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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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weiter.
     
    Als ich anfing, die Telefonliste abzuarbeiten, gingen meine allergeheimsten Hoffnungen natürlich dahin, dass ich plötzlich Ewas Stimme am anderen Ende der Leitung hören würde. Es war diese Eitelkeit, die mich vorwärts trieb, und im Laufe der restlichen Woche erreichte ich siebenundfünfzig von den neunundfünfzig Telefonteilnehmern. Neununddreißig meiner Anrufe wurden von Frauen beantwortet, nur achtzehn von Männern; zumindest eine Bestätigung dafür, dass Frauen mehr telefonieren als wir Männer. Meine Taktik war einfach – ich bat jedesmal, mit Ewa sprechen zu dürfen, erklärte, dass ich ein alter Bekannter sei, und dann versuchte ich die Antwort und das Zögern dahingehend zu deuten, ob irgendwo der Hund begraben lag.
    Um das Ganze ein wenig zu systematisieren, hatte ich auch eine Art Bewertungsskala eingeführt, in der ich unmittelbar nach dem Gespräch ein Minuszeichen hinter dem betreffenden Namen eintrug, wenn ich meinte, er wäre aus dem Spiel, ein Pluszeichen, wenn noch eine Möglichkeit bestand, sowie zwei Pluszeichen, wenn der Betreffende irgendwie bedrängt oder merkwürdig geklungen hatte.
    Zwei der Frauen, die antworteten, hießen tatsächlich Ewa, und in beiden Fällen entspann sich ein etwas verwirrendes Gespräch, bis das Missverständnis geklärt werden konnte. Fast genauso ging es mir, als ein Herr Weivers nach langem Zögern seine Teenagertochter an den Hörer holte. Als ich nach dem letzten Gespräch meine Notizen durchging, stellte sich heraus, dass ich nicht weniger als zweiundvierzig Minuszeichen gemacht hatte, dreizehn Plus und nur zwei Doppelplus.
    Natürlich war mir klar, dass diese Methode mit nahezu grandiosen Fehlerquoten besetzt war, aber trotzdem beschloss ich, meine weiteren Anstrengungen den beiden Doppelpluszeichen zu widmen – einem gewissen Laurids Reisin und einem N. Chomowska  – sowie den dreizehn Mietern, mit denen ich bisher noch keinen Kontakt aufnehmen konnte. Die Methode – der Glaube ans System – bildet schließlich in einer holistischen Welt eine Art Lebensnotwendigkeit, genau wie Rimley es in seinem Buch über das Sein und das Gewahrwerden behauptet, und ich war so schlau, mich daran zu halten.
    Ich schrieb die fünfzehn Namen auf eine neue Seite meines Notizbuches, und als ich am Montag in der Woche nach der Festnahme von Mariam Kadhar und Otto Gerlach von Neuem im Zug nach Wassingen saß, war ich voller Hoffnung. Es war inzwischen der siebte Tag, den ich mich mit der Wassingen-Spur beschäftigte, und da ich mir zehn Tage vorgenommen hatte, konnte ich feststellen, dass ich zumindest mehr als die Hälfte schon geschafft hatte. Ich beschloss außerdem, wirklich die ganze Woche in dem Vorort zu verbringen – jeden Tag von morgens bis abends –, und wenn das doch zu keinem Ergebnis führen würde, dann hätte ich zumindest die Befriedigung, alles versucht zu haben, was in meiner Macht stand, und könnte mich mit gutem Gewissen am kommenden Wochenende den Überlegungen widmen, neue Wege zu finden.
    Meine erste Aufgabe bestand darin, an Türen zu klopfen. Obwohl es mitten am Tag war, war in zehn von fünfzehn Wohnungen jemand zu Hause, meine Theorie der Arbeitslosigkeit stimmte zweifellos. Wenn jemand öffnete, bat ich jedesmal, mit Ewa sprechen zu dürfen, und dem obligatorischen Kopfschütteln oder dem Versuch, die Tür direkt vor meiner Nase wieder zuzuschlagen, begegnete ich, indem ich mich schnell in den Flur drängte und eines der Fotos von Ewa zeigte. Ich erklärte, ich sei Privatdetektiv und suche nach der Frau auf diesem Foto. Nur zu ihrem eigenen Besten natürlich. Es bestand zwar das Risiko, dass Maertens’ so genannter Helfer bereits vor sechs, sieben Wochen das gleiche aufdringliche Vorgehen angewandt hatte, aber aus den Reaktionen zu schließen, war das offenbar nicht der Fall gewesen. Mein Vertrauen in Maertens war nie geringer als an diesem Tag.
    In einigen Fällen versuchte ich außerdem anzudeuten – ohne allzu deutlich zu werden –, dass eventuell eine Art von Belohnung winken würde, aber nur bei Herrn Kaunis – einem älteren und aufdringlich riechenden Mann – zeigte diese Verlockung ein wenig Erfolg. Leider war aber schnell deutlich, dass er das Ganze nur als Möglichkeit sah, ein wenig Geld für seine tägliche Dosis an Stimulantien zu beschaffen. Die Wohnung wie auch ihr Besitzer befanden sich in einem Zustand des bereits weit fortgeschrittenen Verfalls. Ich gab ihm fünf Gulden und verließ ihn mit dem

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