Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
Die Luft war abgestanden und der gekräuselte Qualm der Petroleumlampen sammelte sich in dicken Wolken unter der Decke. Kitty merkte, dass sie ganz instinktiv so tief Luft holte, als könnte jeder Atemzug ihr letzter sein.
    Die Gruft war ziemlich schmal und maß an der breitesten Stelle vielleicht vier Meter. Die Länge ließ sich nicht feststellen, denn das Licht reichte nicht bis zur gegenüberliegenden Wand. Der Boden bestand aus nackten Steinfliesen, auf denen sich jedoch ein dicker weißer Schimmelteppich gebildet hatte, der sich an einigen Stellen sogar die Wände hinaufzog. Die fleißigen Spinnen von der Treppe hatten sich offenbar nicht durch das Gitter gewagt, denn es waren nirgends Netze zu sehen.
    Unmittelbar hinter dem Eingang war aus der Seitenwand ein langer Sims herausgehauen. Bis auf drei Glasglocken war er leer. Obwohl das Glas schmutzig und gesprungen war, konnte Kitty darin die vertrockneten Überbleibsel dreier Kränze erkennen, einer aus Lilien, einer aus Mohnblumen und der dritte aus Rosmarinzweigen, allesamt mit unappetitlichen Schimmelflecken. Die Grabgebinde des großen Zauberers und Staatsmannes. Kitty erschauerte und wandte sich dem eigentlichen Ziel der Truppe zu: dem Marmorsarkophag unter dem Sims.
    Er war drei Meter lang und über einen Meter hoch, schlicht und glatt, ohne irgendwelche Ornamente oder Inschriften, bis auf eine Bronzetafel, die mittig auf der Seitenwand angebracht war. Der ebenfalls marmorne Deckel war geschlossen, allerdings hatte Kitty den Eindruck, als sei er ein wenig verrutscht, als hätte ihn jemand draufgelegt und in der Eile nicht sorgfältig zurechtgerückt.
    Mr Pennyfeather und die anderen versammelten sich in höchster Anspannung darum herum.
    »Ägyptischer Stil«, stellte Anne fest. »Typischer Fall von Selbstüberschätzung. Wahrscheinlich hat er sich mit den alten Pharaonen verglichen. Wenigstens hat er die Hieroglyphen weggelassen.«
    »Was steht da?« Stanley beäugte die Bronzetafel. »Ich kann’s nich lesen.«
    Auch Mr Pennyfeather blinzelte angestrengt. »Das ist irgendeine verflixte Sprache, die ich nicht kenne. Hopkins könnte es vielleicht entziffern, aber das nützt uns jetzt nichts. Aber…«, er richtete sich wieder auf und pochte mit dem Stock auf den Sargdeckel, »…wie kriegen wir das Ding auf?«
    Bei dieser Frage verspürte Kitty einen heftigen Widerwillen, eine Art böser Vorahnung. »Müssen wir den Sarg denn unbedingt öffnen? Wie kommen Sie darauf, dass das Zeug da drin ist?«
    Mr Pennyfeathers schroffe Erwiderung verriet, unter welcher Anspannung er stand. »Es wird wohl kaum einfach auf dem Boden rumliegen, Mädchen! Bestimmt hat der gierige alte Ghul noch im Tod seine Schätze um sich geschart. Außerdem sehe ich hier sonst nirgendwo etwas.«
    Kitty ließ sich nicht einschüchtern. »Haben Sie denn schon überall nachgesehen?«
    »Herrgott noch mal, das ist doch Zeitverschwendung! Anne, nimm dir meinetwegen eine Lampe und sieh mal da hinten nach. Achte auch auf Wandnischen. Frederick, Nicholas, Stanley, um den Deckel abzuheben, brauchen wir ein paar starke Männer. Könnt ihr irgendwo drunterfassen? Sonst müssen wir’s mit dem Seil versuchen.«
    Die jungen Männer stellten sich im Halbkreis auf, und Kitty ging ein paar Schritte zu Anne hinüber, auch weil sie neugierig war. Wie sich zeigte, hatte Mr Pennyfeather Recht. Schon nach wenigen Schritten fiel der Schein von Annes Lampe auf die hintere Wand der Gruft, eine glatte Mauer aus hellen Steinblöcken. Anne ließ den Lichtkegel kreuz und quer darüber schweifen und suchte nach irgendwelchen Nischen oder Türen, fand jedoch nichts. Sie blickte Kitty achselzuckend an und ging wieder zu den anderen.
    Stanley hatte sein Seil herausgeholt und betrachtete prüfend das Ende des Deckels. »Wird schwer sein, ’ne Schlinge zu machen«, sagte er und kratzte sich den Hinterkopf. »Ich kann’s nirgendwo festziehn. Und hochgehoben kriegen wir den auch nich…«
    »Vielleicht können wir ihn ja wegschieben«, sagte Fred. »An mir soll’s nich scheitern.«
    »Nee, der is viel zu schwer. Das is massiver Stein.«
    »Aber der Marmor ist ganz glatt, vielleicht lässt er sich gut schieben«, mischte sich Nick ein.
    Mr Pennyfeather wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Versuchen müssen wir es, Jungs. Sonst bleibt uns nur noch übrig, eine Kugel darauf zu zünden, und damit beschädigen wir womöglich die Beute. Wenn du dich mit den Füßen an der Wand abstützt, Fred, hast du mehr Kraft. Und

Weitere Kostenlose Bücher