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Barrayar

Barrayar

Titel: Barrayar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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anderen alten Mann, der die Zügel eines kräftigen kleinen schwarz-weißen Pferdes hielt.
    Das Pferd war beträchtlich besser gepflegt als der alte Mann. Sein weißes Fell leuchtete und sein schwarzes Fell glänzte. Seine Mähne und sein Schweif waren zu federhafter Weichheit gebürstet. Seine Füße und Fesseln waren allerdings nass und dunkel, und sein Bauch war gesprenkelt mit frischem Lehm. Zusätzlich zu einem alten Kavalleriesattel trug der Schecke vier große Satteltaschen, zwei vorn und zwei hinten, sowie zusammengerolltes Bettzeug.
    Der alte Mann, der ebenso unrasiert war wie Piotr, trug eine Jacke des Kaiserlichen Postdienstes, die so vom Wetter mitgenommen war, dass ihr Blau schon zu Grau verschossen war. Sie wurde ergänzt von Einzelteilen anderer alter Uniformen: ein schwarzes Arbeitshemd, ein Paar alter Hosen von einer grünen Uniform, abgetragene, aber gut geölte kniehohe Offiziersreitstiefel an den krummen Beinen. Er trug auch einen unvorschriftsmäßigen Filzhut, hinter dessen zerschlissenem Band ein paar getrocknete Blumen steckten. Er leckte sich seine schwarzgefleckten Lippen und schaute zu Cordelia herüber. Ihm fehlten einige Zähne, die restlichen waren lang und gelbbraun.
    Der Blick des alten Mannes fiel auf Gregor, der Cordelias Hand hielt. »So, das ist er also? Haha, nicht viel.« Er spuckte nachdenklich in das Gras neben dem Pfad.
    »Könnte sich mit der Zeit machen«, erklärte Piotr, »wenn er die Zeit bekommt.«
    »Ich will sehen, was ich tun kann, General.«
    Piotr grinste, wie auf einen privaten Scherz hin. »Haben Sie irgendwelche Rationen mit sich?«
    »Natürlich.« Der alte Mann grinste ebenfalls, drehte sich um und kramte in einer seiner Satteltaschen. Er holte ein Päckchen Rosinen in einer alten Plastikfolie heraus, einige kleine Riegel von bräunlichen Kristallen, die in Blätter gewickelt waren, dazu etwas, das aussah wie eine Handvoll Lederstreifen, wieder in einem Knäuel von gebrauchter Plastikfolie, Cordelia erblickte darauf eine Überschrift: Neue Version der Postbestimmungen C6.77a, modifiziert 6/17. Sofort in die Dauerakte ablegen.
    Piotr unterzog die Vorräte einer eingehenden Untersuchung. »Getrocknete Ziege?«, nickte er über dem ledrigen Zeug.
    »Zum größten Teil«, sagte der alte Mann.
    »Wir nehmen die Hälfte. Und die Rosinen. Heben Sie den Ahornzucker für die Kinder auf.« Piotr stopfte allerdings einen Würfel in den Mund.
    »Ich werde Sie in vielleicht drei Tagen, vielleicht einer Woche aufsuchen. Sie erinnern sich an den Drill von Yuris Krieg, ja?«
    »O ja«, sagte der alte Mann gedehnt.
    »Sergeant«, Piotr winkte Bothari zu sich, »Sie gehen mit dem Major hier. Nehmen Sie sie und den Jungen. Er nimmt Sie in Deckung. Versteckt euch, bis ich euch holen komme.«
    »Jawohl, Mylord«, sagte Bothari ausdruckslos. Nur seine unruhigen Augen verrieten, dass ihm nicht wohl war.
    »Was haben wir denn hier, General?«, forschte der alte Mann und schaute Bothari an. »Ein Neuer?«
    »Ein Stadtjunge«, sagte Piotr. »Gehört zu meinem Sohn. Spricht nicht viel. Er ist aber gut im Durchschneiden von Kehlen. Er passt.«
    »Ja? Also gut.«
    Piotr bewegte sich sehr viel langsamer als zuvor. Er ließ sich von Esterhazy aufs Pferd helfen. Er setzte sich in seinem Sattel mit einem Seufzer zurecht, dabei war sein Rücken zeitweise in einer für ihn untypischen Weise gekrümmt. »Verdammt, aber ich werde zu alt für solche Sachen.«
    Nachdenklich griff der Mann, den Piotr den Major genannt hatte, in eine Seitentasche und holte einen Lederbeutel heraus. »Wollen Sie mein Gummiblatt, General? Besser zu kauen als Ziege, wenn’s auch nicht so lang anhält.«
    Piotrs Gesicht erhellte sich. »Oh, ich wäre äußerst dankbar. Aber nicht Ihren ganzen Beutel, Mann.« Piotr stocherte unter den gepressten trockenen Blättern, mit denen der Beutel gefüllt war, herum und holte sich eine großzügige Hälfte heraus, die er sich in seine Brusttasche stopfte. Er steckte eine Portion in seine Backe und gab den Beutel mit einem aufrichtigen Dank zurück. Gummiblatt war ein leichtes Stimulans, Cordelia hatte es Piotr in Vorbarr Sultana nie kauen sehen.
    »Pass auf die Pferde von Mylord auf«, rief Esterhazy ziemlich verzweifelt Bothari zu. »Sie sind keine Maschinen, denk dran!«
    Bothari brummelte etwas Nichtssagendes, während der Graf und Esterhazy ihre Tiere wieder auf den Pfad bergab lenkten. In wenigen Augenblicken waren sie außer Sicht. Ringsum kehrte tiefe Stille ein.

 
KAPITEL

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