Barins Dreieck
Friedendorff und ich mit Trikots?
Ich kann es mir nur schwer verzeihen. Ich hätte die Sache anpacken müssen, bevor es zu spät war.
Als es noch möglich war.
7
Bernard Der Eindringling im Arbeitszimmer
Drei Wochen vergingen. Der Dezember kam mit Regen und nördlichen Winden. Ein paar Tage lang hatten wir Besuch von einem gemeinsamen alten Freund, Bernard, und ausnahmsweise verbrachten Mima und ich die Abende zusammen.
Vielleicht müsste betont werden, dass meine Frau und ich nichts unausgesprochen zwischen uns haben stehen lassen. Auch wenn wir nicht mehr so richtig wie Mann und Frau miteinander leben, so haben wir doch eine harmonische und gut funktionierende Beziehung zueinander. Wir haben eine gemeinsame Kasse, im Großen und Ganzen zumindest, und wir wohnen in der gleichen Wohnung – in der alten Fünf-Zimmer-Wohnung, in der unsere Kinder aufgewachsen sind und in der sich fast unsere gesamte gemeinsame Geschichte abgespielt hat. Unsere Sicherheit ist hier, unsere vertrauten, eingesessenen Möbel, unsere Bücher, unsere Bilder, unsere Fotoalben. Unsere Flugzeugschwinge aus dem Ersten Weltkrieg.
Helmut, unser Sohn, behauptete zwar während eines kürzeren Besuchs und bei einem Meinungsaustausch einmal, wir würden im Museum unseres Lebens leben, aber Helmut und auch seine Schwester haben immer schon die Tendenz gehabt, Dinge zu übertreiben. Vielleicht gehört das ja zur Jugend.
Oder sagte er Mausoleum?
Wie dem auch sei, Bernards Besuch bedeutete eine willkommene Unterbrechung der Routine. Wir nahmen gemeinsame Mahlzeiten zu uns, was sonst nur in Ausnahmefällen geschieht, wir tranken einige gute Weine, und wir saßen zusammen in den Sesseln und sprachen über verflossene Zeiten. Ich glaube, Bernard hegt immer noch eine alte Jugendliebe für Mima, aber ich habe die Frage danach niemals gestellt, und wir haben uns diesem Thema nie genähert. Auf jeden Fall bin ich mir sicher, dass Mima wie auch Bernard diese Abende ebenso schätzten wie ich.
An dem Morgen, als Bernard wieder abfahren wollte – er wohnt seit vielen Jahren oben in G-lingen, draußen an der Küste –, fuhr ich ihn zum Bahnhof. Bernard hatte schon immer Angst vorm Fliegen, seit einem kleineren Unfall in seiner Kindheit, und er fährt fast ausnahmslos mit der Eisenbahn, ganz gleich zu welcher Zeit und welcher Gelegenheit.
Nachdem ich ihn in den Zug gesetzt und ihm zum Abschied gewinkt hatte, beschloss ich – nach einem gewissen Zögern –, direkt in die Schule zu fahren. Es waren zwar noch eineinhalb Stunden bis zu meiner ersten Unterrichtsstunde, aber ich hatte ein paar noch nicht korrigierte Arbeiten auf dem Schreibtisch liegen und konnte sie ebenso gut jetzt durchgehen und mir damit ein wenig Abendarbeit ersparen.
Es ist möglich, das kann ich ohne Probleme gleich zugeben, dass ich an diesem Morgen nicht in allerbester Form war. Drei späte Abende hintereinander mit Wein und Zigaretten hinterlassen natürlich ihre Spuren, auch wenn wir uns nicht gerade irgendwelchen Exzessen hingegeben hatten.
Vielleicht war es auch nur der fehlende Schlaf selbst, der dazu führte, dass ich ein gewisses Prickeln im Körper spürte und es hinter den Augen brannte, als ich ins Lehrerzimmer trat. Ich hängte meinen Mantel auf und holte mir eine Tasse schwarzen Kaffee aus der Kantine. Schaute die Post in meinem Fach durch und begab mich dann auf den Weg zu meinem Arbeitstisch im historischen Flügel.
Die erste Stunde war im Gang, es summte hinter den Türen, und wenn ich jetzt wieder daran denke, kann ich mit Sicherheit sagen, dass ich auf keinen einzigen Menschen mehr gestoßen bin, nachdem ich meinen Fuß ins Lehrerzimmer gesetzt hatte. Weder dort noch in der Kantine, noch auf den Fluren.
Dagegen weiß ich heute nicht mehr, ob ich damals wirklich eine Vorahnung hatte ... ob es tatsächlich etwas gab, was mich zögern ließ, bevor ich die Tür zum Arbeitszimmer öffnete.
Oder ob es nur etwas war, was ich im Nachhinein konstruiert habe.
Auf jeden Fall machte das Husten mir alles klar. Es war ein äußerst schwaches Geräusch, eher ein Räuspern eigentlich. Dennoch war es ein Gefühl, als hätte ich einen elektrischen Schlag bekommen. Sofort war mir alles klar. Auf der Stelle.
Ich hatte gerade erst die Tür geöffnet, nur einen Spalt, um den Schlüssel wieder herauszuziehen, während ich sie mit dem Knie offen hielt ... eine dieser eingeübten, reflexartigen Bewegungen, die wir Hunderte und Aberhunderte von Malen am Tag ausführen. Ich
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