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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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verschränkten Armen vor sich hin. Ein wenig abseits hatte sich Mr Devereaux’ Freund, der Theaterschriftsteller Quentin Makepeace, niedergelassen. Sein sonst so heiteres Gesicht war sorgenvoll. Keiner sagte etwas, alle schauten in eine große, schimmernde Kugel, die etwa einen Meter über dem Boden schwebte. Es war, wie Nathanael sofort erkannte, der Kontrollmonitor einer Wachkugel, der irgendeine Gegend von London aus der Vogelperspektive zeigte. Ganz weit hinten, fast schon im Unschärfebereich, hüpfte eine kleine Gestalt von Dach zu Dach. Jedes Mal, wenn sie irgendwo aufkam, gab es eine kleine grüne Kraftentladung. Nathanael trat stirnrunzelnd näher…
    »Na, von der Jagd auf Phantome wieder zurück?« Eine gelbe Hand packte ihn am Ärmel. Neben ihm stand Julius Tallow und rümpfte missbilligend die lange, spitze Nase. »Wurde auch allmählich Zeit. Hier ist nämlich der Teufel los.«
    Nathanael zog den Arm weg. »Was ist denn passiert?«
    »Haben Sie nun den geheimnisvollen Strippenzieher entlarvt, der hinter dem Golem steckt?« Tallows Stimme troff vor Sarkasmus.
    »Na ja, nein, aber…«
    »Was für eine Überraschung. Es interessiert Sie vielleicht, Mandrake, dass der Widerstand erneut zugeschlagen hat, während Sie sich irgendwo im Ausland herumgetrieben haben. Nicht irgendein mysteriöser Golem, sondern eben jene aus Gewöhnlichen rekrutierte Widerstandsbewegung, der Sie bis heute nicht das Handwerk gelegt haben. Nicht genug damit, dass sie neulich das halbe British Museum in Trümmer gelegt haben, jetzt sind sie auch noch in Gladstones Gruft eingebrochen und haben einen seiner Afriten entfesselt. Und der treibt jetzt, wie Sie hier sehen können, in der Stadt munter sein Unwesen.«
    Nathanael schwirrte der Kopf. »Das war der Widerstand? Woher wissen Sie das?«
    »Weil wir Leichen gefunden haben. Da hatte keine Lehmfigur die Hand im Spiel, Mandrake, das schlagen Sie sich mal schön wieder aus dem Kopf. Und wir beide stehen auf der Abschussliste. Duvall hat…«
    Er verstummte. Jessica Whitwell, Nathanaels hagere Meisterin, hatte ihren Platz verlassen und kam auf sie zugeschritten. Nathanael räusperte sich.
    »Ich muss Sie unbedingt sprechen, Madam. In Prag…«
    »Hierfür mache ich ganz allein dich verantwortlich, Mandrake!« Ihr Blick erdolchte ihn förmlich. »Ich habe mich auf die Lügengeschichten deines Dämons verlassen und was ist dabei herausgekommen? Man hält uns endgültig für Versager! Ich habe mich zur Närrin gemacht und obendrein die Gunst des Premierministers verspielt. Heute Vormittag hat er Duvall die Leitung meiner Sicherheitsabteilung übertragen. Außerdem ist Duvall ab sofort für alle Maßnahmen zur Bekämpfung der Widerstandsbewegung zuständig.«
    »Das tut mir Leid, Madam, aber ich muss Ihnen unbedingt…«
    »Leid tut es dir? Zu spät, Mandrake! Das Debakel im British Museum war schlimm genug, aber das hier hat das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht! Duvall ist endlich am Ziel seiner Wünsche. Seine Wölfe haben freie Hand und er…«
    »Madam!« Nathanael konnte nicht mehr an sich halten. »Ich habe den tschechischen Zauberer ausfindig gemacht, der das Pergament für den Golem angefertigt hat. Er war gerade dabei, ein zweites zu verfassen – im Auftrag eines Verräters aus den Reihen unserer eigenen Regierung!« Er übersah geflissentlich Tallows skeptisches Gesicht.
    Miss Whitwell blickte ihn scharf an. »Und wer ist dieser Verräter?«
    »Das weiß ich noch nicht.«
    »Hast du irgendeinen Beweis für deine Geschichte? Das Pergament beispielsweise?«
    »Nein, das ist verbrannt, aber ich glaube…«
    »In diesem Fall«, unterbrach ihn Miss Whitwell mit vernichtender Bestimmtheit, »nützt es mir nichts, und dir auch nicht. Ganz London ist in Aufruhr, Mandrake, und man sucht nach einem Sündenbock. Ich gedenke mich von dir zu distanzieren, und wenn Mr Tallow auch nur halbwegs bei Verstand ist, hält er es ebenso!«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zu ihrem Stuhl zurück. Tallow folgte ihr, wobei er Nathanael über die Schulter zugrinste. Dieser zögerte einen Augenblick, dann trat er vor den rotierenden Kontrollmonitor. Der Halbafrit, der das Bild übertrug, versuchte, näher an die von einem Dachfirst zum nächsten hüpfende Gestalt heranzukommen. Der Bildausschnitt wurde größer, bis Nathanael einen schwarzen Anzug, weißes Haar und ein goldenes Gesicht erkennen konnte… Dann feuerte das Geschöpf einen grünen Blitz ab und das Bild erlosch

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