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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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über den grauen Innenhof. Auf den Exerzierplatz waren mit wetterfester Farbe ungefähr zwanzig Alltagspentagramme gemalt, und im Vorüberfliegen erhaschte ich einen Blick auf eine beachtliche Kompanie Geister, die soeben, von einem Trupp grau uniformierter Zauberer beschworen, darin erschien. Es waren zwar nur unbedeutende Geister, größtenteils bessere Kobolde, 69
(Je geringer die Macht eines Wesens, desto rascher und einfacher lässt es sich beschwören. Die meisten magischen Reiche beschäftigten Magier eigens zu dem Zweck, in kürzester Zeit ganze Kohorten von Kobolden herbeizuzaubern. Doch nur die bedeutendsten Reiche sind in der Lage, Armeen hochkarätiger Wesenheiten zu erschaffen. Die gewaltigste Armee dieser Art wurde im Jahre 1478 v. Chr. von Pharao Thutmosis III aufgestellt. Sie bestand unter anderem aus einer Legion Afriten sowie aus einem zusammengewürfelten Haufen höherer Dschinn, von denen der mit Abstand bedeutendste… Nein, die Bescheidenheit gebietet mir, an dieser Stelle abzubrechen. )
doch in solchen Massen konnten sie durchaus zum Problem werden. Hoffentlich ließ sich der Rabenschwarm nicht ausgerechnet dort nieder.
    Doch die Vögel machten keine Anstalten zu verweilen. Die Angst jagte sie im Zickzackkurs über die Befestigungsanlagen des Towers. Mehrmals schienen sie auf die Außenmauer zuzuhalten, doch jedes Mal legten sie sich davor in die Kurve und wendeten. Einmal war ich fast versucht, es auf eigene Faust zu probieren, aber auf den Zinnen erschien plötzlich ein seltsamer, blauschwarzer Wächter mit vier spinnenähnlichen Beinen und hielt mich davon ab. Sein Äußeres behagte mir nicht, und nach meiner Gefangenschaft und den vielen Verwandlungen war ich zu erschöpft, um es auf ein Kräftemessen ankommen zu lassen.
    Schließlich flogen wir über einen Burghof, der auf drei Seiten von Festungsgebäuden und auf der vierten von einem steilen grünen Grashang und einer hohen Mauer begrenzt wurde. Auf diesem Hang ließen sich die Raben nieder, stolzierten umher und pickten hier und da im Gras.
    Faquarl hüpfte zu mir herüber. Sein Flügel hing lahm herab und er blutete immer noch.
    »Die Vögel fliegen wohl nie von hier weg«, meinte ich. »Dafür werden sie zu gut gefüttert.«
    Der Rabe nickte. »Noch weiter werden sie uns nicht bringen, aber das hier ist schon eine Außenmauer. Wenn wir die überwinden, haben wir’s geschafft.«
    »Worauf warten wir dann noch?«
    »Augenblick noch. Ich brauche eine Pause. Und vielleicht kommt Jabor…«
    »Jabor ist tot.«
    »Du solltest ihn inzwischen wirklich besser kennen, Bartimäus.« Faquarl pickte an seinem verletzten Flügel herum und zupfte eine Feder aus dem gerinnenden Blut. »Gönn mir noch ein paar Minuten. Dieser verdammte Utukku! Ich hatte ihn unterschätzt.«
    »Kobolde im Anmarsch!«, zischte ich. Durch einen Torbogen in der Hofecke gegenüber kam ein ganzes Bataillon von ihnen hereingerannt und schwärmte sofort aus, um jeden Stein umzudrehen. Im Moment schützten uns die anderen Raben, aber wie lange noch? Faquarl spuckte noch eine Feder ins Gras, wo sie sich kurz in einen gewellten Gallertstreifen verwandelte und dann gänzlich auflöste. »Na schön. Dann woll’n wir mal. Und auf keinen Fall irgendwo anhalten.«
    Ich befleißigte mich einer anmutigen Flügelgeste. »Nach dir.«
    »Nein, nein, Bartimäus – nach dir.« Der Rabe spreizte einen großen, krallenbewehrten Fuß. »Ich bin übrigens die ganze Zeit direkt hinter dir, also versuch mal ausnahmsweise nicht abzuhauen.«
    »Dein Misstrauen wird langsam krankhaft.«
    Die Kobolde kamen immer näher. Sie schnüffelten am Boden herum wie Hunde. Ich schwang mich empor und düste auf die Mauer zu. Als ich auf gleicher Höhe mit den Zinnen war, erspähte ich einen Wachposten, der den Wehrgang abschritt. Es war ein kleiner Foliot mit einem um die Schläfe gebundenen zerbeulten Signalhorn aus Bronze. Dummerweise erspähte er seinerseits mich. Sofort setzte er das Horn an die Lippen und tutete einmal kurz und kräftig hinein, was sofort eine ganze Kette von Antwortsignalen entlang der Mauer auslöste, hohe und tiefe, laute und leise, bis in weite Ferne. Das war’s dann wohl – unsere Tarnung war eindeutig aufgeflogen. Ich steuerte mit ausgestreckten Krallen auf den Posten zu, er kreischte auf, verlor das Gleichgewicht und kippte rücklings über die Brüstung. Ich schoss über die Mauer, dann über eine steile, mit schwarzem Geröll bedeckte Böschung, und ab ging’s Richtung

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