Barins Dreieck
intensiven Gefühl der Beklemmung.
Als ich fertig war, konnte ich feststellen, dass alles ganz normal war. Zurück auf Start. Niemand hatte auf Ewas Foto reagiert. Niemand wusste, wer sie war, und niemand hatte sie im Haus oder in der Umgebung gesehen.
Ich erinnere mich, dass das Bild des undurchdringlichen grünen Äußeren des Lauernstaudamms mir einen Augenblick lang durch den Kopf schoss. Es war das erste Mal seit langem, dafür aber umso heftiger.
Ich ging in das Café. Trank zwei Bier und strich die Namen auf meiner Liste ab. Ziemlich schnell verließ mich erneut der Mut, eine Regenfront war von Westen her aufgezogen und machte die Sache nicht gerade besser. Während ich rauchte und in meinem pathetischen Notizbuch hin und her blätterte, fühlte ich, wie eine heimtückische Schwäche ihre Klauen in mich bohrte. Das Bedürfnis, allein zu sein, keinen Blicken oder Worten ausgesetzt zu werden, wuchs in mir, und das war natürlich kein wünschenswerter Gemütszustand, wenn man bedenkt, welche Aufgaben ich mir auferlegt hatte.
Gleichzeitig wusste ich, dass ich an einem Punkt angelangt war, an dem ich es ganz einfach nicht mehr ertrug, mit Menschen konfrontiert zu werden. Rein logisch gesehen musste ich ja langsam im Haus bekannt sein. Ich hatte mit fast allen Mietern gesprochen – auch wenn die meisten nur meine Stimme am Telefon gehört hatten –, und es war nicht so abwegig anzunehmen, dass sie sich langsam wunderten. Wenn Ewa wirklich in dem Haus war, dann konnte ich davon ausgehen, dass mein Schnüffeln ihr zu Ohren gekommen war, vielleicht hatte es sogar die Chancen, ihr näher zu kommen, vermindert und verminderte sie noch mehr, je emsiger ich es versuchte.
Auf jeden Fall kam ich in dem Café zu diesem Schluss. Bald überlegte ich außerdem, welche Möglichkeiten ich mir durch meine plumpe Telefonbefragung und mein Klopfen an den Türen verspielt hatte, und schließlich beschloss ich, dass es langsam an der Zeit sei, etwas diskreter vorzugehen.
Das Beste wäre es, wie ich beschloss, einen Ort zu finden, an dem ich ungestört sitzen und in aller Ruhe das Portal und den Menschenstrom beobachten konnte, der ein und aus ging, und es dauerte nicht lange, bis ich herausgefunden hatte, was wohl die beste Lösung dieses Problems war.
Ich brauchte ein Auto. Es gab ganz einfach keinen unauffälligeren Standort mit Blick auf den Eingang als ein geparktes Auto. Sich im Regen auf eine Bank zu setzen und dann mit einer Zeitung oder einem Buch acht Stunden sitzen zu bleiben, das erschien mir aus guten Gründen undenkbar.
Ich trank mein Bier aus und wandte mich wieder dem Mädchen hinterm Tresen zu. Ich glaube, sie hatte eine Art Mutterinstinkt für mich entwickelt, und als ich sie fragte, ob sie wüsste, wo ich für ein paar Tage billig ein Auto mieten könnte, kam sie mir sofort entgegen. Holte einen Block aus ihrer Schürzentasche und schrieb die Adresse einer Tankstelle auf, fünf Minuten Fußweg vom Einkaufszentrum entfernt. Gleichzeitig gab sie mir den Rat, von Christa zu grüßen, das könnte mir einen Hunderter ersparen.
Ich bedankte mich und ging los. Eine halbe Stunde später hatte ich die Miete für vier Tage im Voraus für einen bedenklich verrosteten Peugeot bezahlt, der Preis war nicht unerschwinglich, aber ich erinnere mich, dass ich dennoch überlegte, ob er nicht auf einem Niveau mit dem Wert des ganzen Autos läge.
Wie dem auch sei, er lief. Gegen vier Uhr am gleichen Nachmittag parkte ich vor meiner Wohnung in der Ferdinand Bolstraat, und am folgenden Tag begann ich meine Überwachung von Hauseingang Nummer 36 D draußen in Wassingens gottverlassenem Zentrum.
Ich verbrachte drei ereignislose Tage dort draußen, bevor etwas geschah. Notdürftig getarnt saß ich hinter einer Tageszeitung mit einem knisternden Autoradio, Zigaretten und einer kleinen Dosis Whisky als einziger Gesellschaft. Die Position an sich war zweifellos optimal; es war nie ein Problem, einen Parkplatz in fünfzehn, zwanzig Metern Abstand vom Eingang zu bekommen, einen Punkt, von dem aus ich die vollkommene Kontrolle über alle hatte, die ein und aus gingen. Ich machte mir auch gewisse Notizen, in erster Linie, um den Zweifel fern und das Spiel am Laufen zu halten natürlich, aber ich glaube, gerade dadurch fiel mir ein Detail auf, das ich bisher nicht einkalkuliert hatte.
Das Ganze offenbarte sich durch eine Person, die ich in meinen Notizen unter der Bezeichnung M6 führte; eine einfache Chiffre: Mann Nummer 6 (ich
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