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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Streifenmuster in Rosa und Ziegelrot. Ausgeblichene Theaterplakate und angestoßene Messingkronleuchter, die mattes, flackerndes Licht spendeten, waren die einzige Ausstattung. Kitty ging schneller, bis sie an die Treppe kam.
    Sie stieg die flachen Stufen der langen, geschwungenen Treppe empor. Auf dem ersten Absatz musste sie sich fast einmal um sich selber drehen, dann kamen der nächste Treppenabschnitt, ein leerer Gang und schließlich zu ihrer Linken sechs mit Vorhängen versehene, etwas zurückgesetzte Türöffnungen. Dahinter befanden sich die ausschließlich für Zauberer reservierten Logen im ersten Rang.
    Über jedem Vorhang war ein Messingschild mit einer Nummer angebracht. Kitty ging ohne anzuhalten bis zur letzten Türöffnung. Es war die Nummer sieben. Dort wollte der Unbekannte auf sie warten.
    Wie bei den anderen Logen war der Vorhang geschlossen. Kitty blieb davor stehen und lauschte, hörte aber nichts. Eine Strähne fiel ihr ins Gesicht und sie strich sie hinters Ohr. Dann tastete sie nach dem Glück bringenden Silberanhänger in ihrer Tasche, schob den Vorhang entschlossen beiseite und trat ein.
    Bis auf zwei protzige vergoldete Armlehnsessel, die mit dem Rücken zum Durchgang standen, war die Loge leer. Der vordere Vorhang, der die Insassen bei Bedarf vor den Blicken des übrigen Publikums abschirmte, war halb zugezogen. Kitty runzelte verwundert und enttäuscht die Stirn. Hatte sie sich in der Nummer geirrt oder stimmte die Uhrzeit nicht? Nein. Wahrscheinlicher war, dass der unbekannte Gönner kalte Füße bekommen hatte und gar nicht erst auftauchte.
    An einer Armlehne war ein kleiner Zettel angepinnt. Als Kitty ihn abnahm, streifte sie ein leiser Luftzug, und sie vernahm ein fast unhörbares Geräusch. Instinktiv fuhr ihre Hand in die Manteltasche. Dann spürte sie etwas Kleines, Spitzes im Nacken und hielt erschrocken inne.
    »Bitte drehen Sie sich auf keinen Fall um, meine Liebe«, sagte eine leise, bedächtige Stimme. »Das, was Sie da spüren, ist ein Stilett, das in Rom eigens für die Borgias geschmiedet wurde. Die scharfe Spitze ist nicht sein einziger Vorzug, einen Fingerbreit weiter oben sitzt ein Tropfen Gift. Gerät dieses Gift in Ihre Wunde, tritt binnen dreizehn Sekunden der Tod ein. Ich erwähne das nur deshalb, damit wir nicht womöglich unsere Umgangsformen vergessen. Und jetzt nehmen Sie bitte, ohne sich umzudrehen, diesen Sessel und stellen ihn so hin, dass er zur Wand zeigt… Gut so. Setzen Sie sich. Ich setze mich hinter Sie und dann können wir uns unterhalten.«
    Kitty drehte den Sessel um, ging langsam darum herum und ließ sich vorsichtig darauf nieder, wobei sie die ganze Zeit die spitze Klinge im Nacken spürte. Sie hörte Stoff rascheln, Lederschuhe quietschen und das leise, behagliche Seufzen, mit dem es sich jemand bequem machte. Sie blickte stumm an die Wand.
    Dann meldete sich die Stimme wieder. »Gut. Das wäre erledigt. Kommen wir zur Sache. Sie verstehen doch, dass es sich bei meinen Vorkehrungen lediglich um Vorsichtsmaßnahmen handelt? Ich will Ihnen keinesfalls Schaden zufügen.«
    Kitty blieb reglos sitzen. »Umgekehrt gilt dasselbe«, erwiderte sie ruhig. »Trotzdem haben auch wir gewisse Vorsichtsmaßnahmen getroffen.«
    »Und die wären?«, brummte der Unbekannte.
    »Meine Freundin wartet draußen vor dem Theater. Sie hat einen Beutel mit explosiven Gelkugeln dabei, sechsfache Dämonenladung. Eine ziemlich wirkungsvolle Waffe, mit der man ganze Gebäude hochgehen lassen kann. Haben wir neulich aus dem Waffenlager des Verteidigungsministeriums gestohlen. Ich erwähne das nur, damit Sie uns nicht unterschätzen! Aber auch deshalb, weil meine Freundin, wenn ich nicht in einer Viertelstunde wieder rauskomme, die Kobolde scharf macht und zur Tür reinschmeißt.« Kitty verzog keine Miene. Das Ganze war schamlos gelogen.
    Leises Kichern. »Das haben Sie nett gesagt, meine Liebe. Dann sollten wir uns lieber beeilen. Wie Ihnen Mr Hopkins sicherlich mitgeteilt hat, bin ich ein Privatmann mit guten Beziehungen zu den Zauberern und habe mich gelegentlich sogar selbst in dieser Kunst versucht. Aber genau wie Sie habe ich endgültig die Nase voll von unserer Regierung!« Der Unbekannte sprach jetzt mit einem aufgebrachten Unterton. »Aufgrund einiger unbedeutender finanzieller Unstimmigkeiten hat man mich meines Wohlstands und meiner Besitztümer beraubt! Ich, der ich einst in Seidenbettwäsche aus Taschkent schlief, bin jetzt bettelarm! Es ist unerträglich! Den

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