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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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und Mandrake und seine Dämonen dabei mit Waffengewalt sowie ihrer angeborenen Abwehrkraft in Schach halten. Anschließend wollte sie Jakob überreden, mit zum Hafen zu kommen und von dort auf den Kontinent zu fliehen. Es war besser, sie ließen sich in London eine Zeit lang nicht blicken. Sollten Befreiung und Flucht sich als unmöglich erweisen, war die Alternative weniger angenehm. In diesem Falle wollte sich Kitty den Behörden stellen, unter der Bedingung, dass Jakob freigelassen würde. Über die Folgen war sie sich im Klaren, aber das schreckte sie nicht. Sie hatte zu lange im Untergrund gegen die Zauberer gekämpft, um sich jetzt von der Furcht vor eventuellen Konsequenzen lähmen zu lassen.
    Unterwegs hielt sie sich an weniger belebte Straßen. Um einundzwanzig Uhr erscholl von den Türmen der Hauptstadt das allgemein bekannte Sirenengeheul: Wegen des Überfalls auf die Kathedrale vor zwei Tagen war eine Ausgangssperre verhängt worden. Die Leute eilten mit gesenkten Köpfen an Kitty vorbei nach Hause. Kitty kümmerte sich nicht groß darum, sie hatte schon mehr Ausgangssperren missachtet, als sie zählen konnte. Trotzdem setzte sie sich eine halbe Stunde oder länger in einem kleinen, menschenleeren Park auf eine Bank und wartete, bis alles wieder ruhig war. Zeugen konnte sie bei ihrem Vorhaben nicht brauchen.
    Mr Hopkins hatte nicht gefragt, was sie vorhatte, und sie hatte es ihm auch nicht erzählt. Sie hatte nur die Adresse von ihm haben wollen, sonst nichts. Seine Gleichgültigkeit hatte sie erschreckt. Von nun an würde sie sich auf niemanden mehr verlassen.
    Es wurde zehn Uhr. Inzwischen war der Mond aufgegangen und stand hoch und voll über der Stadt. Kitty huschte auf leisen Turnschuhsohlen durch die leeren Straßen, die schwere Tasche schlug ihr gegen die Hüfte. Nach zwanzig Minuten war sie am Ziel – eine kurze Sackgasse, in der sich kleine Handwerksbetriebe niedergelassen hatten. An der Ecke trat sie in einen dunklen Hauseingang und sah sich um.
    In dem schmalen Gässchen standen nur zwei Laternen, eine an jedem Ende. Selbst im Verein mit dem blassen Mondschein konnte ihr Licht nicht viel gegen die Dunkelheit ausrichten.
    Die Handwerksfirmen waren in niedrigen Gebäuden untergebracht, ein, höchstens zwei Stockwerke hoch. Manche waren mit Holzbrettern verrammelt, bei anderen waren Türen oder Fenster eingeschlagen. Kitty blieb lange stehen und ließ die Atmosphäre auf sich wirken. Sonst hielt sie sich an das ungeschriebene Gesetz, niemals im Dunkeln unbekanntes Terrain zu betreten, aber sie sah und hörte nichts Verdächtiges. Alles war ruhig und friedlich.
    Am anderen Ende der Straße, dort wo die zweite Laterne stand, erhob sich ein Gebäude, das mit seinen drei Stockwerken die Nachbarhäuser ein Stück überragte. Im Erdgeschoss mochte sich früher eine Garage befunden haben, denn es gab eine breite, provisorisch mit Maschendraht versperrte Durchfahrt. Die großen, blinden Fenster darüber gehörten vermutlich zu Büro-oder Wohnräumen. Sie waren alle leer und schwarz, außer einem, hinter dessen Scheibe trübes Licht schimmerte.
    Kitty wusste nicht, in welchem Gebäude sich Mandrake eingerichtet hatte, aber das mit dem einzigen beleuchteten Fenster in der ganzen Straße war ihr sofort aufgefallen. Sie spähte angestrengt hinüber, konnte aus der Entfernung aber nur erkennen, dass das Fenster offenbar mit einem Vorhang oder Bettlaken verhängt war.
    Es war eine kalte Nacht. Kitty schniefte und wischte sich mit dem Ärmel die Nase. Sie hatte heftiges Herzklopfen, aber sie achtete nicht darauf.
    Sie überquerte die Straße. Mit einer Hand tastete sie sich an den Häusern entlang, die andere lag locker auf der Umhängetasche. Ihr Blick flog hin und her, sie beobachtete die Straße, die stummen Gebäude, die schwarzen Fensterhöhlen, das Fenster mit dem Vorhang. Alle paar Schritte blieb sie stehen und horchte, doch die Stadt blieb still und abweisend. Sie ging weiter.
    Jetzt kam sie an einer aufgebrochenen Tür vorbei, den Blick fest auf die gähnende Öffnung gerichtet. Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken, aber nichts rührte sich.
    Inzwischen war sie auch nah genug, um zu erkennen, dass das erleuchtete Fenster tatsächlich mit einem schmuddeligen Bettlaken zugehängt war. Der Stoff war nicht sehr dick, denn sie sah dahinter einen Schatten vorbeigleiten. Vergeblich versuchte sie, sich vorzustellen, was dort drinnen vor sich ging. Es war der Schatten eines Menschen, so viel stand

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