Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition)
erledigen!
Sindra stürzte rückwärts.
Das Quietschen wurde übertönt von dem Getose zusammenbrechender Regale. Holzbretter und kleine Gegenstände prasselten auf das Halbling-Mädchen herab, das schützend die Arme über den Kopf schlang und entsetzt kreischte.
Der Krach legte sich. Nur Sindra schrie immer noch.
»Ihr habt tatsächlich eine Geheimkammer gefunden!«, drang Jacharthis’ Stimme verzerrt zu ihr durch.
»Was hab ich?«, unterbrach sie ihr Geschrei und wagte einen Blick zwischen ihren verschränkten Armen hindurch.
Sie hockte in einer Nische. An den Wänden waren Befestigungen für Regalbretter sichtbar. Der Boden war bedeckt mit verstaubten Latten. Dazwischen lagen kleine Holzkästchen. Sie waren allesamt von annähernd gleicher Größe und mit feinen Einlegearbeiten verziert. Sindra nahm eines in die Hand und klappte den Deckel hoch.
Die Schatulle enthielt eine fein gearbeitete, edelsteinbesetzte Brosche und eine Phiole mit einer trüben Flüssigkeit.
Sindra, die gar nicht wissen wollte, welches sonderbare Gebräu der Ogerschamane hier aufbewahrt hatte, nahm das Glasröhrchen und warf es in eine Ecke.
»Nicht!«, warnte Jacharthis. Doch da war es schon zu spät.
Die Phiole zerbarst an der Wand. Ein feiner Sprühregen verteilte sich ringsum. Wo die Flüssigkeit auftraf, begannen dünne Rauchkringel aufzusteigen. Sie woben ein enges Muster ineinander und vereinigten sich zu einer wabernden Wolke, die sich weiter verdichtete und wuchs. Sie streckte und dehnte sich pulsierend.
Die Gefährten wichen an die Treppe zurück und Imares begann bereits hinaufzusteigen. Er wollte nicht warten, bis die unheimliche Substanz ihre Verwandlung vollzogen hatte. Denn starke Magie war hier am Werk, das spürten alle Anwesenden ganz deutlich.
Etwas nahm vor ihnen Gestalt an, etwas Böses.
Linara hob die Zwillingsschwerter, obgleich sie bezweifelte, dass sie die Magie mit Waffengewalt zurückdrängen könnte. Zögernd näherte sie sich dem stetig dichter werdenden Nebel. Sie beabsichtigte, ihre Klingen hindurchzustoßen, um den Zauber zu stören und die Materialisierung zu unterbrechen. Doch jeder Schritt, den sie näher trat, widerstrebte ihr mehr als der vorangegangene. Sie spürte, wie sich ihre magische Natur gegen die dunkle Energie wehrte, die in der Wolke lauerte wie ein unendlicher Abgrund. Grauen vor der Kraft, der sie sich gegenübersah, stieg in Linara hoch. Sie versuchte es niederzuringen und zwang sich zu einem weiteren Schritt.
Jacharthis ergriff sie am Arm. »Tut es nicht.« Mehr sagte er nicht, nannte weder Grund noch Konsequenzen. Doch der Tonfall seiner Stimme genügte und Linara wich wieder zurück.
Da blähte sich der Nebel auf, sodass er fast die gesamte Breite des Raumes ausfüllte.
Die Gefährten schrien auf, prallten zurück an die Wand und gegeneinander. Im nächsten Moment zog sich die Masse zusammen, als wolle sie implodieren und alles in die Dunkelheit ihres Inneren saugen. Der Nebel wurde zu einer dichten Substanz und nahm scharf begrenzte Konturen an.
Dürre Klauen reckten sich. Die Glut feuriger Augen entfachte in einem kantigen Schädel. Zwei Schwingen Materie gewordener Dunkelheit entfalteten sich und brachten die Kreatur mit einem einzigen kräftigen Schlag in die Luft.
Den Rachen weit aufgerissen, stieß der Dämon einen unirdischen Schrei aus, der die Gefährten bis ins Innerste der Knochen peinigte. Dann war er über ihnen und hieb mit den langen Klauen auf sie ein.
Cirano reagierte als Erster. Er packte seine Axt fest mit beiden Händen und führte einen hohen Hieb gegen eine der Schwingen. Die Waffe glitt durch die Schwärze, ohne Schaden anzurichten. Cirano, der mit Widerstand gerechnet hatte, stolperte, getragen durch seinen eigenen Schwung, vorwärts. In dem Moment stieß die Kreatur auf ihn herab und grub ihre nadelspitzen Zähne in seine Schulter. Der Krieger brüllte vor Wut und Schmerz, ließ sich fallen und rollte auf den Rücken, um die Bestie abzuschütteln.
Die Kreatur stieg wieder hoch, um erneut herabzuschnellen.
Da sprang Jacharthis vor, direkt zwischen den Dämon und den am Boden liegenden Krieger. Die Dolche hatte er vor sich in einer abwehrenden Haltung gekreuzt.
Die Bestie schoss auf ihn zu und schlug mit den dürren Armen gegen seine Verteidigung. Der Elf spannte sich, bereit für den Schlag, wenn die Kreatur gegen seine Dolche traf. Doch die Klingen glitten durch die Gliedmaßen des Dämons, als wäre er überhaupt nicht vorhanden.
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