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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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vorsichtig und breitbeinig, um auf dem abschüssigen Boden nicht auszurutschen. Das Schwert war nicht mehr zu sehen, aber in seiner Rechten blinkte etwas Silbriges.
    Als er unter den zerbrochenen Möbeln nichts entdeckte, stieg er die schiefe Ebene wieder hinauf und ließ den Blick systematisch nach rechts und links schweifen. Er kam dem Sofa immer näher. Nathanael geriet in Panik. Weglaufen ging nicht, denn das Sofa schützte ihn zwar vor Blicken, war aber gleichzeitig eine Falle. Er kaute nervös auf der Unterlippe und versuchte, sich an irgendeine auf diese Art Notfall zugeschnittene Beschwörung zu erinnern.
    Dem Söldner schien das umgekippte Sofa erst jetzt aufzufallen. Er blieb stehen, dann ging er mit der Silberscheibe in der Hand in die Hocke und machte Anstalten, das Möbel von Nathanaels eingezogenem Kopf zu wuchten.
    In diesem Augenblick tauchte Bartimäus hinter ihm auf.
    Der junge Ägypter schwebte ein Stück über dem Boden, die Füße hingen locker herab und er streckte die Hand aus. Ein silberner Schimmer umspielte ihn, ließ das weiße Lendentuch aufleuchten und das blauschwarze Haar glänzen. Der Dschinn stieß einen frechen Pfiff aus. Der Söldner fuhr blitzschnell herum und warf gleichzeitig seine Scheibe. Das Geschoss pfiff jaulend durch die Luft, streifte Bartimäus’ Schutzschild und flog in hohem Bogen durchs Zimmer.
    »Nicht getroffen, Schnaps gesoffen!«, spottete der Dschinn. Aus seinen Fingerspitzen schoss dem Schwarzbart ein Infernobann entgegen. Flammen umloderten seinen Oberkörper, er schrie auf und schlug die Hände vors Gesicht. Der rotgelbe Widerschein des Feuers erhellte den ganzen Raum. Der Söldner machte ein paar taumelnde Schritte und blinzelte durch die verkrampften, brennenden Finger.
    In der hintersten Zimmerecke machte die Silberscheibe kehrt und kam mit hellerem Heulen zurückgesaust. Im Flug schlitzte sie dem braunhäutigen Jungen die Hüfte auf. Nathanael hörte den Dschinn schreien, sah die Knabengestalt flimmern und beben.
    Die Scheibe war zu ihrem Besitzer zurückgekehrt.
    Nathanael zerrte sein Bein unter dem Sofa hervor, stieß das Möbel mit aller Kraft weg, rutschte auf dem unebenen Boden aus und rappelte sich unbeholfen hoch.
    Der junge Ägypter verblasste, stattdessen flitzte eine hinkende Ratte aus dem Flammenschein in einen finsteren Winkel. Der brennende Mann taumelte hinterher. Er hatte die Lider zusammengekniffen, die Kleidung hing ihm in verkohlten Fetzen vom Leib, in der Hand hielt er die rötlich funkelnde Scheibe.
    Nathanael gab sich Mühe, einen klaren Gedanken zu fassen. Er stand jetzt neben der Leiter zum ersten Stock, doch die lehnte inzwischen nicht mehr in der Öffnung, sondern hatte sich in der Zimmerdecke verkeilt. Nathanael stemmte sich dagegen.
    Die Ratte sprang über ein knisterndes, altes Pergament.
    Die Scheibe schnitt das Pergament entzwei, die Ratte quietschte und warf sich zur Seite.
    Der Brennende zückte zwei neue Scheiben. Die Ratte flitzte in panischer Angst davon, war jedoch nicht schnell genug. Eine Scheibe bohrte sich in die Dielen und klemmte ihr den Schwanz unter einem silbernen Zacken ein. Zappelnd suchte die Ratte, sich zu befreien.
    Der Söldner trat hinzu und hob den schwelenden Stiefel.
    Mit der Kraft der Verzweiflung riss Nathanael an der Leiter, bekam sie frei und ließ sie dem Kerl in den Rücken krachen. Der hatte damit nicht gerechnet, verlor das Gleichgewicht, kippte in einem Funkenschauer um und steckte die Schriftstücke auf dem Boden in Brand.
    Mit einem energischen Ruck befreite die Ratte ihren Schwanz und landete mit einem flinken Satz neben Nathanael. »Schönen Dank auch«, japste sie. »Hast du mitgekriegt, wie prima ich dir zugearbeitet habe?«
    Nathanael starrte ungläubig die schwerfällige Gestalt an, die soeben wutschnaubend die Leiter von sich warf und sich von den Flammen nicht weiter stören ließ. »Wieso lebt der Typ noch?«, flüsterte er. »Er brennt doch lichterloh!«
    »Das sind wohl leider nur die Klamotten«, erwiderte die Ratte. »Körperlich ist er praktisch unverwundbar. Aber jetzt ist er endlich am Fenster. Aufgepasst!«
    Die Ratte hob das rosige Pfötchen. Der Bärtige drehte sich um und jetzt bemerkte er auch Nathanael. Er knurrte zornig, hob die Hand, ließ etwas Silbernes aufblitzen. Er holte aus…
    Da schlug ihm aus der Rattenpfote ein gewaltiger Wirbelwind entgegen, riss ihn um und schleuderte ihn in einem Hagel aus Glassplittern und brennendem Papier rücklings aus dem Fenster.

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