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Barrayar

Barrayar

Titel: Barrayar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Zentralheizung. Auf Botharis finsteren Blick hin machte die Hausdame sich dünn.
    Ein Sofa, ein paar Stühle und ein niedriger Tisch standen am Ende des Korridors beisammen, beleuchtet von einer batteriegetriebenen Lampe mit rotem Schirm. Bothari und Cordelia setzten sich müde dorthin. Jetzt, da der Druck für einen Moment nicht mehr da war und er nicht gegen die Spannung ankämpfte, sah Bothari heruntergekommen aus. Cordelia hatte keine Vorstellung, wie sie selbst aussah, aber sie war sicher, dass es mit ihrem Äußeren auch nicht zum besten stand.
    »Gibt es Huren auf Kolonie Beta?«, fragte Bothari plötzlich.
    Für Cordelia war dies wie ein geistiger Peitschenschlag. Seine Stimme war so müde, dass die Frage fast beiläufig klang, außer dass Bothari nie beiläufige Konversation pflegte. Wie sehr hatten die gewaltsamen Erlebnisse der heutigen Nacht sein prekäres Gleichgewicht durcheinandergebracht, seine eigentümlichen Bruchlinien belastet?
    »Nun ja … wir haben die LPSTs«, antwortete sie vorsichtig. »Ich vermute, sie erfüllen einige der gleichen sozialen Funktionen.«
    »Ellpee Estees?«
    »Lizenzierte Praktische Sexual-Therapeuten. Man muss von den Regierungsbehörden geprüft werden und eine Lizenz bekommen. Man braucht dazu mindestens einen akademischen Grad in Psychotherapie. Abgesehen davon, dass alle drei Geschlechter diesen Beruf ausüben. Am meisten verdienen die Hermaphroditen, sie sind sehr beliebt bei den Touristen. Es ist kein … kein Beruf mit einem hohen sozialen Status, aber sie gehören auch nicht zum Abschaum. Ich glaube, wir haben überhaupt keinen Abschaum auf Kolonie Beta, wir hören sozusagen bei der unteren Mittelklasse auf. Es ist ein Beruf wie …« – sie machte eine Pause und suchte nach einer kulturellen Übersetzungsmöglichkeit – »wie ungefähr ein Friseur auf Barrayar. Eine persönliche Dienstleistung nach professionellen Standards mit ein bisschen Kunstgewerbe.«
    Es war ihr tatsächlich gelungen, Bothari stutzen zu machen, sicherlich zum ersten Mal. Er hob die Augenbrauen. »Nur die Betaner würden meinen, dass man einen verdammten Universitätsgrad dafür braucht … Tun auch Frauen sie engagieren?«
    »Sicherlich. Auch Paare. Das … das belehrende Element wird dort mehr betont.«
    Er schüttelte den Kopf und zögerte. Er warf ihr einen schnellen Seitenblick zu. »Meine Mutter war eine Hure.« Sein Ton war seltsam distanziert. Er wartete.
    »Ich hatte … mir schon so etwas gedacht.«
    »Weiß nicht, warum sie mich nicht abgetrieben hat. Sie hätte es können, sie machte Abtreibungen ebenso wie Geburtshilfe. Vielleicht dachte sie an ihr Alter. Sie pflegte mich an ihre Kunden zu verkaufen.«
    Cordelia würgte. »Nun … nun, das wäre auf Kolonie Beta nicht erlaubt.«
    »Ich kann mich nicht mehr viel an diese Zeit erinnern. Ich lief weg, als ich zwölf war, als ich groß genug war, um ihre verdammten Kunden zu verprügeln. Ich trieb mich mit Banden rum, bis ich sechzehn war, wirkte damals wie achtzehn und log mich so in den Armeedienst. Dann war ich von hier weg.« Seine Handflächen glitten übereinander weg, um zu zeigen, wie glatt und schnell seine Flucht ging.
    »Der Armeedienst muss Ihnen im Vergleich dazu wie der Himmel erschienen sein.«
    »Bis ich Vorrutyer begegnete.« Er blickte unbestimmt herum. »Damals waren hier mehr Leute. Heute ist’s hier fast tot.« Seine Stimme wurde nachdenklich. »Es gibt einen großen Teil in meinem Leben, woran ich mich nicht mehr gut erinnern kann. Es ist, als … bestünde ich aus lauter verschiedenen Stücken. Aber da gibt es einige Dinge, die ich vergessen will, aber nicht vergessen kann.«
    Sie hatte nicht vor, ihn zu fragen: ›Was?‹ Aber sie machte mit ihrer Kehle einen Laut, der anzeigte, dass sie zuhörte.
    »Weiß nicht, wer mein Vater war. Ein Bastard zu sein ist hier fast so schlimm, wie ein Mutant zu sein.«
    »›Bastard‹ wird verwendet als negative Beschreibung einer Persönlichkeit, aber es hat im betanischen Kontext wirklich keine objektive Bedeutung. Unlizenzierte Kinder sind nicht dasselbe, und sie sind so selten, dass man sich mit ihnen auf der Basis der Einzelfälle beschäftigt.« Warum erzählt er mit all dies? Was will er von mir? Als er begann schien er fast ängstlich, jetzt sieht er fast zufrieden aus. Was habe ich richtig gesagt? Sie seufzte.
    Zu ihrer geheimen Erleichterung kam da Koudelka zurück, der echte frische Sandwiches aus Brot und Käse sowie Bier in Flaschen mitbrachte.
    Cordelia war

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