Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
glaube, darüber haben wir uns schon einmal unterhalten, in Groß-Simbabwe, stimmt’s?«
    Faquarls Zorn war verraucht. Er nickte. »Kann gut sein. Aber ich spüre, dass eine Wende bevorsteht, und wenn du nicht völlig vernagelt bist, spürst du es auch. Der Niedergang eines großen Reiches kündigt sich stets durch unsichere Zeiten an: Es gibt öffentliche Unruhen, die Zauberer zanken sich immer hemmungsloser, weil ihnen die Gier nach Reichtum und Macht den Verstand vernebelt… Du und ich haben das oft genug mit angesehen. Für uns sind solche Zeiten günstig, denn dann werden unsere Herren nachlässig – und das verschafft uns Handlungsspielraum.«
    »Wer’s glaubt…«
    »Lovelace ist auch einer von diesen Typen. Er ist mächtig, klar, aber er ist auch leichtsinnig. Seit er mich zum ersten Mal beschworen hat, ist er mit dem beschränkten Einfluss unzufrieden, den ihm sein Ministerposten bietet. Er will es unbedingt den großen alten Magiern gleichtun: Alles soll vor ihm zittern. Das Ergebnis ist, dass er sich rund um die Uhr damit beschäftigt, wie er zu noch mehr Macht gelangen kann, wie ein Hund, der ewig an demselben vergammelten Knochen herumkaut. Er verbringt seine ganze Zeit mit Intrigen und Verschwörungen, mit sinnlosen Versuchen, seine Rivalen auszustechen… Er ist wie besessen. Und er ist nicht der Einzige, in der Regierung sitzen noch mehr von seiner Sorte, manche sind sogar noch leichtsinniger. Man kennt das ja: Wenn Zauberer um den höchsten Einsatz spielen, machen sie es meistens nicht mehr lange. Früher oder später unterläuft ihnen ein Fehler und verhilft uns zu unserer Chance. Früher oder später kommt unser Tag.«
    Der Koch warf einen Blick zum Himmel. »Also, es wird langsam Zeit«, sagte er. »Mein letztes Angebot. Du führst mich zu dem Amulett, und ich verspreche dir, dass sich Lovelace, ganz gleich was für eine Strafe du erdulden musst, hinterher deiner annimmt. Wer auch immer dein Herr und Meister ist, Lovelace ist auf jeden Fall stärker. Dann wären wir Partner statt Feinde, Bartimäus, das wäre doch mal eine nette Abwechslung, oder?«
    »Sehr nett«, sagte ich.
    »Oder…«, Faquarl stützte unternehmungslustig die Hände auf die Knie, »…oder du stirbst hier und jetzt einen unrühmlichen Tod in diesem Vorstadtgebüsch. Du weißt, dass du mich noch nie besiegt hast, du hast immer nur Glück gehabt. 72 (
Glück – oder, wie ich es eher nennen würde: genug Geistesgegenwart. Aber es stimmte, dass ich einen offenen Kampf bisher immer vermieden hatte.)
Aber diesmal kommst du mir nicht davon.«
    Ich dachte noch über dieses ziemlich gewichtige Argument nach und überlegte, wie ich mich am besten verdrücken konnte, als wir unterbrochen wurden. Mit leisem Blätterrascheln plumpste etwas durch die Zweige und hüpfte uns vor die Füße. Ein Tennisball. Faquarl schoss wie angestochen von seinem Baumstumpf, und auch ich sprang auf, doch es war zu spät, sich zu verstecken. Jemand bahnte sich bereits einen Weg durch das Gestrüpp.
    Es war das kleine Mädchen, das in der Einfahrt gespielt hatte: ungefähr sechs Jahre alt, Sommersprossen, zerzaustes Haar und ein viel zu weites T-Shirt, das ihr bis zu den schmutzigen Knien reichte. Sie starrte uns halb fasziniert, halb erschrocken an.
    Einen Moment lang rührte sich keiner von uns dreien. Das Mädchen sah uns an, Faquarl und ich sahen das Mädchen an. Dann machte es den Mund auf.
    »Du riechst nach Benzin«, stellte es fest.
    Wir antworteten nicht. Faquarl setzte zu einer Handbewegung an. Ich wusste, was er vorhatte.
    Warum griff ich überhaupt ein? Reiner Egoismus. Dass Faquarl kurzzeitig abgelenkt war, war die perfekte Gelegenheit abzuhauen, und wenn ich gleichzeitig das Mädchen retten konnte, umso besser. Schließlich hatte mich die Kleine erst auf die Idee gebracht.
    Ich entfachte auf meiner Fingerkuppe einen kleinen Funkenblitz und ließ ihn auf den Koch überspringen.
    Ein leises Zischen wie von einer Gasflamme – und Faquarl verwandelte sich in einen orangegelben Feuerball. Als er vor Schmerzen brüllend blindlings umhertappte und dabei das Gebüsch in Brand setzte, rannte das kleine Mädchen kreischend weg. Keine schlechte Idee – ich folgte ihrem Beispiel. 73
(Bloß ohne Gekreisch. Logisch.)
    Und schon war ich auf und davon und flog mit hundert Sachen Richtung Highgate zurück zu diesem vermaledeiten Dummkopf von einem Herrn und Meister.

Nathanael
26
    Je später es wurde, desto unerträglicher wurde die Angst. Wie eine

Weitere Kostenlose Bücher