Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
entlassen und zu hoffen, dass mich zeit seines Lebens niemand mehr herbeizitierte.
    Dachte ich jedenfalls. Aber er war ein ungewöhnlich cleveres, erfinderisches Bürschchen.
    »Nein«, sagte er gedehnt. »Wenn du mich verpfeifen willst, kann ich dich nicht daran hindern. Aber ich kann dafür sorgen, dass es dir nicht besser ergeht als mir. Mal sehen…«
    Er kramte in den Taschen seines schäbigen Mantels. »Da muss doch irgendwo noch… Aha!« Er förderte eine kleine, verbeulte Dose zutage, auf der mit verschnörkelter Schrift Lungenstolz stand.
    »Das ist ja eine Tabaksdose!«, rief ich aus. »Weißt du nicht, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist?«
    »Da ist kein Tabak mehr drin«, erwiderte der Junge. »Das ist eins von den Räuchergefäßen meines Meisters. Randvoll mit Rosmarin.« Er lüftete den Deckel einen winzigen Spalt, und prompt stieg mir ein Schwall höllischen Gestanks in die Nase, bei dem mir die Haare zu Berge standen. Manche Kräuter sind für unsereinen ausgesprochen schädlich und dazu gehört auch Rosmarin. Folglich sind Zauberer ganz wild darauf. 40
(Mit schützendem Kräuter-Rasierwasser und Kräuter-Deodorant wird jede Menge Geld gemacht. Simon Lovelace zum Beispiel stank nach Digitalis-Deoroller. )
    »Spül es lieber aus und füll richtigen Tabak rein«, riet ich ihm. »Das ist gesünder.«
    Der Junge klappte den Deckel wieder zu. »Ich erteile dir jetzt einen Auftrag«, verkündete er. »Sobald du weg bist, spreche ich einen Unbeschränkten Bannzauber aus, der dich in diese Dose einsperrt. Der Zauber tritt nicht sofort in Kraft, sondern ich richte es so ein, dass er erst in einem Monat wirksam wird. Sollte ich aus irgendeinem Grund vor Ablauf dieser Frist nicht mehr da sein, um den Bann aufzuheben, wirst du in die Dose hineingezogen und sitzt darin fest, bis sie jemand eines fernen Tages wieder öffnet. Na, wie gefällt dir das? Ein paar hundert Jahre in einer kleinen Rosmarinbüchse? Ist bestimmt prima für den Teint.«
    »Du bist eine miese, kleine Ratte, weißt du das?«, erwiderte ich mürrisch.
    »Und für den Fall, dass du erwägst, es darauf ankommen zu lassen, beschwere ich die Dose mit Steinen und versenke sie heute noch in der Themse. Rechne also lieber nicht damit, dass dich so bald jemand da rausholt.«
    »Schon gut.« Korrekt – ich bin zwar ein Optimist, aber nicht geisteskrank. 41
(Der Unbeschränkte Bannzauber ist echt eklig und eins der stärksten Druckmittel, die einem Zauberer zur Verfügung stehen. Wenn man Pech hat, ist man jahrhundertelang in einem furchtbar engen Behälter eingesperrt, der womöglich auch noch ausgesprochen peinlich ist. Streichholzschachteln, Flaschen, Handtaschen… ich kannte sogar mal einen Dschinn, der in einer dreckigen alten Lampe festsaß. )
    Er machte ein abscheulich triumphierendes Gesicht und sah dabei aus wie einer von diesen fiesen Jungen auf dem Spielplatz, die einem beim Klickern immer die Lieblingsmurmeln abnehmen.
    »Also, Bartimäus«, sagte er mit unverschämtem Grinsen. »Was hältst du davon?«
    Ich schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Wie wär’s, wenn du den ganzen Quatsch vergisst und mir einfach vertraust?«
    »Kommt nicht infrage.«
    Ich gab auf. Es ist aber auch wirklich ein Elend. Man kann sich noch so viel Mühe geben, diese Zauberer finden am Ende immer einen Dreh, um einen auszutricksen.
    »Meinetwegen, Nathanael«, seufzte ich. »Wie lautet mein Auftrag?«

Teil Zwei
Bartimäus15
    Kaum hatte sich der Dschinn in eine Taube verwandelt und war davongeflattert, schloss Nathanael das Fenster, zog die Vorhänge zu und ließ sich auf den Boden sinken. Er war weiß wie ein Laken und zitterte am ganzen Leib vor Erschöpfung. Fast eine geschlagene Stunde blieb er so an die Wand gelehnt sitzen und starrte vor sich hin.
    Er hatte es geschafft. Er hatte alles richtig gemacht. Er hatte den Dämon überlistet und wieder in seinen Dienst gezwungen. Jetzt musste er bloß noch die Tabaksdose mit dem Bindezauber versehen, dann blieb Bartimäus nichts anderes übrig, als ihm so lange zu gehorchen, wie er es wollte. Es würde alles gut gehen. Es gab nichts, worüber er sich Sorgen machen musste. Nichts, aber auch gar nichts.
    Das sagte er sich immer wieder vor. Aber seine Hände zitterten trotzdem, sein Herz hämmerte schmerzhaft gegen die Rippen, und die selbstbewussten Sprüche, mit denen er sich zu beruhigen suchte, wollten einfach nicht wirken. Wütend zwang er sich, tief durchzuatmen, und verschränkte die Hände, damit sie

Weitere Kostenlose Bücher