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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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außer dieser ... einfachen. Man kann ja trotz allem das eine oder andere in so einem Text verbergen ... Allegorien wie bei Borges und leClerque beispielsweise. Chiffren geradezu ... ich weiß nicht, ob du schon mal darüber nachgedacht hast?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich denke nicht«, sagte ich. »Er hatte nicht die Zeit für so etwas Kompliziertes. Hat schließlich alles innerhalb weniger Monate geschrieben ... und die Leuchtraketen, die er abschießt, sind ja nicht besonders subtil. Nicht wahr?«
    Kerr nickte.
    »Stimmt, da wirst du wohl Recht haben. Auf jeden Fall geben wir die Neuigkeit morgen bekannt. Amundsen hat einen kleinen Presseempfang arrangiert ... wie möchtest du es haben?«
    »Wie ich es haben will?«
    »Ja, dir ist doch wohl klar, dass du die Hauptperson dabei bist. Die Spinne im Netz sozusagen, verdammt, du bist doch derjenige, der das Buch übersetzt und sie überführt hat. Die Journalisten werden ziemlich scharf auf dich sein, wir dachten, dass dir das klar ist ...«
    Ich war natürlich darauf vorbereitet, aber mein anonymer Aufenthalt in der Ferdinand Bolstraat hatte mich offensichtlich in falscher Sicherheit gewiegt. In den letzten Wochen war meine Energie einzig und allein auf die Wassingen-Spur und die Suche nach Ewa gerichtet gewesen, und auch sonst erlebte ich ja mein Leben im Augenblick eher wie in einer Nische der Wirklichkeit und nicht in deren breitem Strombett.
    Sozusagen. Ich dachte schweigend nach.
    »Vielleicht wäre ein kleines Interview nicht ganz dumm, oder?«, fuhr Kerr fort und schenkte mehr Wein ein. »Natürlich exklusiv und nur in den richtigen Zeitungen. Du musst das selbst entscheiden, aber wenn wir ein paar Jungs schicken. . . Rittmer und einen Fotografen vielleicht, dann könnten wir es so lenken, wie wir es haben wollen. Die Kontrolle behalten, wie Amundsen immer sagt.«
    Ich musste zugeben, dass ich Kerr fast bewunderte für die Leichtigkeit, mit der er das vortrug, aber auch für seinen und Amundsens unerschütterlichen Sinn für ökonomische Realitäten. Die Frage war ja wohl, ob nicht eine verkäufliche Reportage über mich – in der jetzigen Situation oder in Zusammenhang mit dem Prozessbeginn – zumindest so viel einbringen würde, dass ich mich sozusagen hier unten in A. selbst trug. Es gab bereits reichlich Spekulationen im Rein-Fall, und die würden zweifellos in den nächsten Wochen noch zunehmen.
    Und um wirkliche Neuigkeiten war es in Erwartung der Gerichtsakrobatik schlecht bestellt. Ich sah ein, dass ich trotz allem einiges zu bieten hatte. Ich trank von dem Wein.
    »Nein, danke«, sagte ich. »Ich ziehe es vor, mich bedeckt zu halten.«
    Kerr betrachtete mich schweigend einige Sekunden lang, und ich glaube, er sah ein, dass er in einer Sackgasse gelandet war.
    »Warum bist du noch hier?«, fragte er.
    »Ich habe meine Gründe.«
    »Ja, sicher. Nun gut, mach, was du willst. Wer weiß, dass du dich hier aufhältst?«
    »Niemand«, antwortete ich. »Ich bin ein Steppenwolf, ich dachte, das wüsstest du.«
    »Niemand?«
    Ich überlegte.
    »Die Polizei und der Staatsanwalt«, korrigierte ich mich. »Und Janis Hoorne.«
    »Hoorne?«
    »Ja.«
    »Ist er verschwiegen?«
    »Wenn ich ihn darum bitte.«
    Er nickte.
    »All right. Dann machen wir das so. Aber dir ist doch wohl klar, dass du gejagt werden wirst, sobald das Verfahren loslegt?«
    Doch, das sah ich schon ein. Aber es waren noch drei Wochen bis dahin, und es war meine Absicht, solange es nur möglich war, außerhalb des Lichts der Öffentlichkeit zu bleiben.
    Wir schafften auch noch ein paar Cafés, Kerr und ich, und als ich ihn am Rembrandt Plein ins Taxi setzte, war er ziemlich beschwipst und allerbester Laune. Als Letztes versprach er, mir als Dank für meinen Einsatz eine kleine Gratifikation zu schicken, und ich ging davon aus, dass das als Besiegelung unseres Gentlemen’s Agreement anzusehen war.
    Wenn ich mich von meinen Verlegern nicht interviewen und prostituieren lassen wollte, dann sollte ich wenigstens auch keinen anderen Schwachkopf reinlassen.
    Das war natürlich nicht mehr als recht und billig.
     
    Mein zweiter Versuch der Autoverfolgungsjagd verlief bedeutend besser als der erste. Bereits gegen sechs Uhr am Montagmorgen war ich hinter der Nummer 36 D mit einem anderen Mietwagen an Ort und Stelle – diesmal einem ganz neuen und bedeutend schnelleren kleinen Renault –, und ich brauchte nur fünfundvierzig Minuten zu warten, bis er aus der Garage herausgekrochen

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