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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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ohrenbetäubender Alarm los, der allem Anschein nach in dutzenden Glocken und schlagenden Uhren bestand. Nathanael sah mich an. Ich sah Nathanael an. Bevor einer von uns reagieren konnte, verstummte das Geklingel und es rasselte hinter der Tür des Häuschens. Dann wurde die Tür aufgerissen und ein großer Mann mit zornsprühendem Blick und einem Käppchen auf dem Schädel kam herausgeschossen. 52
( Er trug nicht nur ein Käppchen, sondern auch noch andere Kleidungsstücke. Das nur für den Fall, dass du rote Ohren gekriegt hast. Einzelheiten werden später nachgeliefert, ja? Das hat was mit dem erzählerischen Spannungsbogen und so zu tun. )
    »Hab ich mich etwa nicht klar ausgedrückt?«, brüllte er. »Sie kommen zu früh! Ich bin nicht vor Tagesanbruch fertig! Können Sie mich nicht ein Mal in Ru-…Ach!« Erst jetzt nahm er von uns Notiz. »Wer zum Teufel…?«
    »Knapp daneben, aber vom Ansatz her nicht falsch«, erwiderte ich. Dann stürzte ich mich auf ihn und warf ihn zu Boden. Kurz darauf hatte ich ihm mit der Kordel seines Morgenmantels die Hände ordentlich auf den Rücken gefesselt. 53
(Na also. Er trug auch noch einen Morgenmantel. Und einen Schlafanzug, Wenn du’s genau wissen willst. Alles ganz korrekt und schicklich)
Das hinderte ihn an irgendwelchen Gesten, mit denen er Hilfe hätte herbeirufen können. 54
(Auch an gewissen unschicklichen Gesten, die für den Kleinen noch nicht altersgemäß waren. )
Zusätzlich knebelte ich ihn mit einem Fetzen von Nathanaels Hemd, um auch mündlichen Befehlen vorzubeugen. Als das erledigt war, zog ich ihn wieder hoch und verfrachtete ihn ins Haus, ehe mein Herr auch nur den Mund aufmachen und mir irgendwelche Anweisungen erteilen konnte. Wenn es wirklich drauf ankommt, können wir Dschinn ganz schön fix sein.
    »Siehste wohl?«, sagte ich stolz. »Und ohne jede Gewaltanwendung!«
    »Du hast mein teures Hemd ruiniert!«, erwiderte mein Herr vorwurfsvoll. »Du hast es zerrissen!«
    Als die Tür zu war, sahen wir uns um. Herrn Kavkas Haus ließ sich am ehesten mit dem Ausdruck »gelehrtenhafte Verwahrlosung« beschreiben. Überall auf dem Fußboden und auf sämtlichen Möbelstücken lagen Bücher und lose Blätter herum, mancherorts bildeten sie gar zentimeterdicke Ablagerungen. Diese Ablagerungen wiederum waren mit Staub, Federhaltern, Schreibfedern sowie diversen undefinierbaren, streng riechenden Objekten bedeckt, bei denen es sich vermutlich um die Ekel erregenden Überreste irgendwelcher, zum Teil offenbar Monate zurückliegender Mahlzeiten des Zauberers handelte. Weiterhin gab es einen großen Arbeitstisch, einen Stuhl, ein Ledersofa und in der Ecke eine primitive Spüle mit nur einem Hahn. Sogar in die Spüle hatten sich ein paar Dokumente verirrt.
    Das Erdgeschoss des Häuschens schien nur aus diesem einen Raum zu bestehen. Ein Fenster ging nach hinten zum Berghang und in die Nacht hinaus, die Lichter der Stadt blinkten durch die schmierige Scheibe. An eine Öffnung in der Zimmerdecke war eine Holzleiter gelehnt, dort oben befand sich vermutlich das Schlafgemach. Der Zauberer sah nicht aus, als wäre er in letzter Zeit dort oft hinaufgestiegen, denn bei näherer Betrachtung hatte er tiefe Ringe unter den Augen, und seine Wangen waren vor Übermüdung ganz fahl. Zudem war er furchtbar mager und stand so krumm da, als hätte ihn alle Kraft verlassen.
    Kein besonders erhebender Anblick also – weder der Zauberer noch seine Behausung –, und doch nahm das Beben der sieben Ebenen von hier seinen Ausgang. Ich spürte es stärker denn je, mir klapperten richtig die Zähne davon.
    »Setz ihn hin«, befahl mein Herr. »Da aufs Sofa. Schmeiß den ganzen Müll einfach runter. Gut so.« Er selbst hockte sich auf die Tischkante, ein Bein auf dem Boden, das andere ließ er lässig baumeln. »Und nun, Herr Kavka«, fuhr er fort, indem er unseren Gefangenen in fließendem Tschechisch ansprach, »hoffe ich, dass Sie sich kooperativ zeigen. Ich habe es nämlich eilig.«
    Der Zauberer stierte ihn an und zuckte matt die Schultern.
    »Ich warne Sie«, fuhr der Junge fort. »Ich bin ein Magier von beträchtlicher Macht. Mir dienen schreckliche Wesenheiten. Jenes Geschöpf, das Sie hier vor sich sehen«– an dieser Stelle nahm ich die Schultern zurück und warf mich drohend in die Brust –, »ist noch der niederste und harmloseste meiner Sklaven.« Ich ließ die Schultern wieder hängen und streckte den Bauch raus. »Sollten Sie sich weigern, mir die gewünschten

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