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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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würde. Ein Embryo, der wächst und wächst, aber im Sonnenlicht zerstört würde.
    Und ganz besonders unter dieser unbarmherzig brennenden Sonne.
     
    Wie ein Vogel, genau so beschrieb sie sich damals, als wir zusammenkamen. Ein Vogel mit verletztem Flügel.
    »Bis ich geheilt bin, kann ich nicht geben«, sagte sie. »Nur empfangen.«
    Das gefiel mir sehr. Das gab unserer Beziehung von Anfang an den Rahmen, und ich akzeptierte ihn ohne jedes Zögern. Es dauerte fast einen Monat, bis wir uns körperlich liebten, auch das sagte mir zu. Es gab mir außerdem Zeit, eine andere Affäre zu beenden, mit der ich noch nicht richtig fertig war.
    Als wir heirateten, war sie immer noch mein verletzter Vogel. Dann verlor sie zwei Kinder, bevor sie reif und lebensfähig waren, und das besiegelte nur noch unseren Bund. Erst nach der zweiten Fehlgeburt genügte meine Stärke nicht mehr, das Vakuum ihrer Schwäche zu füllen. Ein Jahr lang lebten wir in getrennten Welten, es ergab sich, dass ich mir meinen Teil mit dem Recht des starken Männchens nahm, während Ewa sich hinter den matten Gardinen der Krankheit verborgen hielt.
    »Adagio«, wie Ewa während dieser Zeit immer sagte. »Im Augenblick befinden wir uns im Adagio. Das ist nichts Besonderes.«
    Aber natürlich war es nicht so.
    Ich traf Mauritz Winckler drei oder vier Mal, und er machte keinen ansprechenden Eindruck auf mich. In seinem Auftreten und in seiner Art, selbst über die schlimmsten Trivialitäten zu reden, lag etwas vorwurfsvoll Geschäftiges.
    Nachdem Ewa entlassen worden war, hatten wir ein paar prachtvolle Streitereien, und ein paar Mal kam es zum Handgemenge, aber wir versöhnten uns und gingen gestärkt aus der Schlacht. Was aber Mauritz Winckler nie verstehen konnte. Auch wenn er diese Dinge nie zur Sprache brachte, so schimmerte doch seine vorurteilsbehaftete Einstellung mir gegenüber durch alle Schleier seiner Worte und seines Lächelns.
    Nein, Mauritz Winckler begriff nie die Moral von dem verletzten Vogel und den Rechten und Pflichten des Stärkeren, und mir fiel es ungewöhnlich schwer, ihn zu tolerieren.
    Von Anfang an. Bereits lange Zeit, bevor er der Liebhaber meiner Frau wurde.
     
    Die Dämmerung senkt sich schnell, das Dunkel wächst aus den Winkeln heraus. Ich liege auf meinem Bett und sehe, wie die Konturen des Zimmers verschwimmen. Ich versuche sie mir vor meinem inneren Auge herbeizurufen, meine Frau und ihren Liebhaber, aber die Bilder sind falsch und verharren nur einen Augenblick. Ich taste nach dem Retsina-Glas auf dem Nachttisch. Finde es und nehme einen großen Schluck. Denke über das jämmerliche Lebensschauspiel nach, über das ich vor ein paar Tagen schrieb. Versuche zu verstehen, wie es möglich sein könnte, eine Art von fixen Punkten und Sinn zu schaffen, und komme nur wieder zu der bitteren Antwort, die ich schon kenne.
    Was eigentlich zu erwarten war. Ich lasse mich doch nicht mit heruntergelassenen Hosen auf alle möglichen Arrangements ein. Schließlich liege ich allein der Verbitterung wegen hier in der heißen Dunkelheit auf der martialisch schönen Insel.
    Einzig und allein der Sache wegen.
     
     
     
M ariam Kadhars Bericht von der Nacht zwischen dem 19. und dem 20. November dauerte – unterbrochen durch Fragen und Einwürfe von Staatsanwalt, Verteidigern und Richter – fünfundvierzig Minuten, und ich nehme an, dass jeder einzelne Geschworene von ihrer Schuld überzeugt war, als sie fertig war. Ihre Schultern waren die ganze Zeit entspannt und ruhig, ihre Stimme versagte kein einziges Mal, dennoch pflanzte sie langsam, aber sicher den Samen der Überzeugung in uns alle.
    Schuldig.
    Danach half nichts mehr.
    Keine Sympathien. Kein marmorweißes Schlüsselbein und keine finsteren Umstände.
    Otto Gerlachs Zeugenaussage folgte nach einer kurzen Pause, und auch wenn er in vielerlei Hinsicht einen anderen Eindruck als seine Geliebte vermittelte, gelang es ihm nicht, die Situation zu retten. Im Großen und Ganzen präsentierte er die gleiche Version der Ereignisse und Verhältnisse, wie Mariam Kadhar es getan hatte, und eigentlich dienten seine verzweifelten Versuche keinem anderen Ziel, als all die düsteren Fakten, die den Rahmen für den bösen, jähen Tod des großen Germund Rein darstellten, noch einmal zu bekräftigen und in uns zu verankern. Wie auch am folgenden Tag in einigen der Zeitungszusammenfassungen zu lesen war.
    Beide gaben ohne Umschweife zu, dass sie ein Verhältnis miteinander hatten – seit knapp

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