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Bardo - Rueckfahrkarte Leben Tod

Titel: Bardo - Rueckfahrkarte Leben Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Portier
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ist er ja!«
    Ein Bracke mit hellem Fell läuft im Gegenlicht auf sie zu. Geblendet kneift Anne die Augen zusammen und beschirmt sie mit der Hand.
    »Das ist doch Hector!«
    »Natürlich ist das Hector.«
    Der Großvater setzt Anne im Sand ab, kniet sich vor sie, umfasst ihre Schultern und starrt sie an.
    »Fühlst du dich wohl, Anne?«
    Anne blickt ihm einige Sekunden lang in die Augen.
    »Ja … ich fühle mich sehr wohl.«
    Sie nimmt seine Hände, ballt sie zu Fäusten und drückt diese fest gegen ihr Herz. Behutsam löst er die eine und legt die Handfläche auf ihre Stirn, um nachzuprüfen, ob Anne kein Fieber hat. Sie lächelt ihm zu.
    »Mach dir keine Sorgen. Es geht mir gut. Ich bin einfach glücklich, mit euch zusammen zu sein, das ist alles.«
    Der Hund schließt sich ihnen an, einen Stock im Maul. Er deponiert ihn vor Annes Füßen, weicht einen guten Meter zurück und bringt sich in Wartestellung. Der Großvater hebt das Stück Holz auf und wirft es weit weg. Hector rennt los.
    Anne und ihr Großvater schauen zu, wie er sich entfernt.
    »Er wird doch zurückkommen, oder?«

    Der alte Mann betrachtet sie ein wenig besorgt, zieht einen Stoffhut aus der Hosentasche, faltet ihn auseinander, setzt ihn Anne auf den Kopf und klopft leicht dagegen.
    »Aber natürlich wird er zurückkommen. Was hast du, Anne? Du stellst vielleicht seltsame Fragen … Überhaupt die Art, wie du redest. Was ist mit dir?«
    »Und du, bist du auch tot?«
    Ihr Großvater steht auf und runzelt die Stirn.
    »Seh ich so aus, als wär ich tot?«
    »Nein. Und ich, seh ich so aus, als wär ich tot?«

    Das widergespiegelte Sonnenlicht glitzert auf der Oberfläche des Wassers, das frisch und regelmäßig plätschert. Zwei zarte Händchen lassen sich tragen von den schwachen Wellen, die den alten weißen Rumpf umschmeicheln. Die kleine Anne liegt auf dem hölzernen Vordeck des Segelboots, die Schultern zwischen einer Want und der Schot des Focksegels.
    »Schau doch!«
    Die Ruderpinne zwischen die Beine geklemmt, hat sich der Großvater am Heck aufgerichtet. Er hat ihr den Rücken zugekehrt. Seine Angelrute biegt sich. Er spult die Leine so schnell wie möglich auf. Hector hüpft ihm vergnügt um die Füße.

    »Das da muss ein großer Fisch sein!«
    Anne befreit sich aus ihren Seilgurten und steht auf. Das Segelboot schwankt. Aus dem Gleichgewicht gebracht, lässt sich der Großvater mit dem Gesäß auf die gegenüberliegende Bordwand fallen, während er seine Schnur weiter aufrollt. Ein stattlicher Seebarsch erscheint an der Oberfläche. Er springt hoch, taucht wieder unter, steigt erneut empor, verzweifelt bemüht, sich loszureißen. Der Großvater wirft die Angel ins Innere des Boots, ergreift die Nylonschnur und zieht den Fisch aus dem Wasser. Hector kläfft vor Freude, gestikuliert in alle Richtungen. Der Großvater packt den Barsch an den Kiemen und entfernt äußerst geschickt mit einem kurzen Handgriff den Angelhaken. Anne hält sich am Mastbaum fest und betrachtet ihn fasziniert. Stolz hebt er seine Trophäe in die Höhe. Er wirkt abgespannt, seine Haut fahl.
    »Er ist prächtig, nicht wahr?«
    Die Haare im Wind, stimmt Anne lächelnd und voller Bewunderung zu. Der Fisch wehrt sich, zappelt, entgleitet den Händen des Fängers und findet sich schließlich im Wasser wieder. Hector springt ihm hinterher und nimmt die Verfolgung auf. Anne lacht aus vollem Halse. Beleidigt ruft ihr Großvater ihn mit schroffer Stimme zurück.
    »Hector, komm sofort hierher!«

    Kleinlaut winselnd, paddelt der Hund in Kreisen durchs Wasser. Anne muss immer noch schallend lachen. Ihr Großvater beobachtet sie, zufrieden mit der Wirkung, die er erzielt hat.

    Die Vorhänge in Annes Kinderzimmer sind zugezogen. Es herrscht völliges Dunkel. Die kleine Anne liegt rücklings in ihrem Bett. Reglos lauscht sie dem Gespräch ihrer Eltern im Zimmer nebenan. Rose schluchzt.
    »Aber warum hat er uns nicht angerufen? Warum hat er nichts gesagt?«
    John antwortet ihr mit ernster Stimme.
    »Keine Ahnung... Vielleicht, weil wir zu weit weg gewohnt haben? Oder damit wir uns keine Sorgen um ihn machen … So war er eben, das weißt du sehr wohl …«
    Rose lacht höhnisch und schnieft.
    »Damit wir uns keine Sorgen um ihn machen, du hast gut reden! Ein Egoist, das war er! Dreißig Jahre lang hat er mich emotional erpresst. Was für ein Saukerl! Ah, das soll er jetzt in Ruhe auskosten.«
    Anne dreht sich abrupt im Bett um und vergräbt den Kopf unter ihrem Kissen.

     
    Eine

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