatur denjenigen, der sie erweckt hatte. Sie tötete ihn früher oder später, doch immer, bevor es dem tapferen Helden gelang, sie zu bannen.
Sindra sah zu dem Elfen, der immer noch auf dem Boden lag. Er war zweifellos kräftig, viel stärker als sie es war, doch er war geschlagen. Wie leicht würde der Dämon die kleine Sindra zerreißen?
Sindra zog den Kopf zwischen die Schultern, als erwarte sie bereits jetzt den tödlichen Schlag.
Da fiel ihr Blick auf einen kleinen, glitzernden Gegenstand, der vor ihr auf dem Boden lag. Es war die Brosche. Sindra hatte die Schatulle samt dem Schmuckstück fallen lassen, als der Dämon erschienen war. Nun grapschte sie nach dem glitzernden Ding. Die Edelsteine leuchteten wie von einem inneren Feuer.
Sindra kam eine Idee. Sie packte die Brosche fest, stand auf und
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