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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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unter der Tür durch. »Für meinen Geschmack klingt ›Sir‹ ein bisschen zu förmlich, aber immer noch besser als ›treuloser Dämon‹.«
    »Bartimäus!« Nathanael wich erschrocken zurück. Der Käfer wurde vor seinen Augen immer größer, veränderte sich… und dann stand der dunkelhäutige Junge vor ihm, mit in die Hüften gestemmten Händen und schief gelegtem Kopf. Die Nachbildung war wie immer perfekt: Das Haar schwang bei jeder Bewegung mit, das Licht schimmerte auf der samtigen Haut – man hätte den Jungen unter tausenden von echten Menschen nicht als Fälschung entlarvt. Und doch hatte er etwas Fremdartiges an sich. Vielleicht lag es an den sanften, dunklen Augen, mit denen er Nathanael betrachtete, aber sein Anderssein sprang den Betrachter förmlich an. Nathanael blinzelte und rang um Fassung. Er war genauso verwirrt wie bei ihrer letzten Begegnung.
    Der unechte Junge betrachtete die nackten Dielen und vergilbten Aktenstapel. »Na, wer war denn da ein unartiger kleiner Zauberer?«, bemerkte er trocken. »Wie ich sehe, ist dir Underwood endlich auf die Schliche gekommen. Hat ja lange genug gedauert.«
    Nathanael ging nicht darauf ein. »Dann warst tatsächlich du das am Fenster«, sagte er. »Wie bist du…«
    »Durch den Schornstein, wie denn sonst? Und übrigens: Ich weiß, dass du mich nicht gerufen hast, aber es ging alles so drunter und drüber, dass ich nicht darauf warten konnte. Das Amulett…«
    Die plötzliche Erkenntnis traf Nathanael wie ein Donnerschlag. »Du… du hast Lovelace hierher gebracht!«
    Der Junge wirkte überrascht. »Was?«
    »Lüg mich nicht an, Dämon! Du hast mich verraten! Du hast ihn hergeführt!«
    »Lovelace?« Der Junge sah ehrlich bestürzt aus. »Wo ist er?«
    »Unten. Eben eingetroffen.«
    »Damit hab ich nichts zu tun. Hast du etwa geplaudert?«
    »Ich? Du hast doch…«
    »Ich hab überhaupt nichts gesagt. Ich muss schließlich eine gewisse Tabaksdose in meine Überlegungen mit einbeziehen.« Er zog die Stirn kraus und schien nachzudenken. »Allerdings könnte da eventuell ein Zusammenhang bestehen…«
    »Eventuell?« Nathanael sprang vor Aufregung fast an die Decke. »Du hast ihn hergeführt, du Dummkopf! Los jetzt, hol das Amulett! Du musst es wegschaffen, bevor Lovelace es in Underwoods Zimmer findet!«
    Der Junge lachte rau. »Das kannst du vergessen. Wenn Lovelace hier ist, hat er draußen garantiert ein Dutzend Kugeln postiert. Die pegeln sich auf die Aura des Amuletts ein und stürzen sich auf mich, sobald ich damit das Haus verlasse.«
    Nathanael richtete sich hoch auf. Jetzt da sein Diener zurückgekehrt war, fühlte er sich nicht mehr ganz so hilflos. Noch konnte eine Katastrophe abgewendet werden, vorausgesetzt der Dämon tat, was er von ihm wollte. »Ich befehle dir zu gehorchen!«, setzte er an. »Geh ins Arbeitszimmer…«
    »Vergiss es, Nat.« Der Junge winkte müde ab. »Du stehst nicht mal in einem Pentagramm. Du kannst mich nicht zwingen, irgendwelche neuen Befehle zu befolgen. Jetzt mit dem Amulett abzuhauen, hätte verheerende Folgen, glaub mir. Wie mächtig ist Underwood?«
    »Was?« Nathanael starrte ihn verdutzt an.
    »Wie mächtig? Welche Stufe? So wie sein Bart aussieht, hat er nicht viel drauf, aber ich kann mich irren. Wie fähig ist er? Kann er sich gegen einen Lovelace durchsetzen? Darauf kommt es jetzt an.«
    »Ach so. Nein. Nein, ich glaube nicht…« Nathanael hatte für diese Einschätzung keine konkreten Anhaltspunkte, doch er erinnerte sich noch gut, wie unterwürfig sein Meister vor Lovelace gebuckelt hatte. »Glaubst du…«
    »Deine einzige Chance besteht darin, dass Lovelace, wenn er das Amulett hier findet, die Sache totschweigen will. Vielleicht spricht er sich ja mit Underwood ab. Sonst…«
    Nathanael fröstelte. »Du glaubst doch nicht, dass er…«
    »Herrje! Vor lauter Aufregung hätte ich fast vergessen, warum ich überhaupt hergekommen bin!« Der Junge sprach jetzt mit tiefer, getragener Stimme: »So wisse, dass ich deinen Auftrag ergebenst ausgeführt habe. Ich habe Lovelace observiert. Ich habe das Geheimnis um das Amulett gelüftet. Ich habe alles für dich aufs Spiel gesetzt, oh Herr und Meister. Und ich bin zu dem Schluss gekommen…«, er sprach wieder normal und mit einem schadenfrohen Unterton, »dass du ein Idiot bist. Du hast offenbar keine Ahnung, was du da angerichtet hast! Dein Amulett ist nämlich so zauberkräftig, dass es seit Jahren in staatlicher Verwahrung war – bis Lovelace es gestohlen

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