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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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es Zeit für eine Pause war, und genau in dem Moment tauchte das Schild auf.
     
    Café Freiheit, 500 Meter

     
    Ich blinkte, und eine halbe Minute später hatte ich die Autobahn verlassen.

    3

    Intermezzo im Café Freiheit

    Der Weg verengte sich und führte hinunter. In einer lang gestreckten Kurve fiel er zu einem Fluss hinab, der sich durch die offene Landschaft schnitt. Plötzlich war ich in einem Nebel, der mich fast zu einer Vollbremsung zwang. Die Sicht betrug höchstens noch zehn Meter. Ich rollte mit größter Vorsicht weiter, das eine Auge am Straßenrand, um mich zumindest auf der richtigen Seite zu halten. Was sich in diesem dichten Nebel verbarg, wie die Landschaft aussah, was vor mir lag, davon hatte ich nicht die geringste Vorstellung. Ich war von dieser konturlosen, grauweißen Decke eingehüllt und umschlungen.
    Eingeschlossen und ausgeschlossen.
    Die Kurven wechselten einander ab. Mal nach rechts, mal nach links. Angespannt saß ich über das Lenkrad gebeugt da und spähte, so gut es ging, hinaus, um nicht das feuchte Asphaltband aus den Augen zu verlieren. Darüber hinaus schien die Straße auch noch immer schmaler zu werden, was vielleicht nur eine Illusion war, trotzdem hatte ich den Eindruck, als würde ich mich langsam in etwas Schmales, Enges hineinbegeben, etwas, das nach und nach schrumpfte und das in nichts anderem als in einer Sackgasse enden konnte.
    Es ist schwer zu sagen, wie lange ich in diesem Nebel fuhr. Während es sich ereignete, erschien es mir unendlich lang, trotz des erdrückenden Gefühls des Schrumpfens und Verdrängens. . . und als ich endlich heraus kam, schätzte ich die vergangene Zeit sicher zwischen einer und zwei Stunden.
    Jetzt, im Nachhinein, wenn ich zurückschaue, bin ich eher geneigt, sie in Minuten zu berechnen. Fünfzehn. Vielleicht zwanzig.
    Unser Eindruck von Zeit ist so abhängig vom Raum.
    Verstehen Sie, was ich meine? Ich möchte Sie in keiner Weise unterschätzen, aber andererseits auch nicht zu viel voraussetzen.
    Im Nebel gibt es keinen Raum, meine ich. Zweifellos existiert ein festes Verhältnis, in dem Zeit und Raum einander austarieren, ein Verhältnis, das zum Beispiel mit Hilfe von Belinskijs Koeffizient einen Fingerzeig darauf geben kann, wie lange Zeit ich in einem bestimmten Raum zubringe, um eine korrekte Vorstellung davon zu erhalten. Es dauert einfach länger, eine Wüste zu erforschen als, sagen wir, eine Truhe.
    Möglicherweise beschäftigten mich genau solche Gedanken, als ich im Schritttempo durch den Nebel auf das Café Freiheit zurollte, und sicher erinnerte ich mich an Bergson und an Hillard. Das Café selbst hatte ich jedenfalls fast vollkommen vergessen, in erster Linie wünschte ich nur, dass dieser ewige, wabernde, undurchdringliche Nebel irgendwann aufhören würde. Café oder nicht, das war mir herzlich gleichgültig.
     
    Dann tauchte es auf.
    Nach einer Steigung von nur knapp zehn Metern war der Nebel wie weggefegt. Ich lehnte mich zurück und entspannte mich. Spürte eine unmittelbare Starre in den Schultern und wollte gerade die Fahrt beschleunigen, als ich das große Haus mit den weißen Buchstaben auf dem Giebel sah:

    CAFÉ FREIHEIT
SERVICE ALLER ART
HERZLICH WILLKOMMEN

    Ich fuhr zwischen mannshohen Zaunpfählen hinein und parkte dicht an der Wand, neben einem alten, ziemlich mitgenommenen Amerikaner. Schwarzweiß, reichlich verrostet. Ich stieg aus und streckte mich. Von den Schaukeln auf der Häuserrückseite war ein Quietschen zu hören, Schreie und Lachen. Zwei gefleckte Pferde weideten in einer Umzäunung hinter einem symbolischen Gatter. Aus dem Misthaufen neben der Scheune stieg Dunst auf. Eine Katze kam heran und strich um meine Beine.
    Ich folgte einem handgemalten Schild. Nahm die Treppe mit zwei Schritten und trat durch die Tür. Über der eine helle Glocke meine Ankunft verkündete.
    Die Frau hinter dem Tresen sah aus, als wäre sie in den Vierzigern, und ich begriff sofort, dass sie auf mich gewartet hatte. Sie war schön, aber nicht auf diese sofort ins Auge fallende Art. Ihr Haar war dunkel und dicht, halblang und glänzend, und rahmte ein Gesicht mit markanten Zügen und fülligem Mund ein. Die Kleidung bestand aus einer roten Synthetiksache, die sich eng an Hüften und Brüste schmiegte. Groß, aber nicht schwer. Vermutlich hatte sie nie gestillt. Ich hörte Rufe und Lachen von den Schaukeln.
    Sehr schnell, noch bevor wir miteinander sprachen, noch bevor unsere Augen sich begegneten, wusste ich, dass

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