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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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nicht mehr bebten. Es war ganz normal, dass er Angst hatte. Schließlich war er nur um Haaresbreite dem Aufpeitschenden Zirkel entgangen. Er war zum ersten Mal dem Tode nah gewesen, das konnte nicht ohne Folgen bleiben. In ein paar Minuten würde alles wieder in Ordnung sein, dann konnte er den Bannzauber durchführen, mit dem Bus zur Themse fahren und…
    Der Dschinn kannte seinen Geburtsnamen.
    Er wusste, wie er richtig hieß.
    Bartimäus von Uruk, Sakhr al-Dschinni von Al-Arish, hatte seinen Namen herausbekommen, und das durch seine eigene Unvorsichtigkeit. Mrs Underwood hatte ihn mit seinem Namen angesprochen, der Dschinn hatte zugehört und in diesem Augenblick war die erste und wichtigste Regel verletzt worden. Und damit war Nathanael angreifbar, womöglich für den Rest seines Lebens.
    Panik schnürte ihm die Luft ab, er hätte fast gewürgt. Zum ersten Mal, seit er sich erinnern konnte, brannten ihm Tränen in den Augen. Die erste und wichtigste Regel… Wer sie verletzte, besiegelte seinen eigenen Untergang. Dämonen fanden immer Mittel und Wege. Gab man ihnen auch nur ein bisschen Macht, dann erwischten sie einen früher oder später. Es konnte Jahre dauern, aber irgendwann…
    Er erinnerte sich an berühmte Fallstudien aus seinen Büchern. Werner von Prag zum Beispiel: Er hatte zugelassen, dass ein harmloser Kobold in seinen Diensten seinen Geburtsnamen erfuhr. Es dauerte nicht lange, bis der Kobold es einem Foliot erzählt hatte, der Foliot einem Dschinn und der Dschinn einem Afrit. Und drei Jahre später, Werner überquerte gerade den Wenzelsplatz, um sich eine Räucherwurst zu kaufen, wurde er von einem Wirbelwind entführt. Stundenlang gellten seine Schreie den Städtern, die unten auf dem Platz ihren Geschäften nachgingen, in den Ohren, bis der nervenzerfetzende Lärm schließlich damit endete, dass der Zauberer, in seine Einzelteile zerlegt, auf Wetterhähne und Schornsteine herabregnete. Anderen unaufmerksamen Magiern war sogar noch Schlimmeres widerfahren. Paulo von Turin zum Beispiel, Septimus Manning, Johann Faustus…
    Ein Schluchzen entrang sich ihm und der leise Klagelaut rüttelte ihn wieder auf. Schluss mit Verzweiflung und Selbstmitleid! Noch war er nicht tot, noch hatte er Gewalt über den Dämon. Jedenfalls wenn er die Tabaksdose losgeworden war. Er musste sich zusammenreißen.
    Nathanael rappelte sich taumelnd hoch. Er bot seine ganze Willenskraft auf, um die Angst abzuschütteln, und widmete sich den erforderlichen Vorbereitungen. Das Pentagramm wurde neu gezogen, das Räucherwerk ausgetauscht, frische Kerzen wurden angezündet. Nathanael stahl sich in die Bibliothek seines Meisters und überprüfte noch einmal die Zauberformel. Dann füllte er die Tabaksdose mit Rosmarin, legte sie in ihren Kreis und intonierte den Unbeschränkten Bannzauber. Nach fünf endlosen Minuten war sein Mund ausgetrocknet und seine Stimme heiser, doch auf der Oberfläche der Büchse schimmerte eine stahlgraue Aura, glomm auf und verlosch wieder. Nathanael nannte Bartimäus’ Namen, fügte ein astrologisches Datum hinzu, ab dem der Bann gelten sollte, und beendete die Formel. Die Dose sah wieder aus wie zuvor. Nathanael steckte sie in die Jackentasche, löschte die Kerzen und zog den Teppich über die Zeichen auf dem Boden. Dann brach er auf dem Bett zusammen.
    Als Mrs Underwood ihrem Mann eine Stunde später das Mittagessen brachte, vertraute sie ihm ihren Kummer an.
    »Der Junge macht mir Sorgen«, sagte sie. »Er hat sein Brot kaum angerührt. Er hat sich auf die Küchenbank plumpsen lassen und war käseweiß im Gesicht, als wäre er die ganze Nacht auf gewesen. Entweder macht ihm irgendetwas Angst oder er brütet irgendeine Krankheit aus.« Sie unterbrach sich. »Was ist denn, mein Lieber?«
    Mr Underwood inspizierte das Essen auf seinem Teller. »Du hast das Mango-Chutney vergessen, Martha, dabei weißt du doch, dass ich es gern zu Schinken und Salat esse.«
    »Es ist alle, mein Lieber. Also, was sagst du dazu? Was sollen wir machen?«
    »Neues kaufen natürlich! Wirklich, Frau…«
    »Ich meine doch mit dem Jungen.«
    »Hmm? Ach, dem geht’s prima. Der Bursche ist nur nervös wegen seiner Benennung. Und weil er bald seinen ersten Kobold beschwören soll. Ich weiß noch, was ich damals für eine Angst ausgestanden habe, mein Meister musste mich praktisch in das Pentagramm prügeln.« Mr Underwood stopfte sich eine Gabel Schinken in den Mund. »Sag ihm, er soll in anderthalb Stunden zu mir in die

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