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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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plötzlich.
    »Wenn Ihre Kinder noch am Leben sind, schicke ich sie Ihnen zurück. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
    Der Sterbende bot seine letzten Kräfte auf und richtete den Blick auf meinen Herrn. Seine Augen waren nicht mehr stumpf, sondern hatten einen eindringlich forschenden Ausdruck angenommen, und er musterte Nathanael skeptisch. »Sie sind sehr jung für so ein Versprechen«, flüsterte er.
    »Ich bin ein angesehenes Mitglied der Regierung«, erwiderte Nathanael. »Ich bin bevollmächtigt…«
    »Schon, aber sind Sie auch vertrauenswürdig?« Kavka seufzte schwer. »Letztendlich sind und bleiben Sie Engländer. Ich will Ihren Dämon befragen.« Er ließ Nathanael nicht aus den Augen, als er sich an mich wandte: »Was sagst du dazu? Ist er vertrauenswürdig?«
    Ich blies die Wangen auf und stieß die Luft zischend wieder aus. »Da fragen Sie mich was… Er ist ein Zauberer. Diese Typen gehen über Leichen. Aber er ist ein klein bisschen weniger skrupellos als die meisten anderen. Vielleicht. Ein winziges bisschen.«
    Nathanael schielte zu mir herüber. »Herzlichen Dank, dass du derart überzeugend für mich eintrittst, Bartimäus.«
    »Nichts zu danken.«
    Zu meiner Überraschung nickte Kavka. »Na schön. Machen Sie das mit Ihrem Gewissen aus, mein Junge, ich lebe ohnehin nicht mehr lange genug. Eigentlich bin ich schon jetzt so gut wie tot. Ihr beide seid mir im Grunde gleichgültig. Von mir aus könnt ihr euch gegenseitig fertig machen, bis ganz England in Schutt und Asche liegt. Ich will euch alles sagen, was ich weiß, und es damit gut sein lassen.« Er hüstelte kraftlos, das Kinn auf die Brust gedrückt. »Eins könnt ihr mir immerhin glauben: Dieses Pergament hier stelle ich nicht mehr fertig. Es wird keinen zweiten Golem geben, der in den Straßen Londons sein Unwesen treibt.«
    »Na, das ist aber wirklich schade!«, sagte eine tiefe Stimme.

Nathanael
29
    Nathanael hätte nicht sagen können, wie der Mann hereingekommen war. Weder war draußen der Alarm ausgelöst worden, noch hatte irgendeiner von ihnen – Nathanael, Kavka, ja nicht einmal Bartimäus – ihn das Haus betreten hören. Trotzdem stand er da, lässig an die Leiter zum Obergeschoss gelehnt, die kräftigen Arme locker vor der Brust verschränkt.
    Nathanael klappte der Mund auf, aber er blieb stumm und schnappte nur entsetzt nach Luft, als er ihn wiedererkannte.
    Der schwarzbärtige Söldner. Simon Lovelace’ Meuchelmörder.
    Der schwarzbärtige Söldner. Simon Lovelace’ Meuchelmörder.
    Nach dem Anschlag in Heddleham Hall zwei Jahre zuvor war er der Festnahme entgangen. Regierungsbeamte hatten landauf, landab nach ihm gefahndet, sowohl in Großbritannien als auch auf dem Kontinent, aber ohne Erfolg – er war spurlos verschwunden. Irgendwann hatte die Polizei die Suche aufgegeben und die Akte geschlossen. Nur Nathanael hatte ihn nicht vergessen können. Ein schreckliches Bild hatte sich ihm unauslöschlich eingeprägt: wie der Söldner in Lovelace’ Arbeitszimmer trat, das Amulett von Samarkand in der Hand, den Mantel mit dem Blut seines Opfers bespritzt. Seit Jahren hatte ihm dieser Anblick wie eine schwere Last auf der Seele gelegen.
    Und nun stand der Auftragskiller zwei Meter vor ihnen und maß sie nacheinander mit kaltem Blick.
    Wie damals strotzte er auf geradezu unheilvolle Art vor Lebenskraft. Er war groß und durchtrainiert, hatte blaue Augen und buschige Brauen. Den Bart schien er sich ein Stück gestutzt zu haben, das Haupthaar dagegen trug er noch länger als früher, denn es reichte ihm fast bis auf die Schultern. Von Kopf bis Fuß war er pechschwarz gekleidet: weites Hemd, gefütterte lange Jacke, Pluderhose, kniehohe Stiefel. Sein aufdringliches Selbstbewusstsein traf Nathanael wie ein Fausthieb. Schlagartig wurde er sich der eigenen Schmächtigkeit und Schwäche bewusst.
    »Du brauchst uns nicht vorzustellen, Kavka«, sagte der Mann mit tiefer, träger Stimme. »Wir drei sind alte Bekannte.«
    Der alte Mann stieß einen langen, traurigen Seufzer aus, der schwer zu deuten war. »Es wäre sowieso sinnlos. Ich weiß ohnehin nicht, wie Sie alle heißen.«
    »Wie jemand heißt, war für uns noch nie ein Thema.«
    Falls der Dschinn erschrocken war, ließ er sich jedenfalls nichts anmerken. »Ich sehe, du hast dir deine Stiefel wiedergeholt«, sagte er.
    Die dunklen Brauen zogen sich zusammen. »Ich habe ja gesagt, dass ich dir das noch mal heimzahle. Und zwar dir und dem Jungen!«
    Bis dahin hatte Nathanael wie vom

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