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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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packten ihn an der Gurgel.

Bartimäus
30
    Wahrscheinlich war Underwoods Schreibtisch unsere Rettung. Es war ein altmodisches, wuchtiges Möbel, und der Zufall wollte es, dass sich Jabor dahinter materialisierte und nicht davor. Die drei Sekunden, die er brauchte, um dieses Hindernis zu zertrümmern, nutzte ich aus. Ich hatte die ganze Zeit unter der Decke gehangen, in einer Spalte im Verputz über dem Rollo. Jetzt ließ ich mich einfach fallen und verwandelte mich dabei in den Wasserspeierdämon. Ich landete auf meinem Herrn, packte ihn kurz entschlossen am Schlafittchen und rannte, da Jabor das Fenster versperrte, mit ihm zur Tür.
    Mein Eingreifen blieb so gut wie unbemerkt, die beiden Zauberer waren anderweitig beschäftigt. Underwood schleuderte aus seinem schützenden Netz einen knisternden Blitzstrahl aus blauem Feuer auf Lovelace. Der Blitz traf Lovelace in die Brust und erlosch. Das Amulett von Samarkand hatte ihn absorbiert.
    Ich brach mit dem Jungen unter dem Arm durch die verschlossene Tür und rannte die Treppe hinauf. Auf halber Strecke kam eine enorme Detonation hinter uns hergetost und warf uns quer durchs Treppenhaus und so heftig gegen die Wand, dass mir Hören und Sehen verging. Als ich noch benommen am Boden lag, hörte ich es mehrmals ohrenbetäubend krachen. Offenbar hatte es Jabor ein bisschen zu gut gemeint, denn es hörte sich an, als wäre der Fußboden des Arbeitszimmers eingebrochen. 80
(Typisch Jabor. Er ist genau der Typ, der fröhlich den Ast absägt, auf dem er gerade sitzt, oder der einen Fußboden von der Tür aus streicht, bis er zum Schluss in der hintersten Zimmerecke festsitzt. Jedenfalls wenn er Hobbyheimwerker gewesen wäre – was nicht der Fall war.)
    Es dauerte nur einen Augenblick, dann bekam ich meine Substanz wieder auf die Reihe und konnte aufstehen, aber ob du’s glaubst oder nicht, in diesem einen Augenblick hatte sich der dusslige Junge aus dem Staub gemacht, und ich sah gerade noch, wie er die Treppe wieder hinunterlief.
    Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Hatte ich ihm nicht eingeschärft, sich rauszuhalten? Er war schon Lovelace geradewegs in die Arme gerannt und hatte damit nicht nur sein Leben, sondern auch meines aufs Spiel gesetzt. Und jetzt hatte er offenbar nichts Besseres zu tun, als sich Jabor freiwillig in den Rachen zu werfen. Es ist völlig in Ordnung, wenn man sein Heil in der Flucht sucht, aber doch bitte in der richtigen Richtung! Verärgert breitete ich die Flügel aus und flatterte hinter ihm her.
    Die zweite eiserne Regel beim Weglaufen lautet: Bloß kein Krach! Als der Junge im Erdgeschoss angekommen war, stieß er ein Gebrüll aus, das durch das ganze Treppenhaus schallte: »Mrs Underwood! Mrs Underwood! Wo sind Sie?« Seine Rufe übertönten sogar das dröhnende Krachen, das unterdessen das gesamte Haus erschütterte.
    Ich verdrehte die Augen und sauste das letzte Stück Treppe hinunter. Die Diele im Erdgeschoss füllte sich bereits mit dichtem Qualm. Dahinter flackerte es rot. Der Junge war vor mir – ich sah ihn auf das Feuer zustolpern.
    »Mrs Underwood!«
    Hinter den Rauchschwaden bewegte sich etwas. Eine Gestalt kauerte hinter einer Flammenwand in der Ecke. Der Junge hatte sie auch gesehen und wankte darauf zu. Ich flog schneller und streckte die Tatzen aus.
    »Mrs Underwood? Sind Sie das?«
    Die Gestalt erhob sich und richtete sich zu ihrer ganzen Größe auf. Sie hatte einen Tierkopf.
    Der Junge wollte aufschreien, doch da hatte ich ihn endlich eingeholt und packte ihn um die Taille. Er begnügte sich mit einem erstickten Gurgeln.
    »Ich bin’s, du Spinner.« Ich zerrte ihn rückwärts zur Treppe. »Der dort hat es auf dich abgesehen. Willst du unbedingt so enden wie dein Meister?«
    Sein Gesicht verlor jeden Ausdruck. Die Frage schockierte ihn. Ich glaube, bis dahin hatte er noch gar nicht richtig begriffen, was um ihn herum vor sich ging, obwohl er mit eigenen Augen gesehen hatte, wie es dazu gekommen war. Ich klärte ihn nur allzu gern auf. Er musste endlich lernen, dass alles, was er tat, gewisse Folgen hatte.
    Nun trat Jabor aus dem Flammenmeer hervor. Seine Haut glänzte wie eingeölt und blinkte im Widerschein des flackernden Feuers, als er durch die Diele auf uns zustapfte.
    Wir hasteten die Treppe wieder hinauf. Ich ächzte unter dem Gewicht meines Herrn. Seine Arme und Beine hingen schlaff herab und er schien zu keiner Bewegung mehr fähig.
    »Nach oben«, knurrte ich. »Das hier ist ein Reihenhaus. Wir versuchen es übers

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