Barry Trotter und die schamlose Parodie
einen Sprung in der Schüssel.
Ihr spinnerter Gastgeber machte eine ausladende Geste. »In diesem Raum befinden sich hundertvierundvierzig Bahnen, eine für jeden souveränen Staat der Welt. Momentan sitzen sie alle in New York bei der UNO und debattieren darüber, wie dieses oder jenes Problem zu lösen ist. Aber, wisst ihr, logisches Argumentieren hat seine Nachteile. Wörter können mehrdeutig sein, Vereinbarungen verwirrend. Manchmal irrt man sich und versteht etwas falsch, besonders wenn man ein bisschen beschränkt ist. Diese Methode ist weitaus gerechter. Ich sag immer: Autos lügen nicht.«
Barry zweifelte immer noch. »Aber wieso Autorennen? Wieso nicht, sagen wir, Badminton?«
Nunnally war empört. »Mein Gott, das wäre ja Anarchie!«
Als er sah, dass Barry nicht überzeugt war, zog der lange Kerl ein zerknittertes Blatt Papier aus seinem Jackett und hielt die Rede, die er unzählige Male vor seinem Schlafzimmerspiegel geübt hatte:
»Nur durch Autorennen können die Probleme der Welt wirklich gelöst werden. Nur das stumme Urteil der Aerodynamik und der Schwerkraft, die unparteiische, läuternde Geschwindigkeit, kann uns den Weg zur Ziellinie der Wahrheit weisen. Ist nicht in gewisser Hinsicht das ganze Leben ein Wettlauf? Sind wir nicht alle kleine Holzautos, die eine hölzerne Bahn hinunterschießen, deren Ziel die Unendlichkeit ist? «
»Aber ...«
»Ihr könnt mich ruhig einen Phantasten schimpfen. Das heißt aber nicht, dass ich nicht recht habe.«
Das heißt nicht, dass du nicht total bekloppt bist, dachte Barry.
Aber so verrückt sein Plan auch klang, nein: war — Barry befürchtete, dass Nunnally tatsächlich Erfolg damit haben würde; schließlich trug er einen gewaltigen Globus auf den Schultern. Und seit Barry mit den Reichen und Berühmten verkehrte (vielleicht nicht so regelmäßig, wie er es sich gewünscht hätte, aber es kam doch hin und wieder vor), war ihm eines aufgefallen: Sie hatten alle Riesenbirnen. Die Theorie hatte allerdings noch ein paar Lücken: War ein großer Kopf die Ursache des Erfolgs oder bloß ein Nebeneffekt desselben? Nunnally war jedenfalls ein ziemlich aussichtsreicher Kandidat; er hatte nämlich obendrein einen ziemlich voluminösen Haarschopf. Mit einem großen Schädel und einer dicken Mähne konnte im Grunde gar nichts mehr schiefgehen. Das war, als würde man bei einem Rennen auf das einzige Pferd setzen, das keine Plastiktüte über dem Kopf trug. Am liebsten würde ich Nunnally eine Plastiktüte über den Kopf stülpen, dachte Barry.
In Barrys Augen hatte sich Nunnally im Laufe des Abends — von seinem Auftritt als Valumart über das Abendessen bis hin zur Präsentation seines ausgemacht schwachsinnigen Plans — vom bloßen Exzentriker zum lupenreinen, staatlich geprüften Irren mit Zertifikat verwandelt. »Apropos New York, wir müssen ...«
»Noch ein Rennen, komm!« wechselte Hermeline schnell das Thema. »Trevor, ich will mit dir um die Wette Fahren!« Fs war nicht zu übersehen, wie sie sich anschmachteten, und Barry wurde langsam sauer, denn er sah die Chancen, dieses Irrenhaus noch am selben Abend zu verlassen, gegen null sinken. Es war klar, dass Hermelines Libido — diese übermenschliche, bald schöpferische, bald zerstörerische Macht — den Sieg davontragen würde.
»Ich fürchte, wir müssen hier übernachten«, murmelte er Lon zu, der gar nicht zuhörte. Er hockte völlig versunken auf Händen und Füßen auf dem Boden.
»Wrumm, wrumm! Iiiietsch! DISCH!« machte Lon und rammte Mosambik gegen Finnland. »Ahh! Ich brenne! Ich bin unter dem Wagen eingeklemmt! Ich verbrenne! Hilfe! Aah! AAAHHHH!«
Verärgert beschloss Barry, Dalí zu suchen und ihn auf den Kopf zu stellen. Vielleicht würde ihm ein bisschen Geld aus den Taschen fallen.
Kapitel sieben
Hai Ahoi!
Als Barry am nächsten Morgen aufwachte, war sein erster Gedanke (um einen Slogan der Zauberer-Antifa zu entlehnen): »Nie wieder.« Obwohl Lon die geistige Reife eines Milchbarts hatte, stand er, was das Schnarchen anbetraf, eindeutig im Zenit der Männlichkeit. Vielleicht würde sein Organ mit dem Alter an Tiefe und Sonorität gewinnen, aber lauter als vergangene Nacht konnte es nicht mehr werden. Daher war Barry nicht gerade in Hochstimmung, als Hermeline ins Esszimmer gehüpft kam.
»Hallo, Jungs! Na, wie habt ihr geschlafen?« Vor halb elf Uhr morgens so vergnügt zu sein, war einfach ungehörig.
»Furchtbar. Und selbst? Ach, vergiss es, ich will’s gar nicht
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