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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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umbringen!«
    Schyler nickte, als wäre er mit dieser Antwort zufrieden. »Ich weiß. Genau das habe ich ihm auch gesagt. Ich habe dich nämlich durchschaut. Du bist bloß ein einfältiges, irregeleitetes Kind. Unvernünftig und schlecht erzogen. Tja! Du kannst uns nicht nützlich sein.«
    Er machte einen Schritt auf Nathanael zu. Seine Schuhsohlen quietschten auf dem gewienerten Boden.
    »Na, willst du nicht weglaufen, Kleiner? Dein Dschinn ist nicht mehr da. Ohne ihn bist du wehrlos. Soll ich dir einen kleinen Vorsprung lassen?«
    Nathanael lief nicht weg. Er wusste, dass es aussichtslos war. Er warf einen kurzen Blick auf die übrigen Vitrinen, konnte aber nicht richtig erkennen, was darin ausgestellt war, denn sein Feind stand davor.
    »Weißt du«, sinnierte der Alte, »als ich dir zum ersten Mal begegnet bin, war ich wirklich beeindruckt von dir – so jung, so klug und wissbegierig. Simon ist zu grob mit dir umgesprungen. Sogar die Sache mit den Stechlingen empfand ich eher als Scherz und als Beweis für deinen Mut. Normalerweise würde ich dich erst foltern, das macht mehr Spaß, aber da ich gleich noch Wichtigeres zu tun habe, fehlt mir schlicht die Zeit dazu.«
    Der Zauberer hob die Hand und sprach ein Wort. Ein schwarzer Strahlenkranz umwaberte seine Finger. Nathanael warf sich zur Seite.

Bartimäus
39
    Hoffentlich fing sich der Junge keinen Ärger ein, bevor ich wieder bei ihm war. Ins Haus einzudringen dauerte länger, als ich gedacht hatte.
    Die Eidechse flitzte die Hauswand hinauf und hinunter, huschte immer zielloser und hastiger über Gesimse, Bögen und Pilaster. Alle Fenster, an denen sie vorbeikam – das Herrenhaus hatte ausgesprochen viele davon –, waren fest verriegelt. Enttäuscht ließ sie die Zunge herausschnellen. Hatten Lovelace und Konsorten noch nie etwas von den Vorzügen frischer Luft gehört?
    Minute um Minute verstrich ohne jeden Erfolg. Um ehrlich zu sein, war ich nicht darauf erpicht, mir mit Gewalt Einlass zu verschaffen, höchstens als allerletztes Mittel. Man konnte nie wissen, ob die Zimmer hinter den Fenstern nicht mit Wächtern bestückt waren, die beim kleinsten verdächtigen Geräusch anschlugen. Eine Ritze, ein schmaler Spalt hätten mir gereicht… Doch das ganze Gebäude war fest verrammelt.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als es durch den Schornstein zu versuchen.
    In dieser Absicht machte ich mich in Richtung Dach auf. Unterwegs fiel mir an einem Seitenflügel eine Reihe reich verzierter, sehr hoher Fenster auf. Der Größe nach zu urteilen, musste sich dahinter ein ziemlich großer Raum befinden. Und nicht nur das: Auf der siebten Ebene zog sich ein hoch sensibles, magisches Gitterwerk im Zickzack über die Scheiben. Kein anderes Fenster des Anwesens wies derartige Sicherheitsvorkehrungen auf. Meine Neugier war geweckt.
    Die Eidechse sauste los, um die Sache aus der Nähe zu betrachten. Ihre Schuppen schurrten über die Mauer, dann machte sie auf einer Säule Halt und streckte den Kopf vor, darauf bedacht, Abstand zu den glühenden Gitterstäben zu halten. Der Blick durch die Scheibe war tatsächlich lohnend. Die Fenster führten auf einen geräumigen, runden Fest-oder Vortragssaal, der von einem Dutzend Kronleuchter hell erleuchtet wurde. In der Mitte stand ein kleines, mit rotem Stoff drapiertes Podium, um das herum im Halbkreis an die hundert Stühle aufgestellt waren. Auf dem Podium befand sich ein Rednerpult mit Wasserkaraffe und Glas. Ganz offensichtlich sollte die Konferenz in diesem Raum stattfinden.
    Von den Kristalllüstern bis zu den mit vergoldetem Stuck überladenen Wänden entsprach die komplette Ausstattung dem (höchst gewöhnlichen) Geschmack der Zauberer, wenn es um die Zurschaustellung von Wohlstand und Status ging. Das Außergewöhnliche daran war jedoch der Fußboden, der ganz aus Glas zu bestehen schien. Die funkelnde, glitzernde Fläche reichte von einer Wand zur anderen und brach das Licht in allen Regenbogenfarben. Zu allem Überfluss war unter der Glasfläche ein riesiger, wunderschöner Teppich ausgebreitet. Er stammte aus Persien und zeigte – umgeben von einer Fülle von Drachen, Schimären, Mantikoren und Vögeln – eine bis ins kleinste Detail wiedergegebene Jagdszene. Ein lebensgroßer Prinz ritt mit seinem Hofstaat durch den Wald, begleitet von Hunden, Leoparden, Falken und anderen zur Jagd abgerichteten Tieren. Vor ihnen her stob ein schnellfüßiges Hirschrudel durchs Unterholz. Hörner wurden geblasen, Wimpel wehten. Es war

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