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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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erschien wieder das Zimmer und Underwoods Körper stand nach wie vor regungslos in seinem Pentagramm.
    Trotz seiner Angst wusste Nathanael nur zu gut, was da vor sich ging. Als Underwood den Spion entdeckt und an Ort und Stelle hatte erstarren lassen, hatte er beschlossen, die Astralverbindung des Kobolds zurückzuverfolgen, um festzustellen, welcher feindliche Zauberer den Dämon beauftragt hatte. Der Ausgangspunkt einer solchen Verbindung konnte kilometerweit entfernt sein und vielleicht hatte sich sein Meister auf eine lange Reise in seiner von dem Dschinn gelenkten Gestalt eingestellt. Falls ja, dann erwartete ihn eine Überraschung.
    Zu spät fiel Nathanael ein, was zu tun war. Das Fenster! Wenn es ihm gelang, die Scheibe auf die Straße zu werfen, dachte sein Meister vielleicht…
    Doch er hatte kaum zwei Schritte gemacht, als auch schon Arthur Underwoods durchscheinender Kopf geräuschlos aus den Dielenbrettern aufstieg. Er war durchsichtig und phosphoreszierte grünlich, die Spitze des angekokelten Bartes steckte noch im Boden. Wie in Zeitlupe drehte sich der Kopf um neunzig Grad, bis er schließlich Nathanael über sich stehen sah – mit dem Zauberspiegel in der Hand.
    Bei diesem Anblick nahm das Gesicht seines Meisters einen Ausdruck an, den Nathanael noch nie an ihm gesehen hatte. Es war nicht die übliche Mischung aus Ungeduld und Geringschätzung, mit der Underwood seinen Zögling so lange drangsaliert hatte. Es war auch nicht der Jähzorn, der am Morgen beim Anblick der Dachkammer auf das Haupt des Gehilfen niedergegangen war. Nein, es war ein Ausdruck tiefster Erschütterung, die sich so urplötzlich in pure Bosheit wandelte, dass Nathanaels Knie ihm den Dienst versagten. Die Scheibe fiel ihm aus der Hand und er sackte gegen die Wand. Er wollte etwas sagen, brachte aber keinen Ton heraus.
    Der Geisterkopf starrte ihn vom Boden aus an und Nathanael erwiderte den Blick wie gebannt. Dann drang Underwoods Stimme aus der umgedrehten Scheibe – ziemlich gedämpft, vielleicht weil sie aus seinem Körper im Arbeitszimmer zwei Stock tiefer kam.
    »Verräter…«
    Nathanael öffnete den Mund, brachte jedoch nur ein ersticktes Krächzen heraus.
    Wieder ertönte die Stimme. »Verräter! Du hast mich hintergangen.
    Ich komme schon noch drauf, wer dich angestiftet hat, mich auszuspionieren.«
    »Niemand… niemand hat mich…« Nathanael konnte nur tonlos flüstern.
    »Mach dich auf was gefasst! Ich komme dich gleich holen!«
    Die Stimme verhallte, Underwoods Kopf schraubte sich wieder in die Dielen und verschwand, das phosphoreszierende Leuchten erlosch. Mit zitternden Händen hob Nathanael die Scheibe auf und spähte hinein. Kurz darauf verschwamm der Blick auf das Arbeitszimmer, als der Geist des Zauberers wieder durch den Kobold hindurchging. Der Geist schwebte über den Teppich, dorthin, wo ihn der Körper erwartete. Als er ihn erreicht hatte, nahm er genau die gleiche Haltung an wie dieser und die beiden verschmolzen miteinander. Im nächsten Augenblick war Underwood wieder er selbst und die schemenhafte Erscheinung befand sich im benachbarten Bannkreis. Mit einem Händeklatschen entließ Underwood den Dschinn. Dieser verbeugte sich und verschwand. Der Zauberer trat mit zornglühenden Augen aus dem Pentagramm, marschierte zur Tür und verschwand aus Nathanaels Gesichtsfeld.
    Jetzt erlosch der Bann, der auf dem Kobold gelegen hatte, und der Säugling erschien in der Scheibe. Er blies erleichtert die Wangen auf. »Uff! Das war aber gar nich gut für meinen Luxuskörper, das kann ich dir flüstern«, schnaufte er. »Erst zieht so’n ekliger Tattergreis direkt durch mich durch und dann benutzt er auch noch meine Verbindung… Ich krieg ne Gänsehaut, wenn ich nur dran denke, aber echt!«
    »Sei still! Sei still!« Nathanael versuchte nachzudenken, obwohl er vor Angst keinen klaren Gedanken fassen konnte.
    »Hör mal, du kannst mir’n Gefallen tun«, sagte der Kobold. »Du hast eh nich mehr viel Zeit, da könntest du mich doch entlassen, bevor du abnippelst. Is nich grade ein Zuckerschlecken in dieser öden Scheibe, ich komm fast um vor Langeweile. Mach schon, Chef. Ich wär dir echt verbunden.« Die Bemühungen des Säuglings, ein gewinnendes Lächeln aufzusetzen, hatten lediglich zur Folge, dass die Scheibe an die Wand geworfen wurde. »Aua! Na, denn mal viel Spaß bei dem, was dir bevorsteht!«
    Nathanael stürzte zur Kammertür und rüttelte hektisch an der Klinke. Er hörte seinen Meister die Treppe

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