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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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gründet. Also, dann…« Harlekins Ton wurde plötzlich geschäftsmäßig. »Der Kobold, der mich aufgesucht hat, meinte, Sie seien in einem Auftrag der höchsten Geheimhaltungsstufe hier. Worum geht es und was für Informationen wollen Sie von mir?«
    Nathanael schilderte stichwortartig und mit einer gewissen Erleichterung die wichtigsten Ereignisse der vergangenen paar Tage. Der Mann in der Kutte hörte schweigend zu.
    »Ein Golem drüben in London?«, sagte er, als Nathanael fertig war. »Es gibt doch nichts, was es nicht gibt! Damit wären wir ja schon wieder beim Thema ›Schauerkram‹, ob es Ihnen nun passt oder nicht. Erstaunlich…«
    »Erstaunlich, aber erklärlich?«, fragte Nathanael hoffnungsvoll.
    »Keine Ahnung. Aber ich hätte da vielleicht ein paar Tipps für Sie… Ducken! Schnell!« Wie vom Blitz gefällt, warf er sich zu Boden, und Nathanael ließ sich ohne Zögern daneben fallen. Die Wange in die Friedhofserde gedrückt, lauschte er den schweren Schritten von Schaftstiefeln, die über den kopfsteingepflasterten Vorplatz trampelten. Ein schwacher Geruch nach Zigarettenrauch wehte heran. Die Schritte verhallten. Der Agent blieb noch einen Augenblick liegen, dann rappelte er sich unbeholfen auf. »Eine Streife«, erklärte er. »Zum Glück ist ihr Geruchssinn von den Fluppen abgetötet, die sie paffen. Fürs Erste ist die Luft rein.«
    »Sie sagten eben…«, nahm Nathanael den Faden wieder auf.
    »Richtig. Zunächst mal, was das Golemauge betrifft, so lagern etliche dieser Objekte in den Magiedepots der tschechischen Regierung. Der Prager Stadtrat verweigert jeden Zugang. Soweit ich weiß, werden sie nicht für zauberische Zwecke eingesetzt, sind aber von großem symbolischem Wert, da die Golems im Krieg eine wichtige Rolle spielten und Gladstones Truppen auf seinem ersten Europafeldzug große Verluste zugefügt haben. Vor ein paar Jahren wurde eins davon gestohlen, der Dieb nie gefasst. Ich vermute – aber es handelt sich wirklich um eine reine Vermutung –, dass dieses Auge dasselbe ist, das später in der Sammlung Ihres Freundes Simon Lovelace auftauchte.«
    »Verzeihung«, unterbrach ihn Nathanael scharf, »aber Mr Lovelace war nicht mein Freund.«
    »Tja, jetzt ist er jedenfalls niemandes Freund mehr, stimmt’s? Weil er mit seinem Staatsstreich gescheitert ist. Hätte er sich durchgesetzt, hättet ihr ihm allesamt die Füße geküsst, und er hätte sich vor Einladungen nicht mehr retten können.« Ein gedehntes, schwermütiges, geringschätziges Schnauben drang unter der Kapuze hervor. »Halten Sie mal kurz, ich muss eben einen Schluck trinken.«
    »Igitt! Das ist ja ganz feucht und kalt! Machen Sie schnell!«
    »Ich hab’s gleich.« Harlekins Hände kramten umständlich in seinem faltigen Gewand, dann kamen sie mit einer dunkelgrünen, zugekorkten Flasche wieder zum Vorschein. Der Agent zog den Korken heraus und kippte die schräg gehaltene Flasche in die Kapuze. Es gluckste und roch nach Hochprozentigem.
    »Aah, tut das gut!« Unsichtbare Lippen schmatzten, der Korken wanderte wieder auf die Flasche und die Flasche zurück in die Kutte. »Jetzt können Sie’s mir wiedergeben. Hoffentlich haben Sie nichts kaputtgemacht. Es ist nämlich ziemlich empfindlich. Also«, fuhr Harlekin fort, »vielleicht wollte Lovelace das Auge ja selbst benutzen, aber dann hat ihm der Tod die Tour vermasselt. In diesem Fall hat vielleicht hinterher einer seiner Spießgesellen – wer weiß? – der britischen Regierung das Auge entwendet, und wie es aussieht, hat er das Ding aktiviert… Ab da wird die Sache knifflig.«
    »Dazu braucht man aber eine bestimmte Formel«, wandte Nathanael ein. »Die schreibt man auf einen Pergamentstreifen und steckt sie dem Golem in den Mund, damit er zum Leben erwacht. Und wie das geht, weiß niemand mehr, jedenfalls in London nicht.«
    Der Agent nickte. »Dieses Geheimwissen ist wahrscheinlich in Vergessenheit geraten, genauso gut kann es aber in Prag noch bekannt sein und bloß zurzeit nicht zum Einsatz kommen. Im Moment sind die Tschechen darauf aus, sich mit London gutzustellen, denn die Engländer sind ihnen überlegen. Der Stadtrat beschränkt sich darauf, Spione und kleine Gruppen nach drüben zu entsenden, die dort in aller Stille Erkundigungen einziehen sollen. So ein Golem… das würde aus tschechischer Sicht viel zu viel Aufsehen erregen. Dann müssten die Tschechen ja damit rechnen, dass ihr Land im Gegenzug sofort besetzt wird. Nein, ich glaube, Sie haben es

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